04.03.2024
Lesedauer: 11 Min.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Status Quo beim Gender-Pay-Gap

Jasmin Berger
Jasmin Berger

Inhalt

  • Geschlechtergerechte Bezahlung
  • Equal Pay Day
  • Bereinigter Gender-Pay-Gap in Osten am größten
  • Gender-Pay-Gap in Sachsen-Anhalt am höchsten
  • Gender-Pay-Gap nach Berufsgruppen
  • Gender-Pay-Gap und Personalverantwortung
  • Mehr Berufserfahrung, höherer Gender-Pay-Gap
  • Gesetz: gleicher Lohn, gleiche Arbeit
  • Gleichberechtigung im Recruiting
  • FAQ
Gehaltsreport 2024

Gehaltsreport 2024

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Noch immer werden Frauen in Deutschland für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt als Männer – über alle Branchen und Berufsgruppen hinweg. “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit”: Davon sind wir also noch weit. Das zeigt auch in diesem Jahr wieder der Stepstone Gehaltsreport. Um ein Bewusstsein für diese Verdienstunterschiede zu schaffen, gibt es seit 2008 den Equal Pay Day: Er markiert symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen ab Jahresbeginn umsonst arbeiten – bei gleichem Stundenlohn im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. Im Jahr 2024 fällt der Equal Pay Day auf den 6. März. Doch wie groß ist der Gender-Pay-Gap aktuell wirklich? Welche Bestrebungen kommen aus der Politik, um in Sachen Gehalt Gleichberechtigung zu schaffen? Von welchen Faktoren wird die Höhe des Gender-Pay-Gaps beeinflusst? Und warum sollten Unternehmen aktiv eine geschlechtergerechte Bezahlung anstreben?

Geschlechtergerechte Bezahlung – Attraktivitätsfaktor im Recruiting

Männer und Frauen gleich bezahlen und mit dem Gehalt transparent umgehen: Was viele Unternehmen noch immer eher als Bürde betrachten, birgt gerade fürs Recruiting eine große Chance. Denn im Zeitalter der Arbeiterlosigkeit wächst die Macht der Arbeitnehmer*innen auf dem Arbeitsmarkt stetig. Frauen wissen ganz genau um ihr Potenzial und werden immer weniger bereit sein, sich unter Wert zu verkaufen. Unternehmen, die sich für geschlechtergerechte Bezahlung einsetzen und mit dem Thema Gehalt transparent umgehen, präsentieren sich vor diesem Hintergrund für Kandidat*innen besonders attraktiv. Und das nicht nur für Frauen: Laut unserer Stepstone Gehaltsbefragung bewerben sich ganze 89 Prozent der Jobsuchenden eher auf eine Stellenanzeige mit Gehaltsangabe.3 Gehaltstransparenz wird damit zum wesentlichen Attraktivitätsfaktor im Kampf um die besten Talente. Der positive Einfluss auf die Reputation und die Mitarbeiterbindung durch geschlechtergerechte Bezahlung ist also nicht zu unterschätzen. Gleiches gilt für wirtschaftliche Effizienz, da sich eine faire Bezahlung auf die Motivation und Produktivität der Angestellten auswirken kann. 

Mit Gehaltsprognosen in Stellenanzeigen gehen wir bei Stepstone seit 2021 einen wichtigen Schritt in Richtung Gehaltstransparenz. Mehr Input dazu gibt es in diesem nicht mehr ganz neuen, aber immer noch lesenswerten Blog-Artikel: „Stellenangebote mit Gehaltsangabe: Zwei Jahre Gehaltsprognosen bei Stepstone“.

Am 6. März ist Equal Pay Day

Bis zum Equal Pay Day arbeiten Frauen jedes Jahr umsonst, wenn man ihren Stundenlohn im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen betrachtet und auf das ganze Jahr hochrechnet. Dies liegt daran, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten, den Hauptanteil an der Care-Arbeit übernehmen und selbst bei gleicher Qualifikation oft weniger verdienen als Männer in derselben Position. Der Equal Pay Day dient dazu, auf diesen Missstand aufmerksam zu machen. Denn Arbeitgeber können viel dazu beitragen, der unfairen Bezahlung entgegenzuwirken. In diesem Jahr fällt der Equal Pay Day auf den 6. März, im vergangenen Jahr war es der 7. März. Eine Verbesserung? Nein, die Verschiebung kommt einzig dadurch zustande, dass 2024 ein Schaltjahr ist.

