Joyce Kyriacou
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Für schwangere Frauen, die berufstätig sind, ist das Thema Kündigungsschutz während der Schwangerschaft essenziell. Häufig stellen sich schwangere Arbeitnehmerinnen die Frage, inwiefern ihr Arbeitsplatz während der Schwangerschaft geschützt ist, ob eine Kündigung auch während der Probezeit möglich ist und welche Rechte sie im Falle einer Kündigung haben. Hier erfährst du, welchen Schutz Schwangere genießen, welche Gesetze sie absichern und wie sich diese auf den Arbeitsalltag auswirken. Zudem werden wir einen Blick auf das Thema Aufhebungsvertrag werfen, da dieses für schwangere Frauen besonders relevant sein kann.
In Deutschland genießen schwangere Frauen einen umfassenden Kündigungsschutz. Gesetzlich ergibt sich dieser aus dem Mutterschutzgesetz (MuSchG). Dieser besondere Kündigungsschutz schützt sie vor Kündigungen während der Schwangerschaft sowie während der Elternzeit. Aber auch nach einer Fehlgeburt oder im Falle einer komplizierten Geburt gilt der Schutz weiter. In den meisten Fällen darf ein Arbeitgeber einer schwangeren Mitarbeiterin nicht ohne weiteres Kündigen. Der Sonderkündigungsschutz tritt automatisch in Kraft und gilt in der Regel bis zum Ablauf der Elternzeit.
Ziel des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) ist es, die Gesundheit einer Frau und die ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs-, und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit zu schützen. Weiterhin ermöglicht das MuSchG es der Frau, „ihre Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit in dieser Zeit ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortzusetzen und wirkt Benachteiligungen während der Schwangerschaft nach der Entbindung und in der Stillzeit entgegen.“ (§ 1 Abs. 1 MuSchG).
Relevant für den besonderen Kündigungsschutz sind die Bestimmungen des § 17 MuSchG. Demnach sind Kündigungen gegenüber einer Frau grundsätzlich unzulässig
Dabei gilt das Kündigungsverbot des § 17 MuSchG sowohl für ordentliche als auch für außerordentliche (fristlose) Kündigungen und Änderungskündigungen.
Das Kündigungsverbot nach § 17 MuSchG gilt bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrages, selbst wenn das Arbeitsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen soll.
Der besondere Kündigungsschutz tritt mit Beginn der Schwangerschaft in Kraft, unabhängig davon, ob die Schwangere von ihrer Schwangerschaft bereits Kenntnis hat. Der Beginn der Schwangerschaft wird anhand des vom Arzt mitgeteilten Entbindungstermins ermittelt, indem 280 Tage zurückgerechnet werden.
Der Kündigungsschutz endet im Falle einer Fehlgeburt. Bei einer Totgeburt oder dem Tod des Kindes nach der Geburt bleibt der Kündigungsschutz für vier Monate bestehen. Der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ist entscheidend für die Bestimmung des Kündigungsschutzes.
Wichtig: Eine Schwangerschaft, die nach Zugang der Kündigung eintritt, führt nicht mehr zur Anwendung des Kündigungsschutzes.
Marie wird am 15. März 2025 schwanger, der Arzt teilt ihr den Entbindungstermin für den 21. Dezember 2025 mit. Der Beginn ihrer Schwangerschaft wird somit mit 280 Tagen zurückgerechnet auf den 18. März 2025 datiert.
Am 20. März 2025 erhält Marie eine Kündigung von ihrem Arbeitgeber, die mit sofortiger Wirkung zum 25. März 2025 wirksam werden soll. Zu diesem Zeitpunkt hatte Marie dem Arbeitgeber noch nicht von ihrer Schwangerschaft berichtet, der Arbeitgeber hatte daher keine Kenntnis davon.
Wichtig: Der besondere Kündigungsschutz tritt nur ein, wenn der Arbeitgeber positive Kenntnis von der Schwangerschaft hat. Da Marie zu diesem Zeitpunkt noch nicht über ihre Schwangerschaft informiert hatte, ist die Kündigung zunächst wirksam.
