Guy Frederick
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Inklusion im Arbeitsleben. Ob in der Schule, in der Ausbildung oder im Berufsleben, für Menschen mit Behinderung kann es immer wieder Hürden geben. Deshalb ist es umso wichtiger, umfangreich über alle Karrieremöglichkeiten für Menschen mit Behinderung zu informieren und informiert zu sein. Welche Ausbildungen gibt es für Menschen mit Behinderung? Wie sieht das Gehalt aus? Gibt es alternative Wege, in das Berufsleben zu starten? In diesem Artikel gehen wir umfangreich auf diese Fragen ein.
Für jeden gibt es die passende Ausbildung! Je nach Ausprägung und Art der Behinderung können Menschen mit Behinderung jede Berufsausbildung absolvieren. Berufsausbildungen werden im Berufsbildungsgesetz (BBiG) sowie dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) geregelt. Grundsätzlich ist es so, dass die Behinderung beim Arbeitgeber nicht angegeben werden muss, auch darf nicht explizit danach gefragt werden. Dies wird im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und dem Sozialgesetzbuch (SGB) geregelt. Anders verhält es sich, wenn die Behinderung die Ausübung der angestrebten Position einschränkt bzw. eine Leistungseinschränkung gegeben ist. Ist eine bestimmte körperliche Funktion, seelische Gesundheit oder geistige Fähigkeit für eine Ausbildung von Bedeutung, darf der Arbeitgeber fragen, ob der*die Bewerbende bezüglich dieser Parameter ungeeignet ist, den arbeitsvertragsrechtlichen Pflichten nachzukommen.
Für die Menschen, die eine standardmäßige duale Ausbildung nicht ausüben können, gibt es zahlreiche weitere Möglichkeiten, um in die Berufswelt einzusteigen. Es wird danach unterschieden, ob die Ausbildung in einem Ausbildungsbetrieb oder bei einem Berufsbildungswerk durchgeführt wird.
Diese Art der Ausbildung richtet sich vermehrt an diejenigen, die Lernschwierigkeiten haben. Die Besonderheit bzw. der Unterschied zur dualen Ausbildung ist, dass der praktische Teil deutlich höher ist als der theoretische Teil an der Berufsschule. Außerdem kann die Fachpraktikerausbildung auch ohne Hauptschulabschluss absolviert werden. Nach oder während der Ausbildung zum*zur Fachpraktiker*in können diejenigen mit guten Leistungen in einen regulären Ausbildungsberuf wechseln. Fachpraktiker*innen gibt es in den verschiedensten Fachrichtungen, vom Handwerk über kaufmännische Tätigkeiten bis hin zu Berufen mit Tieren ist alles möglich. Die Ausbildungen dauern in der Regel 2–3 Jahre und orientieren sich an den dazugehörigen anerkannten Ausbildungsberufen. So ähnelt beispielsweise die Ausbildung zum*zur Fachpraktiker*in für Büromanagement der Ausbildung Kaufmann*frau für Büromanagement. Dies ist in § 66 BBiG (Berufsbildungsgesetz) sowie § 42r HwO (Handwerksordnung) geregelt. Folgend sind beispielhafte Fachpraktikerausbildungen aufgelistet:
Diese Art der Ausbildung richtet sich an Jugendliche, die bereits seit langer Zeit nach einem geeigneten Ausbildungsplatz suchen und diesen aus individuellen Gründen nicht finden können. Die Hilfe startet dementsprechend bereits vor der Ausbildung bei der Bewerbung, mit persönlicher Beratung oder der Hilfe bei der Suche nach einem Praktikum. Ist ein Ausbildungsplatz gefunden, so hört die Unterstützung jedoch nicht auf. Der*die Jugendliche wird neben der Arbeit im Ausbildungsbetrieb und der Berufsschule beim Lernen unterstützt, hat eine*n Ansprechpartner*in bei Fragen und Problemen und auch der Ausbildungsbetrieb bekommt Hilfe.
Bei der verzahnten Ausbildung arbeitet der Ausbildungsbetrieb eng mit dem Berufsbildungswerk (BBW) zusammen. Ein Berufsbildungswerk ist eine Schule, die sich speziell um die berufliche Ausbildung von Menschen mit Behinderung kümmert. Der Ausbildungsvertrag wird in diesem Fall mit dem Berufsbildungswerk geschlossen. Dieses bezahlt das Gehalt sowie die Sozialversicherung der Auszubildenden. Die Ausbildung selbst wird sowohl im Betrieb als auch im Berufsbildungswerk absolviert, welches während der gesamten Zeit sowohl für die Auszubildenden als auch für den Betrieb eine beratende Funktion ausübt. Ist die Ausbildung abgeschlossen, so kann der Betrieb die Auszubildenden übernehmen.