Gleiches Geld für gleiche Arbeit – das ist noch längst nicht die Realität. Der bereinigte Gender-Pay-Gap liegt aktuell bei -5,5 %. In derselben Position und bei gleicher Qualifikation verdienen Frauen also weniger als Männer.

Piktogramm: Megaphone

Der unbereinigte Gender-Pay-Gap vergleicht den Bruttostundenlohn aller Frauen und Männer miteinander, ohne wichtige Faktoren wie Berufserfahrung, Branche und Qualifikation zu berücksichtigen, wodurch unterschiedliche Positionen miteinander vermischt werden.
Im Gegensatz dazu gibt der bereinigte Gender-Pay-Gap an, wie groß die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen bei gleicher Qualifikation, Verantwortung und Berufsbiografie sind. Er verdeutlicht, wie viel Frauen bei gleicher Position und Qualifikation wie Männer weniger verdienen.

In ostdeutschen Unternehmen ist der bereinigte Gender-Pay-Gap am größten

Das Brutto-Mediangehalt eines Mannes in Westdeutschland beträgt rund 47.250 € im Monat, das einer Frau liegt bei 40.750 €. 

Der bereinigte Gender-Pay-Gap beträgt hier -5,4 % und liegt somit unter dem ostdeutschen Wert von -6,4 %. Männer im Osten verdienen im Median 38.500 €, während weibliche Angestellte 36.000 € verdienen. Dies bedeutet, dass Frauen im Westen im Durchschnitt ein höheres Gehalt erzielen als Männer im Osten.

In Westdeutschland sind mehr Großkonzerne in Branchen ansässig, die von Männern dominiert sind. Der unbereinigte Gender-Pay-Gap ist im Westen tatsächlich auch höher (-13,9 %), während der bereinigte, wie gerade erwähnt, in den neuen Bundesländern höher ist. 

Sachsen-Anhalt weist den höchsten Gender-Pay-Gap auf

In Sachsen-Anhalt beträgt der bereinigte Gender-Pay-Gap -9,1 % und ist damit deutschlandweit am höchsten. Das Saarland, Thüringen und Niedersachsen folgen darauf. Die Bundesländer mit dem niedrigsten bereinigten Gender-Pay-Gap sind Hessen, Berlin, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern.

Der bereinigte Gender-Pay-Gap ist in Sachsen-Anhalt zwar am höchsten, der unbereinigte bildet dort jedoch den zweitniedrigsten Wert. Das bedeutet, dass sich der unbereinigte und der bereinigte Gender-Pay-Gap nicht immer proportional zueinander verhalten.

Insbesondere in Bundesländern mit überdurchschnittlich hohem bereinigtem Gender-Pay-Gap besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass Frauen der Zugang zu höher bezahlten Positionen erschwert wird oder sie anderweitig benachteiligt werden – selbst bei ähnlichen Qualifikationen und Erfahrungen wie denen der Männer.

Infografik mit einem waagerechten Pfeil. Links die drei Bundesländer mit dem höchsten Gender-Pay-Gap (Sachsen-Anhalt, Saarland und Thüringen) und rechts die mit dem niedrigsten Gender-Pay-Gap (Berlin, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern)

In welchen Berufsgruppen fällt der Gender-Pay-Gap am höchsten aus?

Der bereinigte Gender-Pay-Gap ist im Groß- und Einzelhandel am höchsten, dicht gefolgt vom Handwerk, in dem Frauen noch immer stark unterrepräsentiert sind. In Kombination mit dem hohen Gender-Pay-Gap ist das also ein deutliches Signal für Veränderungsbedarf im Handwerk. Der dritthöchste Gender-Pay-Gap tritt im Kundenservice auf.

In fast jeder Berufsgruppe schneiden Frauen beim Medianverdienst schlechter ab als Männer. Auch bei identischer Position und gleicher Berufserfahrung verdienen Frauen weniger als ihre männlichen Kollegen. Lediglich der Logistikbereich stellt eine Ausnahme dar: Hier verdienen Frauen tatsächlich mehr als Männer. Das Brutto-Mediangehalt beläuft sich auf 37.500 € für Männer und 39.000 € für Frauen, bei einem Frauenanteil von nur 18,1 %. Es sei jedoch angemerkt, dass ein Blick auf den bereinigten Gender-Pay-Gap zeigt, dass Männer bei gleicher Position und Qualifikation trotz allem mehr verdienen.

