Caroline Stanski
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Endlich hältst du dein Arbeitszeugnis in den Händen. Juhu – du kannst stolz auf dich sein! Doch bei all den positiv klingenden Formulierungen überkommt dich gleichzeitig ein Gefühl der Unsicherheit? Du hast wohlmöglich Angst, indirekt kritisiert zu werden? Keine Sorge, damit bist du nicht allein! Wir bringen Licht ins Dunkel – und erleichtern dir die Interpretation deines Arbeitszeugnisses.
Du überlegst, deinen Job zu wechseln oder bist vielleicht sogar schon aktiv auf Jobsuche? Damit bist du nicht allein: Drei von vier Arbeitnehmer*innen haben ihren Job schon einmal gewechselt. Dein nächster Karriereschritt soll dich deinen beruflichen Zielen nun ein großes Stück näherbringen – und die richtigen Formulierungen im Arbeitszeugnis erhöhen auf jeden Fall deine Chancen. Das Zeugnis erlaubt deinem künftigen Arbeitgeber, deinen Werdegang, deine Kompetenzen und deine Leistungen besser einzuschätzen – und sich bereits vor dem ersten Vorstellungsgespräch von dir zu überzeugen.
Als Arbeitnehmer*in hast du einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, das „im Rahmen der Wahrheit“ wohlwollende Formulierungen aufweist. Es muss darüber hinaus rechtzeitig verfügbar sein, damit du keine Nachteile bei der Jobsuche hast. Ein Zeugnis, das vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellt wird, kann vom Arbeitgeber als „vorläufig“ gekennzeichnet werden. Es wird dann später gegen das endgültige Zeugnis ausgetauscht. Wir haben für dich die gängigsten Zeugnisvarianten zusammengestellt:
Übrigens: Wie lange das Arbeitsverhältnis gedauert hat, spielt keine Rolle. Selbst wenn du nur wenige Tage bei einem Arbeitgeber tätig warst, steht dir zumindest ein einfaches Arbeitszeugnis zu.
Laut § 630 BGB ist dein Arbeitgeber dazu verpflichtet, dir ein Zeugnis auszustellen, sobald euer Arbeitsverhältnis endet. Du kannst zwischen einem einfachen und qualifizierten Zeugnis wählen. Damit nicht der Anschein entsteht, dass du etwas zu verbergen hast, empfiehlt es sich, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis anzufordern.
Bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses kann der Verpflichtete von dem anderen Teil ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern. Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienst zu erstrecken. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Wenn der Verpflichtete ein Arbeitnehmer ist, findet § 109 der Gewerbeordnung Anwendung.
Sollte dein ehemaliger Arbeitgeber deinem Anspruch auf ein Arbeitszeugnis nach Einforderung nicht nachkommen, kannst dieses über das Arbeitsgericht einklagen. Darüber hinaus ist dein Arbeitgeber verpflichtet, dir ein inhaltlich korrektes und wahrheitsgemäßes Arbeitszeugnis auszustellen. Ungerechtfertigte Negativbewertungen zum Beispiel werden auch häufig vor Arbeitgerichten verhandelt.
Ein übliches Arbeitszeugnis ist etwa ein bis zwei Seiten lang und beginnt mit der Einleitung. Der Einleitungssatz eines Arbeitszeugnisses gibt grundlegende Informationen über den Arbeitnehmer*die Arbeitnehmerin wieder, wie Name, Geburtsdatum und -ort, sowie den Beschäftigungszeitraum und die Position im Unternehmen. Eine ausführlichere Beschreibung der Aufgaben folgt im weiteren Verlauf des Zeugnisses, nach der Vorstellung des Unternehmens. Dieser Abschnitt ist frei von versteckten Botschaften und enthält lediglich objektive Fakten.
Ein einfaches Arbeitszeugnis muss außerdem diesen Formalien gerecht werden:
Bei einem qualifizierten Arbeitszeugnis findet zusätzlich eine individuelle Leistungsbeurteilung statt. Sie besteht aus einer Gesamtbeurteilung und einer freiwilligen Schlussformel. Die Leistungsbeurteilung führt – je nach Branche – folgende Leistungsmerkmale auf:
Du hast deine Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis mehrmals gelesen – aber die Formulierungen klingen mit jedem Mal irgendwie noch merkwürdiger? Zudem wirkt der Satzbau, als sei er vollkommen aus dem üblichen Sprachgebrauch herausgefallen? Woran liegt das?