Die außerbetriebliche Ausbildung findet, wie der Name schon sagt, nicht in einem Betrieb statt. Nichtsdestoweniger werden den Auszubildenden sowohl praktische als auch theoretische Inhalte vermitteln. Dafür ist das Berufsbildungswerk zuständig, welches eine Berufsschule für die theoretischen und Werkstätten für die praktischen Inhalte vereint. Darüber hinaus bekommen Auszubildende besondere Unterstützung, beispielsweise bei der Prüfungsvorbereitung. Für eine außerbetriebliche Ausbildung werden Jugendliche mit Behinderung von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter vorgeschlagen.
Bei der Frage nach der Vergütung von Auszubildenden mit Behinderung ist es gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten. Zunächst einmal: Wer die Ausbildung in einem Ausbildungsbetrieb absolviert, der erhält von diesem in der Regel eine Ausbildungsvergütung. Für Auszubildende mit Behinderung gibt es für Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe von maximal 60 % der Ausbildungsvergütung, bei schwerbehinderten Menschen sogar 80 %. In Sonderfällen kann im letzten Ausbildungsjahr die gesamte Vergütung gezahlt werden. Werden die Auszubildenden im Anschluss an die Ausbildung übernommen, dann gibt es weiterhin Eingliederungszuschüsse für ein Jahr in Höhe von bis zu 70 % des Gehalts. Dies soll Unternehmen zur Inklusion bewegen und den Auszubildenden mit Behinderung den Karriereeinstieg erleichtern.
Findet die Ausbildung in einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation (z. B. Berufsbildungswerke) statt, dann gestaltet sich die Vergütung anders. Grundsätzlich sind die Werkstätten häufig in der Kritik dafür, dass der Lohn für Menschen mit Behinderung weit unter dem Mindestlohn liegt. Das kommt daher, dass sie rein rechtlich keine Arbeitnehmenden sind, sondern gemäß § 221 des neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis beschäftigt sind. Kurz gesagt: Der Mindestlohn gilt hier nicht. Aus diesem Grund wird Menschen mit Behinderung oft dazu geraten, falls möglich, eine Ausbildung in einem Ausbildungsbetrieb zu absolvieren. Auch die Jobchancen nach der Ausbildung können sich dadurch verbessern, da beispielsweise der Austausch mit Kolleg*innen, die keine Behinderung haben, gegeben ist und Auszubildende so eher auf den Arbeitsmarkt nach der Ausbildung vorbereitet werden können.
Es ist für Berufseinsteigende nicht leicht, finanziell über die Runden zu kommen. Besonders Menschen mit Behinderung werden zusätzliche Steine in den Weg gelegt. Eine finanzielle Maßnahme, die dem entgegenwirken soll, ist das Ausbildungsgeld. Dieses ist für Auszubildende mit Behinderung gedacht, die keinen Anspruch auf Übergangsgeld haben. Dieses wird nämlich nur an diejenigen gezahlt, die zuvor ein Arbeitsentgelt erhalten haben. Das Ausbildungsgeld wird über die Länge der gesamten Ausbildung bzw. Maßnahme gezahlt und richtet sich in der Höhe nach der Art der Unterbringung. Wer bei den Eltern wohnt, erhält ein Ausbildungsgeld von 454 Euro monatlich. Wenn der*die Auszubildende stattdessen in einer speziellen Einrichtung, einem Internat oder einem Wohnheim untergebracht ist, welches von einem Leistungsträger finanziert wird, dann reduziert sich das Ausbildungsgeld auf 119 Euro monatlich.
Neben den bereits vorgestellten Berufsausbildungen gibt es außerdem weitere Maßnahmen und Hilfsangebote, um Menschen mit Behinderung den Berufseinstieg zu ermöglichen.
Disclaimer: Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft. Die in diesem Artikel veröffentlichten Rechtsgrundlagen wurden sorgfältig zusammengestellt, erheben aber keinen Anspruch auf Aktualität, sachliche Richtigkeit oder Vollständigkeit; eine entsprechende Gewähr wird nicht übernommen. Insbesondere übernimmt The Stepstone Group Deutschland GmbH keinerlei Haftung für eventuelle Schäden oder Konsequenzen, die durch die direkte oder indirekte Nutzung der bereitgestellten Inhalte entstehen.
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