Marie hat jedoch nach der Zustellung der Kündigung zwei Wochen Zeit, dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft oder den Entbindungstermin mitzuteilen, um damit die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung herbeizuführen. Sagt sie dies innerhalb dieser zwei Wochen, wird die Kündigung als rechtsunwirksam betrachtet, und der Arbeitgeber kann nur unter ganz bestimmten Umständen kündigen.
Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber von der Schwangerschaft weiß. Dabei spielt es keine Rolle, auf welchem Weg der Arbeitgeber von der Schwangerschaft erfährt – sei es durch eine Mitteilung der schwangeren Mitarbeiterin, durch eine Mitteilung einer dritten Person oder durch eigene Wahrnehmung über den Zustand der Mitarbeiterin.
Eine Kündigung wird grundsätzlich erst dann wirksam, wenn sie der Arbeitnehmerin zugegangen ist (§ 130 BGB). Eine Kündigung gilt als zugestellt, sobald sie in den Empfangsbereich der Arbeitnehmerin gelangt – ihr also beispielsweise per Post zugestellt oder persönlich übergeben wurde. Sobald die Kündigung zugestellt wurde, hat die Arbeitnehmerin zwei Wochen Zeit – auch schon vorher – dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft oder den Entbindungstermin mitzuteilen, um damit die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung herbeizuführen. Auf die Form der Mitteilung (mündlich/schriftlich) kommt es dabei nicht an. Wichtig: Die Mitteilung ist ebenso wie die Kündigung eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die innerhalb der Zweiwochenfrist dem Arbeitgeber oder einer von ihm beauftragten Person zugegangen sein muss. Es reicht nicht aus, sie nur rechtzeitig abzuschicken – entscheidend ist, wann sie ankommt.
Es ist ebenfalls nicht ausreichend, wenn der Arbeitgeber innerhalb der Frist auf anderem Wege zufällig von der Schwangerschaft erfährt.
Das Versäumen der Zweiwochenfrist führt grundsätzlich zum Verlust des besonderen Kündigungsschutzes gemäß § 17 Abs. 1 MuSchG. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn die Frau die Frist unverschuldet (z. B. wegen Krankheit oder weil sie erst später von der Schwangerschaft erfahren hat) versäumt hat und die Mitteilung unverzüglich nachholt.
Schwangerschaft und Probezeitkündigung – ein besonders häufig diskutiertes Thema. Der besondere Kündigungsschutz knüpft nicht an eine sechsmonatige Wartezeit (§ 1 KSchG) an. Für dich als schwangere Arbeitnehmerin bedeutet das, dass bereits während deiner Probezeit dieser besondere Kündigungsschutz greift. Demnach ist eine Kündigung während der Schwangerschaft bereits in der Probezeit nur unter erschwerten und bestimmten Bedingungen möglich. Als Beispiel für eine zulässige Kündigung kann hier die außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung genannt werden, die nicht mit der Schwangerschaft in Verbindung steht.
Es gibt verhaltensbedingte Gründe, die unter bestimmten Umständen den Ausnahmetatbestand für eine Kündigung während der Schwangerschaft erfüllen können. Allerdings reichen einfache Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten, wie zum Beispiel Indiskretionen im Hinblick auf das Privatleben der Arbeitgeberin, nicht aus. Es muss sich vielmehr um grobe, vorsätzliche Pflichtverletzungen handeln, wie etwa schwere oder wiederholte Verstöße, die erhebliche Auswirkungen auf den Betrieb haben.
Beispiele für solche schwerwiegenden Pflichtverletzungen sind vorsätzlich begangene Straftaten, etwa gegen das Eigentum, Vermögen, den Körper oder die Ehre, sowohl zulasten der Arbeitgeberin als auch der Mitarbeiterinnen, Geschäftspartner oder Kunden. Der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung ist jedoch nicht ausreichend. Die Anforderungen für eine verhaltensbedingte Kündigung bei Arbeitnehmerinnen, die unter den besonderen Kündigungsschutz fallen, sind also hoch, aber eine Kündigung in solchen Fällen ist dennoch möglich.
