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Interview: Vier Recruiter*innen über ihren Alltag

Die Arbeitswelt verändert sich rasant und Recruiter*innen sind tagtäglich mit neuen, herausfordernden Situationen konfrontiert. Wir haben Celine Melo Cristino, Tobias Dörk, Stephan Fiedler und Fatma Tolun, alle vier im Recruiting bei StepStone tätig, gefragt, wie sich die Corona-Pandemie auf ihre Arbeit auswirkt und was man als Personaler*in im Jahr 2022 echt nicht mehr bringen sollte. Und wir wollten wissen, was man konkret tun kann, wenn man im Bewerbungsgespräch mal merkt, dass es einfach nicht passt.


Deine persönlichen No-Gos: Was sollten Personaler*innen im Bewerbungsgespräch deiner Meinung nach echt nicht (mehr) bringen – und warum?

Celine: Sie sollten nicht der Meinung sein, über den Kandidat*innen zu stehen. Wir sollten uns auf Augenhöhe treffen und einen offenen, wertschätzenden Austausch anregen. Nur so können beide Seiten herausfinden, ob es für eine gute, langfristige Zusammenarbeit passt.

Stephan: In einem persönlichen Gespräch zu viel Zeit am Laptop oder Handy verbringen und dem*der anderen das Gefühl geben, nicht interessiert zu sein. Das kann arrogant wirken und verunsichern. Ein freundliches und interessiertes Lächeln sowie regelmäßiger Augenkontakt sind hier wichtig.

Tobi: Mit einer Kommunikation „von oben herab“ läuft man Gefahr, gute Kandidat*innen zu verlieren. Es sollte im Bewerbungsgespräch um einen offenen, ehrlichen Austausch zu beruflichem Werdegang, Qualifikationen, rollenspezifischen Anforderungen und Motivation zur jeweiligen Position gehen – und zwar wertschätzend und auf Augenhöhe. Das Unternehmen bewirbt sich auch bei den Kandidat*innen!

Fatma: Abstrakte Fragen, die eigentlich nichts mit der Position zu tun haben, wie: „Welches Tier wärst du?“. Solche Fragen können witzig sein, aber verwirren die Kandidat*innen am Ende nur. Natürlich möchte ich die Menschen besser kennenlernen, aber durch solche Fragen gewinnt man meiner Meinung nach keine relevante Erkenntnis.


Was ist die größte (nachhaltige) Veränderung bei deiner Arbeit, die die Corona-Pandemie mit sich gebracht hat? Wie findest du diese Veränderung? Und wie gehst du mit dieser Veränderung im Alltag um?

Celine: Die Prozesse sind schneller, da viele Interviews digital stattfinden können und An- und Abreise wegfallen. Gleichzeitig sind viele Kandidat*innen aber auch unverbindlicher geworden. Termine werden schneller verschoben, wir bekommen oft keine Rückmeldung. Das ist natürlich nicht so schön für uns.

Stephan: Digitale Tools erleichtern uns wie auch den Kandidat*innen das Bewerbungsverfahren. So können wir die ersten Gespräche mittlerweile online führen und Bewerber*innen sich ganz entspannt von zu Hause einwählen. Im Zweifelsfall könnte man selbst finale Runden komplett digital durchführen – aus meiner Sicht nicht ideal, aber durchaus machbar.

Tobi: Auch wenn Videocalls für beide Seiten praktisch sind, fehlt etwas. Deshalb sind im Normalfall die finalen Runden bei uns immer mit einem persönlichen Kennenlernen verbunden. Das ist auch für die Kandidat*innen sehr wichtig, um am Ende eine gute Entscheidung treffen zu können.

Fatma: Das Recruiting im Lockdown komplett remote durchzuführen, war neu für mich und zunächst eine große Umgewöhnung. Es hat aber wunderbar geklappt. Auf Gespräche vor Ort möchte auch ich trotzdem nicht komplett verzichten, damit die Kandidat*innen die Möglichkeit haben, die Büros zu sehen und Teams kennenzulernen.


Wie oft kommt es (schätzungsweise) vor, dass du ein Bewerbungsgespräch mittendrin abbrechen willst, weil du merkst, dass es absolut nicht passt? Und wie machst du das dann am charmantesten?

Celine: Am häufigsten kommt das in den ersten Telefoninterviews vor. Wenn Kandidat*innen beispielsweise ihre Motivation nicht benennen können, ist das wenig überzeugend. Bei fachlichen Lücken benenne ich diese und bespreche gemeinsam mit den Kandidat*innen, wie wir fortfahren können. In solchen Fällen empfehle ich, dass wir das Telefonat beenden und in Kontakt bleiben für eine Möglichkeit in der Zukunft

Stephan: Das passiert tatsächlich öfter, als man zuerst vermuten mag. Meistens geben wir den Kandidat*innen aber die Chance, sich noch besser zu präsentieren und mit ihren Erfahrungen zu punkten. Wenn natürlich Sprachbarrieren so groß sind, dass eine Verständigung schwerfällt, kann man das erklären. Die meisten haben dafür Verständnis und sind froh, dass sie sich nicht durch ein Gespräch quälen müssen, in dem sie sich selbst unwohl fühlen

Tobi: Vielleicht so in 20 bis 25 Prozent der ersten Telefonate. Dennoch ist es auch hier wichtig, dem*der Kandidat*in die Möglichkeit zu geben, alle Fragen zu stellen und das Gespräch wertschätzend zu beenden. Man sieht sich immer zweimal im Leben und für eine andere Position oder zu einem späteren Zeitpunkt kann es plötzlich perfekt passen. Deshalb ist es als Unternehmen wichtig, einen guten Eindruck zu hinterlassen und in guter Erinnerung zu bleiben.

Fatma: Nicht so häufig. Aber wenn, dann entscheide ich immer sehr individuell. Die Menschen sind meiner Erfahrung nach auch sehr dankbar für die Offenheit. Natürlich sollte man das nur mit viel Einfühlungsvermögen und klar definierten Gründen tun. Dann ist es für den*die Kandidat*in auch nachvollziehbar.

Vielen Dank an euch Vier für eure ehrlichen Antworten!


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