Die gute Nachricht zuerst: Die klassischen Formulierungen im Arbeitszeugnis bedeuten im Grunde nicht mehr, als sie wörtlich ausdrücken. Denn: Ein Zeugnis ist ein juristisch definiertes Dokument. Es gilt das „Gebot der Zeugnisklarheit“. Ein Zeugnis muss immer klar und verständlich formuliert sein. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, wohlwollend zu schreiben – sie verwenden also immer positiv formulierte Textbausteine. Doch wie können Arbeitgeber dann überhaupt deutlich machen, was sie wirklich denken? Ganz einfach: Indem sie im Arbeitszeugnis verschiedene positive Formulierungen in Relation zueinander setzen – und mithilfe kleinster Abstufungen ein gängiges Bewertungssystem bedienen. Das wird als sogenannte „Positivskala“ bezeichnet.
Insbesondere die Steigerungsformen spielen dabei eine zentrale Rolle: Eine dreifache Steigerung steht für eine sehr gute Leistung, eine zweifache Steigerung entspricht einer guten Leistung – bei einer einfachen Steigerung erhältst du die Note befriedigend.
Mit diesem Beispiel wird das schnell deutlich:
Übrigens: Nicht nur das Arbeitszeugnis klingt teils kryptisch – auch Stellenausschreibungen sprechen manchmal ihre ganz eigene Sprache. Wir zeigen dir, wie du Stellenanzeigen richtig lesen kannst.
Neben den Steigerungsformen zählen auch Noten im Arbeitszeugnis zu den klassischen Bewertungssystemen. Wir verraten dir, welche Noten hinter den Formulierungen im Arbeitszeugnis stecken.
Arbeitszeugnis Formulierungen: Note 1 (Sehr gut)
Alle Formulierungen fernab des Superlativs „stets zur vollsten Zufriedenheit“ sind bereits schlechter als „sehr gut“ anzusiedeln.
Arbeitszeugnis Formulierungen: Note 2 (Gut)
Du hast lediglich „stets zur vollen Zufriedenheit“, „jederzeit sehr zufriedenstellend“ oder „stets bemüht“ gehandelt? Hört sich sehr gut an, entspricht aber bereit der Note „gut“. Wenn sich ein Satz wie „Die Leistungen verdienen in jeder Hinsicht unsere volle Anerkennung“ in deinem Arbeitszeugnis findet, ist auch das eher der Note 2 zuzuordnen. Für eine sehr gute Note müsste es „unsere vollste Anerkennung“ heißen. Formulierungen wie „die ihr/ihm übertragenen Aufgaben“ können darauf schließen lassen, dass du nur das gemacht hast, was dir aufgetragen wurde, dass du aber keine Eigeninitiative gezeigt hast.
Arbeitszeugnis Formulierungen: Note 3 (Befriedigend)
Bei einem Projekt hast du dich “zur vollen Zufriedenheit“ und „mit ganzer Kraft“ eingesetzt? Dies kann entweder bedeuten, dass du dich bei allen anderen Projekten nicht so viel Ausdauer gezeigt hast oder das zufriedenstellende Ergebnis deines Krafteinsatzes höchstens „befriedigend“ war. „Die Zusammenarbeit war stets gut und produktiv“ fällt ebenfalls in diese Kategorie.
Arbeitszeugnis Formulierungen: Note 4 (Ausreichend)
Nun kommen wir auf die Formulierungsebene, die deiner zukünftigen Karriere schaden könnte, sobald du dich lediglich „im Rahmen deiner Fähigkeiten eingebracht“ hast, die „zur Zufriedenheit“ deines Arbeitgebers geführt hat. Achte auch darauf, dass Formulierungen wie „der Vollständigkeit halber“ oder „der Ordnung /Form halber erwähnen wir, …“ enthalten sind.
Arbeitszeugnis Formulierungen: Note 5 (Mangelhaft)
Auf jeden Fall schädlich für dein berufliches Fortkommen sind die Formulierung wie diejenige, dass dein Arbeitgeber „im Großen und Ganzen schon zufrieden“ oder einfach nur „zufrieden“ mit dir war. Auch erst einmal neutral klingende Formulierungen wie „der Situation angemessenes Kommunikationsverhalten“ sind keinesfalls neutral, sondern bedeuten eigentlich, dass dein Kommunikationsverhalten nicht gut oder zufriedenstellend war.