Der größte Frauenanteil von 71,4 % ist übrigens in der Administration, also der Verwaltung, zu finden. Trotzdem weist auch diese Berufsgruppe einen bereinigten Gender-Pay-Gap von -4,8 % auf.

Infografik die den Frauen- und Männeranteil sowie den Gender-Pay-Gap im Kundenservice, dem Groß- und Einzelhandel sowie dem Handwerk anzeigt.

In jeder Berufsgruppe besteht ein negativer bereinigter Gender-Pay-Gap. Bei gleicher Qualifikation und gleicher Position verdienen Frauen also in allen Berufsgruppen weniger als Männer.Je nach Berufserfahrung, Berufsgruppe, Personalverantwortung und (Hochschul)-Abschluss verschiebt sich der Gender-Pay-Gap.

Wie wirkt sich Personalverantwortung auf den Gender-Pay-Gap aus?

Angestellte, die mehr Personalverantwortung bekommen, verdienen auch mehr. Das gilt sowohl für Männer als auch für Frauen. Dennoch sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bemerkenswert.

Frauen, die Verantwortung für ein bis vier Mitarbeiter*innen tragen, verdienen immer noch weniger als Männer ohne jegliche Personalverantwortung. Und auch mit größerer Verantwortung verlagert sich das Problem lediglich: Frauen, die mehr als 50 Mitarbeiter*innen führen, verdienen im Median 52.000 € pro Jahr. Im Vergleich dazu verdienen Männer bereits bei einer Verantwortung für fünf bis 49 Kolleg*innen mehr – nämlich 55.000 €.

Auch ein Blick auf die Gehaltssprünge beleuchtet die Unterschiede: Vergleicht man die Position eines Mannes, in der er Verantwortung für ein bis vier Angestellte hat, mit einer Position mit Verantwortung für fünf bis 49 Angestellte, zeigt sich ein Gehaltsunterschied von 20,9 %. Bei Frauen beträgt dieser Anstieg nur 7,14 %. Hier spielt offensichtlich das Thema Gehaltsverhandlung eine wichtige Rolle – noch immer fällt es Frauen schwerer, mit dem gleichen Selbstbewusstsein in eine Verhandlung zu gehen wie Männer es tun. Im selben Zuge bedeutet das für Arbeitgeber, dass Gehaltstransparenz ein echter Ansatz für faire Löhne sein kann.

Mit steigender Berufserfahrung steigt auch der Gender-Pay-Gap

Männer verdienen mit weniger als einem Jahr Berufserfahrung im Median 39.500 € pro Jahr. Mit steigender Berufserfahrung steigt ihr Einkommen um 25,32 % – so viel mehr verdienen Männer nach über 25 Jahren im Job. Frauen verdienen bei einer Berufserfahrung von weniger als einem Jahr etwa 36.500 €. Bis zu einer Berufserfahrung von mehr als 25 Jahren steigt ihr Einkommen nur um 15,07 %. Männer starten also bereits mit einem höheren Gehalt und erhalten zusätzlich eine schnellere Gehaltssteigerung. Das wirkt sich auf den Gender-Pay-Gap aus. Auch hier spielen eine clevere Gehaltsverhandlung sowie Gehaltstransparenz seitens des Unternehmens eine wichtige Rolle.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist zudem der Abschluss. Personen mit Hochschulabschluss verdienen im Laufe ihrer Karriere mehr als Menschen ohne Hochschulabschluss. Doch auch hier unterscheidet sich die Gehaltsentwicklung je nach Geschlecht: Das Gehalt der Männer sowohl mit als auch ohne Hochschulabschluss entwickelt sich rasanter als das der Frauen.

