Elena Geiger
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Für ein krankes Teammitglied hat jede*r Verständnis. Aber wenn du immer wieder für dieselbe Person einspringen musst, weicht Mitgefühl schnell Ärger. Gleichzeitig kommt der Verdacht auf, dass er oder sie nur krank feiert … Was kannst du tun, um nicht ständig doppelte Arbeit leisten zu müssen? Und welche Möglichkeiten hat dein Arbeitgeber, sich zu wehren?
Es ist Freitag und du weißt schon vorm Betreten des Büros: Den Kollegen, der gestern schon lautstark über Magenschmerzen geklagt hat, wirst du hier heute garantiert nicht antreffen. Regelmäßig wird er von Kurzkrankheiten dahingerafft – zufälligerweise immer kurz vor oder nach dem Wochenende oder seinem Urlaub. Und wer muss seine Aufgaben mal wieder übernehmen? Natürlich du!
Kommt dir dieses Szenario bekannt vor? Leider gibt es solche Kolleg*innen in vielen Betrieben. Ihre ständige Abwesenheit sorgt oft für Unmut im Team und wird zur echten Belastung: Während der*die Simulant*in den gelben Schein als Urlaubsschein ansieht und ein verlängertes Wochenende genießt, müssen die Kolleg*innen Überstunden leisten und die Aufgaben des „kranken“ Teammitglieds übernehmen. Zudem stellt sich die Frage, weshalb die Person dasselbe Gehalt wie die Kolleg*innen bekommt, obwohl sie in erster Linie durch Abwesenheit glänzt.
Verständlich: Du bist genervt und findest es unfair, wenn eine bestimmte Person ständig krankfeiert und damit den Rest des Kollegiums im Stich lässt. Zwar ist es legitim, sich Luft machen zu wollen, aber denk daran: Über Kolleg*innen zu lästern, bringt euch auch nicht weiter, sondern verschlechtert die Stimmung im Team und schafft nur unnötige Spannungen. Besser ist es, offen miteinander zu reden und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Bedenke auch, dass es eventuell Gründe für das Verhalten deines Teammitglieds gibt. Manche Menschen sind einfach überdurchschnittlich oft krank: Vielleicht hat er oder sie eine chronische Krankheit oder ist besonders anfällig gegenüber Infekten, beispielsweise wegen kleinen Kindern im Haushalt. Aber auch psychische oder familiäre Probleme könnten hinter den ständigen Krankmeldungen stecken. Es muss sich bei deinem Teammitglied also nicht unbedingt um ein*e Simulant*in handeln!
Wenn ein*e Kolleg*in öfter krankfeiert, muss das nicht zwingend daran liegen, dass er oder sie einfach faul und egoistisch ist. Vielleicht macht er oder sie gerade eine Trennung durch, leidet an Depressionen oder wird am Arbeitsplatz gemobbt. Solche Umstände bleiben Außenstehenden oft verborgen. Deshalb ist es wichtig, das Gespräch zu suchen und herauszufinden, ob es einen nachvollziehbaren Grund für das ständige Krankfeiern gibt.
Bei vorübergehenden Angelegenheiten wie Trennungsschmerz kannst du davon ausgehen, dass sich die Situation wieder ändert und auf dein*e Kolleg*in bald wieder mehr Verlass ist. Stecken ernsthafte längerfristige Probleme hinter den ständigen Abwesenheiten, muss nach Lösungen gesucht werden. Vielleicht gibt es Möglichkeiten, die er oder sie bisher nicht auf dem Schirm hatte: Manche Arbeitgeber bieten Unterstützungsprogramme an, um Angestellten z. B. dabei zu helfen, eine Wohnung zu finden, die Kinderbetreuung sicherzustellen oder einen Trauerfall zu verarbeiten. Und wenn es um Ängste im beruflichen Kontext geht – z. B. fehlendes Selbstvertrauen oder eine Mobbing-Situation – können und sollten Vorgesetzte ohnehin aktiv werden.
Klar, mal für eine*n Kolleg*in einzuspringen gehört dazu. Aber es sollte fair bleiben. Wenn du ständig Überstunden schiebst, weil du die liegengebliebenen Aufgaben übernimmst, ist es Zeit, genau hinzuschauen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiten müssen eingehalten werden. Wenn du mehr über deine Rechte beim Thema Überstunden erfahren willst, lies unseren Artikel „Wie viele Überstunden darf man machen? Rechte und Pflichten im Überblick“.
