Natalia Sadovnik
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Overthinking macht schlechte Laune, schadet deiner Gesundheit und kann die Produktivität im Job verringern. Doch wie besser mit den eigenen Gedanken umgehen? Hier erfährst du, wie du Overthinking stoppen kannst und wieder Klarheit im Kopf gewinnst.
In der Mittagspause über den komischen Satz des Kollegen im Meeting grübeln. Abends im Bett nochmal das Gespräch mit der Vorgesetzten durchspielen. Nicht einschlafen können vor lauter Gedanken: „Warum hat der oder die so reagiert? Was hätte ich anders machen sollen? Hätte ich nur damals …“ All das ist klassisches Overthinking: ein Gedankenkarussell, das schwer zu durchbrechen ist.
Overthinking bedeutet: wiederholtes, unproduktives Nachdenken ohne Ergebnis. So wird es in der Psychologie definiert. Ein Overthinker dreht sich gedanklich im Kreis. Fachleute unterscheiden zwischen Overthinking und Nachdenken. Nachdenken ist zielführend und hat irgendwann ein Ende, es führt zu einem Ergebnis. Overthinking hingegen ist ein destruktives Gedankenmuster: Man kann ewig grübeln, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Overthinker analysieren alles bis ins kleinste Detail. Sie hinterfragen, malen sich Sorgenszenarien aus oder halten Monologe im Kopf: „Was wäre, wenn …?“ Oder: „Hätte ich nur …“ Oder auch: „Warum mache ich mir so viele Gedanken?“
Overthinking ist keine Krankheit. Es gibt keine Gedanken, die per se schädlich sind. Aber die psychologische Forschung zeigt: Wer sich zu oft zu lange in Gedankenkarussellen dreht, setzt das eigene Selbstbewusstsein, das Wohlbefinden und im Endeffekt die Gesundheit aufs Spiel. Wenn wir immer wieder um Unangenehmes im Kopf kreisen, verstärken wir Ängste und Unsicherheiten. Das vermiest uns die Laune und schwächt auf Dauer unsere Psyche. Overthinking erhöht nachgewiesenermaßen das Risiko für Burnout, Depressionen und weitere psychische Erkrankungen.
Overthinking kann zudem das Impostor-Syndrom verstärken: Betroffene sind gefangen in Selbstzweifeln, stellen ihr eigenes Licht unter den Scheffel und schreiben einen Großteil ihres (beruflichen) Erfolgs nicht sich selbst, sondern lediglich glücklichen Umständen zu. Wenn sie diese Gedanken immer wieder durchkauen, verstärken sich die Selbstzweifel umso mehr.
Die Gründe für Overthinking können vielfältig sein: Unsicherheiten und Ängste, Perfektionismus, familiäre Prägungen – wie zum Beispiel, Eltern, die ihre Sorgen auf die Kinder projiziert haben. Einige Menschen neigen einfach dazu, die Dinge öfter zu hinterfragen, was sie schnell in Gedankenkarusselle bringen kann. Das Arbeitsumfeld kann ebenfalls eine Rolle spielen. In Jobs, die mit viel Verantwortung einhergehen, wo die Erwartungen hoch sind, kann Overthinking stärker und häufiger auftreten.
Im Grunde ist es aber gar nicht wichtig, woher es kommt. Manchmal neigen wir alle zu Overthinking. Wenn wir an alle möglichen Katastrophen gedacht haben, haben wir das Gefühl, besser vorbereitet zu sein. Overthinking gibt uns das Gefühl von Kontrolle. Leider ist es weder produktiv noch gesund. Statt zu einer Lösung zu führen, kreist Overthinking lediglich um Probleme – oft mit unschönen Nebenwirkungen.
Im Berufsleben kann Overthinking ziemlich kontraproduktiv sein. Overthinker können zum Beispiel zögern, die Initiative zu ergreifen oder innovative Ideen vorzuschlagen, aus Angst, sie seien nicht gut genug – was Fortschritt bremst und Karrierechancen hemmt. Manchmal verrennen sich Overthinker so sehr in Details, dass sie das Große und Ganze aus den Augen verlieren. Außerdem wirken sie unsicher, was nicht gerade das Vertrauen in ihre Expertise stärkt.