Gut zu wissen: Wenn dein Arbeitszeugnis schlechter als „befriedigend“ (Note 3) ausfällt, muss dein Arbeitgeber diese Bewertung rechtfertigen. Andersherum heißt das aber auch: Findest du, dass du in deinem Arbeitszeugnis eine bessere Note verdient hast, liegt die Beweislast bei dir.
Hier sind einige Beispiele für Arbeitszeugnis-Formulierungen mit versteckter Bedeutung, die dir hoffentlich dabei helfen werden, Geheimcodes zu entschlüsseln:
Arbeitnehmer*innen können die Ausstellung einer Korrektur oder eines neuen Zeugnisses verlangen, wenn es falsche Tatsachen oder unzutreffende Beurteilungen enthält. In diesem Fall solltest du zunächst das persönliche Gespräch mit deinem Arbeitgeber suchen. Solltest du mit dieser Offensive nicht erfolgreich sein, kannst du einen schriftlichen Widerspruch formulieren.
Übrigens: Wenn ausschließlich allgemeine und austauschbare Phrasen verwendet werden, kann dies darauf hindeuten, dass der Arbeitgeber möglicherweise nicht bereit ist, ausführlicher auf die Leistungen des Arbeitnehmers einzugehen, was darauf hindeuten könnte, dass er mit diesen unzufrieden war. Zudem deutet dies darauf hin, dass keine konkreten Erfolge oder bemerkenswerten Leistungen zu verzeichnen sind. Formulierungen wie "im Großen und Ganzen", "war bemüht" oder "insgesamt versuchte er" drücken wohlwollend aus, dass die Leistungen nicht zufriedenstellend waren und möglicherweise der Bewertung "mangelhaft" entsprechen.
Die Schlussformel ist gerade deshalb besonders wertvoll, da sie freiwillig ist. Sie zollt dir also Respekt und zeigt, dass dein Arbeitgeber sich die Mühe gemacht hat, dir noch einmal explizit das Beste für die Zukunft zu wünschen.
Die Schlussformel besteht aus vier Teilen:
Negativ-Formulierungen sind eine Sache – unzulässige Formulierungen eine andere. Mit unserer Übersicht wollen wir dir einen besseren Überblick verschaffen, welche Formulierungen im Arbeitszeugnis gegen geltendes Recht verstoßen:
Trotz des rechtlichen Verbots kann es vorkommen, dass diese Punkte in versteckter Form kommuniziert werden. Nicht immer steckt eine böse Absicht dahinter – manchmal unterläuft den Zeugnisschreibenden auch einfach eine Ungenauigkeit.
Halte daher nach folgenden Formulierungen in deinem Arbeitszeugnis Ausschau, um versteckte Geheimcodes zu identifizieren:
Formulierung: „XY verstand es, Tätigkeiten erfolgreich zu delegieren.“
Bedeutung: XY hat die Arbeit lieber abgegeben, als sie selbst zu erledigen.
Formulierung: „XY fiel durch seine Pünktlichkeit auf.“
Bedeutung: Sei gewarnt: Pünktlichkeit war hier das einzig Lobenswerte.
Formulierung: „XY verbesserte das Betriebsklima mit Geselligkeit.“
Bedeutung: XY trank Alkohol während der Arbeitszeit.
Formulierung: „XY engagiert sich innerhalb und außerhalb des Betriebes für die Interessen der Kolleg*innen.“
Botschaft: XY ist im Betriebsrat und engagiert sich gewerkschaftlich.
Die Erklärung für das Ende des Arbeitsverhältnisses kann nicht ohne die Zustimmung des Arbeitnehmers angegeben werden, daher ist sie oft nicht im Arbeitszeugnis enthalten. Es gibt jedoch verbreitete Formulierungen, die darauf hinweisen, wie das Arbeitsverhältnis beendet wurde:
Es ist mittlerweile der Normalzustand, dass Arbeitnehmer sich ihr Dienstzeugnis selbst zusammenstellen sollen. Der richtige Aufbau und die bewusste Zeugnissprache sind dabei essenziell. Insbesondere ein durchgehend positives Zeugnis, welches lediglich Superlative benutzt, kann für Personaler auch suspekt wirken und nach Lobhudelei riechen. Diese Anleitung, um das perfekte Arbeitszeugnis selbst zu schreiben, bewahrt dich vor den größten Fettnäpfchen beim DIY-Zeugnisschreiben.