Wenn personeller Ausfall also dazu führt, dass du und dein Team komplett überlastet seid, solltet ihr mit eurer*m Vorgesetzten sprechen. Denn es ist die Aufgabe des Arbeitgebers, dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen Arbeitszeiten eingehalten und das Wohlbefinden der Mitarbeiter*innen sichergestellt werden – das besagt die sogenannte Fürsorgepflicht.
Angenommen, vieles deutet darauf hin, dass ein*e Kolleg*in blaumacht: Kann sich der Arbeitgeber überhaupt dagegen wehren?
Es ist leider nicht einfach zu beweisen, ob ein*e Mitarbeiter*in wirklich krank und arbeitsunfähig ist oder nicht. Wer oft fehlt, wird wahrscheinlich einen Arzt oder eine Ärztin haben, der*die schnell eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellt. Um diese Bescheinigung anzuzweifeln, braucht es gute Gründe.
Bei berechtigten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) einschalten, der die Arbeitsunfähigkeit überprüft. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur bei gesetzlich versicherten Mitarbeiter*innen.
Berechtigte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit sind z. B.:
Eine weitere Option ist ein Krankenbesuch durch den Arbeitgeber. Allerdings sind Arbeitnehmer*innen nicht verpflichtet, die vorgesetzte Person in die Wohnung zu lassen. Außerdem muss eine Krankheit nicht unbedingt Bettlägerigkeit bedeuten. Ein Krankenbesuch liefert deshalb oft wenig Informationen über die Echtheit der Krankschreibung. Ähnlich ist die Problematik bei Beauftragung eines Detektivs – eine kostspielige Maßnahme, die aber theoretisch im Rahmen der Möglichkeiten liegt.
Übrigens: Der Arbeitgeber darf nicht bei der Arztpraxis seiner Mitarbeiter*innen nachhorchen, wie es wirklich um deren Gesundheit steht. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel „Darf der Arbeitgeber meinen Arzt anrufen?“. Außerdem darf er den*die Mitarbeiter*in nicht nach der Art der Krankheit fragen. Ihn hat lediglich die Dauer der Krankschreibung, aber nicht deren Grund zu interessieren.
Was der Arbeitgeber generell tun kann: das Krankfeiern erschweren, indem er eine Krankmeldung ab dem ersten Krankheitstag fordert. Das kann aber wiederum zu Unmut bei ehrlichen Mitarbeiter*innen führen, die sich gegängelt fühlen und fehlendes Vertrauen hinter der Maßnahme vermuten.
Häufig kranke Mitarbeiter*innen verursachen für den Arbeitgeber hohe Kosten. Schließlich muss er weiterhin Gehalt zahlen, während Arbeit liegen bleibt. Wenn er zusätzlich vermutet, dass die Krankheit nur vorgetäuscht ist, kommen zusätzlich Betrug und Vertrauensmissbrauch ins Spiel. Klar, dass ein Arbeitgeber solche Kolleg*innen gerne loswerden möchte.
Tatsächlich ist eine Kündigung möglich – allerdings muss dafür die Vortäuschung einer Krankheit nachgewiesen werden. Außerdem kann gekündigt werden, wenn der*die Mitarbeiter*in in drei Jahren in Folge immer mehr als 30 Tage krank war.
Disclaimer: Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft. Die in diesem Artikel veröffentlichten Rechtsgrundlagen wurden sorgfältig zusammengestellt, erheben aber keinen Anspruch auf Aktualität, sachliche Richtigkeit oder Vollständigkeit; eine entsprechende Gewähr wird nicht übernommen. Insbesondere übernimmt The Stepstone Group Deutschland GmbH keinerlei Haftung für eventuelle Schäden oder Konsequenzen, die durch die direkte oder indirekte Nutzung der bereitgestellten Inhalte entstehen.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen, wenn Arbeitnehmer*innen in drei Jahren immer mehr als 30 Tage krank sind. Diese Fehlzeiten gelten für den Arbeitgeber als unzumutbar und legitimieren eine Kündigung.
Ja, in einem gewissen Rahmen bist du verpflichtet, für kranke Kolleg*innen einzuspringen. Das kann dein Arbeitgeber durch das sogenannte Weisungsrecht bestimmen. Allerdings muss die Vertretung im „Einzelfall zumutbar“ sein. Das heißt vor allem, dass sie keine andauernde Überlastung für dich darstellt und die gesetzlichen Arbeitszeiten eingehalten werden.
Eine Grenze gibt es dann, wenn durch die Vertretung Überstunden anfallen. Das Gesetz erlaubt Mehrarbeit nämlich nur, wenn die tägliche Arbeitszeit nicht länger als zehn Stunden beträgt – und auch nur, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
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