Overthinking kann zudem für Konflikte sorgen. Wer ständig Gespräche und Situationen analysiert, neigt manchmal dazu, Bedeutungen und Absichten in Aussagen und Handlungen zu sehen, die vielleicht gar nicht existieren. Das führt zu Missverständnissen, zum Beispiel, wenn konstruktives Feedback als persönlicher Angriff wahrgenommen wird. Die Angst vor Kritik und der Wunsch, alles perfekt machen zu wollen, enden häufig in starkem Stress – der ebenfalls im Job bremst.
„Denk nicht so viel nach“ – das ist natürlich leichter gesagt als getan. Meditation oder Aufmerksamkeitstrainings helfen, im Hier und Jetzt zu bleiben und sich besser auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. Auch Tagebuch führen kann etwas bringen: Gedanken niederzuschreiben hilft womöglich, sie loszuwerden.
Eine andere klassische Methode ist die sogenannte Grübelzeit oder der Grübelaufschub. Man nimmt sich ganz bewusst zehn bis fünfzehn Minuten täglich, nur um zu grübeln. Am besten zur festen Zeit und vielleicht sogar an einem festen Ort. Dort, und nur dort kann man sich ganz dem Overthinking hingeben. Wenn im Laufe des Tages Grübelgedanken kommen, schiebt man sie sozusagen bis dahin auf. Oft stellt man dann fest, dass man zu der gegebenen Zeit gar keine Lust hat, sich mit solchen Gedanken zu beschäftigen.
Wenn Overthinking den Job und den Alltag stark negativ beeinflusst, ist eine Therapie empfehlenswert. Die effektivste Methode gegen Overthiking, deren Wirksamkeit sehr gut erforscht ist, kommt aus der sogenannten metakognitiven Therapie. Dabei geht es darum, die eigenen Denkmuster zu verstehen und den richtigen Umgang mit den Gedanken zu finden. Im Klartext heißt das: Abstand von den eigenen Gedanken nehmen.
Overthinker neigen nämlich dazu, sich stark mit Gedanken zu identifizieren und sie weiterzudenken: Aus einem Gedanken wird eine Kette von Gedanken, die schnurstracks in die gedankliche Katastrophe führen. Stattdessen lernt man, dass spontane Gedanken lediglich Geistesphänomene sind, die erstmal nichts mit der Realität zu tun haben – und die wir getrost ignorieren können, wenn sie uns nichts bringen. Das sorgt für mehr Ruhe im Kopf und hilft langfristig, weniger Overthinking zu betreiben.
Wenn man merkt, dass man gerade zu viel denkt, ist es wichtig zu verstehen: Spontane Gedanken werden immer kommen, darüber haben wir keine Kontrolle. Wir können uns jedoch aussuchen, wie wir damit umgehen. Wenn Gedanken uns nicht weiterbringen, ist es das Beste, sie einfach zu ignorieren und sich damit zu beschäftigen, was gerade wichtig ist.
Wenn man alles überdenkt, kann es helfen, die Gedanken schriftlich festzuhalten, sich eine feste Grübelzeit einzurichten oder zu verstehen, dass Gedanken nichts mit der Realität zu tun haben – und man sie auch einfach ignorieren und sich mit etwas anderem beschäftigen kann. Eine Verhaltenstherapie oder eine metakognitive Therapie können ebenso helfen.
Viele Menschen neigen zu Overthinking: Insbesondere Menschen mit einem hohen Maß an Perfektionismus oder Unsicherheit können häufiger betroffen sein.
Ja, Overthinking kann zu Depressionen führen, weil man sich die ganze Zeit mit belastenden Gedanken beschäftigt, um Unangenehmes kreist und dadurch auf Dauer eine negative Weltsicht zementieren kann.
Nein, es ist nicht möglich, an nichts zu denken. Selbst wenn wir scheinbar an nichts Bestimmtes denken und uns aus der Realität ausklinken, schalten wir das Gehirn nicht ab: Es verarbeitet weiter Informationen, nimmt Sinnesreize wahr und ordnet sie ein. Die meisten unserer Gedanken kommen und gehen ganz von allein, auch wenn wir sie nicht bewusst wahrnehmen. Für unser Wohlbefinden ist es wichtig, mit welchen dieser Gedanken wir uns wie lange beschäftigen – spinnen wir negative Gedanken weiter, wirkt sich das auf Dauer negativ auf unsere Laune aus.
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