Hier ist für dich insbesondere die Regelung des § 15 MuSchG von Bedeutung. Demnach besteht die Verpflichtung, den Arbeitgeber über die Schwangerschaft sowie den voraussichtlichen Entbindungstermin zu informieren, sobald die Schwangerschaft bekannt ist. Eine stillende Frau hat ihren Arbeitgeber ebenfalls so früh wie möglich über das Stillen zu informieren. Auf Verlangen des Arbeitgebers bist du als schwangere Frau verpflichtet, als Nachweis für deine Schwangerschaft ein ärztliches Attest oder ein Zeugnis deiner Hebamme bzw. eines Entbindungspflegers vorzulegen. Dieses Zeugnis muss den voraussichtlichen Entbindungsvermin enthalten.
17 MuSchG verbietet lediglich Kündigungen, die von dem Arbeitgeber ausgesprochen werden. Das bedeutet für dich, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Schwangerschaft und während der ersten vier Monate nach der Entbindung grundsätzlich möglich bleibt. In Betracht kommt hierfür zum Beispiel eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf, falls der Arbeitsvertrag befristet geschlossen wurde, durch eine Eigenkündigung oder eben durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags.
Oft wird der Aufhebungsvertrag von Arbeitnehmer*innen mit einer Kündigung gleichgesetzt – ein Missverständnis, das nicht selten zu Unsicherheiten führt.
Ein Aufhebungsvertrag ist, wie der Begriff bereits andeutet, eine vertragliche Vereinbarung. Voraussetzung für dessen Zustandekommen ist die Zustimmung beider Vertragsparteien – des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers. Dabei handelt es sich um eine einvernehmliche Einigung, das bestehende Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beenden. Der Vertrag wird individuell ausgehandelt und ist rechtlich bindend. Wichtig zu wissen ist, dass der Aufhebungsvertrag dem Schriftformerfordernis unterliegt. Maßgeblich für dessen Wirksamkeit ist also, dass sowohl du als auch dein Arbeitgeber das Dokument handschriftlich unterschreibt. Die elektronische Form ist ausgeschlossen.
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags während der Schwangerschaft kann sehr problematisch sein, weshalb sich eine schwangere Frau, die einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, über die Folgen bewusst sein muss. Regelmäßig wird der Aufhebungsvertrag in der Schwangerschaft als eine einvernehmliche Lösung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin angesehen, um das Arbeitsverhältnis mit beiderseitigem Einverständnis zu beenden. Beachtet werden muss allerdings, dass damit unter Umständen der besondere Kündigungsschutz umgangen wird.
Wichtige Fakten für Arbeitnehmerinnen:
Grundsätzlich greift mit Beginn der Schwangerschaft das Kündigungsverbot nach Maßgabe des § 17 KSchG. Eine Kündigung ist nur mit behördlicher Zustimmung unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen einen besonderen Kündigungsschutz, aber sie sind nicht unkündbar. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist unter sehr strengen Voraussetzungen möglich.
Der Sonderkündigungsschutz gilt auch für Kündigungen, die vor dem tatsächlichen Arbeitsantritt ausgesprochen werden. Der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn des Kündigungsschutzes ist nicht der Arbeitsbeginn, sondern der Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages.
Ja, der Kündigungsschutz gilt während des Mutterschutzes.
Nein, auch während der Elternzeit gilt der besondere Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist auch während der Elternzeit nur unter den erschwerten Bedingungen und nur mit behördlicher Zustimmung möglich.
Der Kündigungsschutz gilt auch nach einer Fehlgeburt. Gem. § 17 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG besteht dieser Schutz bis zum Ablauf von 4 Wochen nach der Fehlgeburt.
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