Drei Kolleg*innen geben sich ein High Five am Restauranttisch

Immer mehr junge Menschen werden Mitglieder bei einer Gewerkschaft. Eine Mitgliedschaft kann viele Vorteile mit sich bringen. Manche fragen sich aber: Muss ich meinem Chef erzählen, dass ich Gewerkschaftsmitglied bin?

Was dürfen Arbeitgeber fragen – und was nicht?

Aktuell sind Gewerkschaften in Deutschland so beliebt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Gerade junge Menschen, die ein neues Selbstbewusstsein in die Arbeitswelt mitbringen und bessere Arbeitsbedingungen fordern, zeigen ein starkes Interesse an Gewerkschaften. Millionen von Menschen in Deutschland sind gewerkschaftlich organisiert – da stellt sich natürlich die Frage: Muss ich meinem Chef erzählen, dass ich Gewerkschaftsmitglied bin? Wie offen soll ich in einem Vorstellungsgespräch darüber sprechen? Und darf mein (potenzieller) Arbeitgeber überhaupt danach fragen?

Grundsätzlich darf der Arbeitgeber Fragen stellen, die für den konkreten Job wichtig sind. Solche Fragen müssen Bewerber*innen wahrheitsgemäß beantworten. Das heißt auch: Nicht jede Frage ist erlaubt. Die Arbeitnehmer haben ein Recht auf den Schutz ihrer Privatsphäre und den Schutz vor Diskriminierung. Also gilt der Grundsatz: Wenn die Antwort mit der späteren Arbeitstätigkeit nichts zu tun hat und für die Ausübung irrelevant ist – ist die Frage rechtswidrig.

Danach dürfen Vorgesetzte nicht fragen:

Aber Achtung: Es gibt Ausnahmen – nämlich dann, wenn die Frage tatsächlich für das Arbeitsverhältnis relevant wäre. Dann sind die Arbeitgeber berechtigt, auch Fragen zu stellen, die normalerweise nicht zulässig wären. Zum Beispiel bei Vorstrafen – sie dürfen abgefragt werden, wenn sie eine Relevanz für die künftige Tätigkeit haben, etwa bei der Arbeit mit Kindern oder an der Kasse, bei Jurist*innen oder Polizeibeamt*innen.

Bankangestellte dürfen also nach Vermögensdelikten und Busfahrer*innen nach früheren Verkehrsdelikten gefragt werden. Beantworten sie die Frage nicht arbeitsgemäß und verursachen zum Beispiel einen Unfall, kann der Arbeitgeber auf Schadensersatz klagen. In solchen Fällen darf der zukünftige Arbeitgeber auch ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen. Andernfalls darf der Arbeitgeber nicht nach Vorstrafen fragen. Nur wenn man eine Haftstrafe antreten muss, ist der Arbeitgeber berechtigt zu wissen, dass die Person fehlen wird und die vereinbarte Arbeitsleistung nicht erbringen kann.

Und wie sieht es nun mit den Gewerkschaften aus?

Menschen protestieren in der Straße
Nach Streiks gewinnen Gewerkschaften meist viele Mitglieder. Umso wichtiger zu wissen, wann du deine Gewerkschaftszugehörigkeit bei der Arbeit offenbaren musst – und wann nicht. © © Olga Sibirskaya-Kas / Stocksy

© Olga Sibirskaya-Kas / Stocksy

Muss ich meinem Chef verraten, dass ich Gewerkschaftsmitglied bin?

Grundsätzlich beeinflusst die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft nicht die Eignung für den Job – das heißt, diese Frage ist also eigentlich nicht zulässig. Es gibt jedoch Ausnahmen.

Eine Ausnahme stellen die sogenannten Tendenzbetriebe dar. Das sind Organisationen, deren Fokus nicht auf dem wirtschaftlichen Gewinn, sondern politische, ideelle, wissenschaftliche oder künstlerische Ziele verfolgt. Darunter fallen Parteizentralen, Presseunternehmen, gemeinnützige Vereine, karitative und kirchliche Arbeitgeber und auch Gewerkschaften. In Tendenzbetrieben ist die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit zulässig, um sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden die Werte des Betriebs vertreten.

Eine andere Ausnahme ist die Anwendung von Tarifverträgen. 2014 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) Arbeitgebern in bestimmten Fällen das Recht eingeräumt, die Frage nach der Gewerkschaftsmitgliedschaft zu stellen. Nämlich dann, wenn es um die Anwendung von Tarifverträgen und die Einkommensberechnung geht – aber nicht während eines Arbeitskampfes wie Streiks.