Da individuell formulierte Zeugnisse auf Seiten der Arbeitgeber Zeit und Aufwand bedeuten, kommen gerne einmal Alternativen ins Gespräch: Tätigkeitsbeschreibungen oder Referenzenschreiben. Insbesondere wenn dein Tätigkeitsfeld spezifisch und individuell ist, lohnt sich eine Tätigkeitsbeschreibung deines beruflichen Felds. Darin spielen Projekte, von denen du Teil warst und der Verlauf deiner Tätigkeitsveränderungen über Zeit eine große Rolle. Tätigkeitsbeschreibungen spielen auch eine Rolle, wenn der Name deines bisherigen Arbeitgebers geheim gehalten werden soll. Auch wenn in Deutschland Referenzen bislang noch kein Standard sind, kann ein Referenzschreiben viel wert sein. Frage dafür jemanden, der dich und deine Arbeit besonders gut einschätzen kann und zukünftig als möglicher Kontakt für Personaler zur Verfügung steht. In englischsprachigen Bewerbungsunterlagen bzw. im anglo-amerikanischen Raum sind Referenzen übrigens gang und gäbe.
Da auch Praktikanten und studentische Hilfskräfte in die Kategorie der Arbeitnehmer fallen, gelten für sie die gleichen Ansprüche wie für Vollbeschäftigte. Aber auch hier wird wiederum – analog zum einfachen und qualifizierten Arbeitszeugnis – zwischen der qualifizierten Praktikumsbeurteilung und einer simplen Praktikumsbescheinigung unterschieden. Letztere ist oftmals ausreichend für Schulen und Universitäten, insofern das befristete Arbeitsverhältnis im Sinne eines Pflichtpraktikums in die Ausbildung integriert ist.
Wie wichtig deine Arbeitszeugnisse für deine kommenden Bewerbungen (siehe schriftliche Bewerbung per-Email) sein kann, versinnbildlicht der routinierte Ablauf eines Personalers. Nachdem Bewerbungsschreiben und Lebenslauf zum weiteren Durchsehen der Bewerbung motiviert haben, kommen an dieser Stelle deine Zeugnisse zum Einsatz. Spätestens zu diesem Zeitpunkt widmet man sich in den Personalabteilungen den Zeugnissen der Ausbildung oder dem Studium sowie den Arbeitszeugnissen. Da Arbeitsproben in den meisten Berufen unüblich sind, ist das neben Referenzschreiben der einzige Weg, um herauszufinden, ob die bisherigen Unternehmen mit der Arbeitsleistung des Bewerbers zufrieden waren. Eventuelle Formulierungen werden entziffert, in Noten übersetzt und können so noch den ausschlaggebenden Unterschied für dich machen. Du stehst vor der Entscheidung, ob du dich überhaupt auf einen neuen Job bewerben sollst? Dann helfen dir die folgenden Tipps für einen erfolgreichen Jobwechsel.
Disclaimer: Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft. Die in diesem Artikel veröffentlichten Rechtsgrundlagen wurden sorgfältig zusammengestellt, erheben aber keinen Anspruch auf Aktualität, sachliche Richtigkeit oder Vollständigkeit; eine entsprechende Gewähr wird nicht übernommen. Insbesondere übernimmt The Stepstone Group Deutschland GmbH keinerlei Haftung für eventuelle Schäden oder Konsequenzen, die durch die direkte oder indirekte Nutzung der bereitgestellten Inhalte entstehen.
Qualifizierte und einfache Arbeitszeugnisse müssen denselben Formalien gerecht werden; allerdings enthält das qualifizierte Arbeitszeugnis zusätzlich zum Tätigkeitsnachweis eine Bewertung deiner Leistung und deines Sozialverhaltens.
Sehr kurze oder passive Formulierungen, die Betonung von Selbstverständlichkeiten, Auslassungen oder Verneinungen können auf ein schlechtes Arbeitszeugnis hindeuten.
Die Note in deinem Arbeitszeugnis kannst du besonders einfach anhand der Steigerungen ableiten. Drei Steigerungen sprechen für eine sehr gute Note, zwei Steigerungen für eine gute Note. Auslassungen sind hingegen negativ.
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