GehaltssteigerungMit HochschulabschlussOhne Hochschulabschluss
Männer51,7 %24,3 %
Frauen37,9 %18,7 %
Steigung des bereinigten Gender-Pay-Gaps:von -4,3 % auf -6,4 %Von -4,8 % auf -5,9 %

Entwicklung des Gehalts von Männern und Frauen (von Berufserfahrung < 3 Jahren bis hin zu 11 – 25 Jahren)

Gesetz, um gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu gewährleisten

Rechtlich sind Frauen und Männer in Deutschland bereits gleichgestellt. Im gelebten Alltag bestehen jedoch nach wie vor erhebliche Barrieren – darüber ist sich auch die Politik im Klaren. Gleiches Geld für gleiche Arbeit ist noch immer nicht die Realität. Darum hat die Bundesregierung die nationale Gleichstellungsstrategie beschlossen. Auf dieser Grundlage soll bis zum Jahr 2030 eine größtmögliche Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern hergestellt werden. So soll beispielsweise der Unterschied in den durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten auf maximal 10 Prozent reduziert werden. Gleichzeitig setzt sich die Politik für mehr Entgelttransparenz ein: So können Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitenden seit 2018 offiziell Auskunft über die Entgeltstrukturen in ihrem Betrieb verlangen. Weiterhin sind Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten seit 2016 zur Veröffentlichung eines Berichts zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit verpflichtet.2

So nutzen Sie echte Gleichberechtigung für Ihren Recruiting-Erfolg

  • Schaffen Sie Transparenz in Sachen Gehalt
    Machen Sie konkrete Gehaltsangaben schon in der Stellenanzeige und gehen Sie auch im Vorstellungsgespräch mit dem Thema Gehalt offen um. Nach wie vor stellt das Finanzielle eine der wichtigsten Informationen für Kandidat*innen im Bewerbungsprozess dar.
  • Sorgen Sie für eine offene Unternehmenskultur
    Nicht nur Kandidat*innen – auch Ihre Mitarbeitenden wünschen sich Transparenz. Indem Sie sich für eine offene Unternehmenskultur ohne Tabus einsetzen, bauen Sie Vertrauen auf und fördern die Loyalität Ihrer Mitarbeitenden. In einer Stepstone Studie nannte fast jede*r zweite Befragte eine passende Unternehmenskultur als zentralen Attraktivitätsfaktor für einen Arbeitgeber.4
  • Tragen Sie bei zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie
    Bieten Sie schon eine Kinderbetreuung an? Wie flexibel sind Ihre Arbeitsbedingungen wirklich? Egal ob Mann oder Frau: Familienfreundlichkeit und flexible Arbeitszeiten stehen (neben einem guten Gehalt) ganz oben auf der Wunschliste von Kandidat*innen, wenn es um einen neuen Arbeitgeber geht.4
  • Überwinden Sie gedankliche Barrieren
    Die Frau versorgt die Familie? Machen Sie Schluss mit überholten Vorurteilen. Auch immer mehr Männer machen von ihrem Recht auf Elternzeit Gebrauch, pflegen Angehörige oder möchten ihre Stunden reduzieren, um mehr Zeit für das Familienleben zu haben. Wer sich auf individuelle Lebensentwürfe einlässt und – geschlechtsunabhängig – flexible Lösungen anbietet, wird als Arbeitgeber auch in Zukunft punkten.

FAQ – Häufige Fragen zum Thema „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“

Wie kann ich sicherstellen, dass Mitarbeiter*innen für gleiche Arbeit auch gleich bezahlt werden?

Durch die Implementierung transparenter Gehaltsstrukturen sowie durch klare Richtlinien zur Bewertung von Qualifikationen und Leistungen können Unternehmen sicherstellen, dass Mitarbeiter*innen das gleiche Geld für gleiche Arbeit erhalten.

Welche Maßnahmen sind effektiv gegen unterschiedliches Gehalt bei gleicher Tätigkeit?

Effektive Maßnahmen gegen unterschiedliches Gehalt bei gleicher Tätigkeit umfassen die Förderung von Gehaltstransparenz, die Implementierung von Richtlinien zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit sowie die Überprüfung und Anpassung bestehender Vergütungsstrukturen.

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit?

In Deutschland gibt es bereits rechtliche Rahmenbedingungen für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit. Dazu gehören unter anderem das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), Regelungen zur Entgelttransparenz sowie Vorschriften zur Veröffentlichung von Berichten zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit für Unternehmen ab einer bestimmten Größe.


Quellen:
Stepstone Gehaltsreport 2024
² Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung
³ Stepstone Befragung zu Gehältern und Gehaltstransparenz, 2023/2024
Stepstone Studie: „The Silent Resignation“, 2022