Ein Arbeitgeber darf zum Beispiel nach der Gewerkschaftszugehörigkeit fragen, wenn es mehrere Tarifverträge von verschiedenen Gewerkschaften gibt (Tarifpluralität), die für die gleichen Mitarbeitenden gelten, und der Arbeitgeber wissen muss, welchen Vertrag er anwenden soll – das aber erst nach der Einstellung und nicht bereits im Vorstellungsgespräch.

Wann dürfen Vorgesetzte nach der Gewerkschaftszugehörigkeit fragen – ein Beispiel:

Ein Unternehmen hat mit Gewerkschaft A einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen, aber nicht mit Gewerkschaft B. Nun möchte das Unternehmen wissen, welche Busfahrer*innen Mitglieder von Gewerkschaft A sind, um den neuen Tarifvertrag richtig anzuwenden. In dieser Situation darf das Unternehmen nach der Gewerkschaftsmitgliedschaft fragen. Mit einer Ausnahme: Wenn gerade ein Streik von Gewerkschaft B stattfindet, darf das Unternehmen nicht nach der Gewerkschaftsmitgliedschaft fragen.

Darf ich bei der Frage nach der Gewerkschaft lügen?

Grundsätzlich gilt: Lügen sind dann unzulässig, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Wahrheit hat. Im Vorstellungsgespräch bei einer Bank darf der Arbeitgeber nach Schulden fragen. In einem medizinischen Beruf oder in der Gastronomie musst du ansteckende Krankheiten offenlegen. Wenn du in diesen Fällen lügst, darf dein Arbeitgeber deinen Arbeitsvertrag anfechten und im schlimmsten Fall sogar auf Schadensersatz klagen. Bei unzulässigen Fragen seitens des Arbeitgebers bist du jedoch im Recht, mit einer Lüge zu antworten – oder zu schweigen.

Disclaimer: Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft. Die in diesem Artikel veröffentlichten Rechtsgrundlagen wurden sorgfältig zusammengestellt, erheben aber keinen Anspruch auf Aktualität, sachliche Richtigkeit oder Vollständigkeit; eine entsprechende Gewähr wird nicht übernommen. Insbesondere übernimmt The Stepstone Group Deutschland GmbH keinerlei Haftung für eventuelle Schäden oder Konsequenzen, die durch die direkte oder indirekte Nutzung der bereitgestellten Inhalte entstehen.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Muss ich im Vorstellungsgespräch verraten, dass ich Gewerkschaftsmitglied bin?

Nein, im Vorstellungsgespräch ist die Frage nach der Gewerkschaftsmitgliedschaft grundsätzlich unzulässig, da sie nicht die Eignung für den Job beeinflusst. Ausnahme stellen Tendenzbetriebe dar – wie zum Beispiel Presseorgane, Parteizentralen oder konfessionelle Vereine.

In welchen Fällen darf mein Chef nach meiner Gewerkschaftszugehörigkeit fragen?

Der Arbeitgeber darf nach der Gewerkschaftszugehörigkeit fragen, wenn es mehrere Tarifverträge von verschiedenen Gewerkschaften gibt und er wissen muss, welchen Vertrag er anwenden soll. Dies ist aber erst nach der Einstellung und nicht im Vorstellungsgespräch erlaubt.

Was dürfen Arbeitgeber generell nicht fragen?

Der Arbeitgeber darf nicht nach persönlichen und privaten Informationen fragen wie Heiratswunsch, Kinderwunsch, sexuelle Orientierung, Krankheiten (außer relevant für die Tätigkeit, etwa bei Ansteckungsgefahr) und Weltanschauung.

Muss ich im Vorstellungsgespräch Vorstrafen offenlegen?

Vorstrafen müssen nur dann offengelegt werden, wenn sie relevant für die künftige Tätigkeit sind – etwa bei der Arbeit mit Kindern, an der Kasse oder zum Beispiel als Polizeibeamte*r.

Darf der Arbeitgeber nach meiner Schwangerschaft fragen?

Nein, die Frage ist grundsätzlich unzulässig und du darfst dabei lügen.

Wertvolle Werkzeuge für deine Karriere

Weitere interessante Themen für dich

Newsletter

News-Service

Du möchtest aktuelle Tipps rund um Gehälter, Bewerbung und Karriere erhalten? Dann registriere dich kostenlos auf unserer Seite und bleib immer auf dem Laufenden.

Kostenlos registrieren