Philipp Roos
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Jedes Jahr werden bei den Versicherungsträgern rund 300.000 Verdachtsfälle für Berufskrankheiten gemeldet und über 180.000 Fälle werden schließlich anerkannt. Die Bandbreite reicht hier von Gelenkschäden über Hörprobleme bis hin zu Krebserkrankungen. Wir zeigen dir, wann eine Erkrankung zur Berufskrankheit wird und welche Berufe besonders gefährdet sind.
Viele Berufe haben das Potenzial, dich krank zu machen. Schlechte Arbeitsbedingungen, ein hohes Stresslevel, die Arbeit mit gesundheitsgefährdenden Stoffen, in vielen Bereichen ist die Gesundheit der Arbeitenden berufsbedingt gefährdet. Doch damit eine Krankheit letztlich zur Berufskrankheit wird, müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen vorliegen. Grundlage dafür liefert das Berufskrankheitengesetz, das im Siebten Sozialgesetzbuch zu finden ist.
Demnach ist eine Berufskrankheit zunächst dann eine solche, wenn sie von der Bundesregierung anerkannt wurde und die in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit entstanden ist:
„Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden.“
Darüber hinaus sind folgende Punkte für die Anerkennung als Berufskrankheit wichtig:
Trotz vorhandener Listen und spezifischer Definitionen ist es für Versicherungsträger eine herausfordernde Aufgabe, im Einzelfall genau zu bestimmen, ob nicht auch die genetische Veranlagung, die Lebensumstände oder andere Risikofaktoren aus dem Privatleben zur Erkrankung geführt haben.
Ein Beispiel: Arbeitest du in einer Lackiererei und bekommst Lungenkrebs, kann dieser durch das permanente Einatmen von Lackdämpfen entstanden sein. Rauchst du jedoch und lebst eher ungesund und gab es in deiner Familie bereits Fälle von Lungenkrebs, ist der Zusammenhang zwischen Krebserkrankung und deiner Arbeit nicht mehr eindeutig.
Wird deinem Antrag auf Anerkennung deiner Erkrankung als Berufskrankheit zugestimmt, hast du ein Anrecht auf Leistungen aus dem Sozialgesetzbuch. Diese können sehr umfangreich ausfallen. Sie reichen von bezahlten Umschulungsmaßnahmen über die behindertengerechte Ausstattung deines Arbeitsplatzes bis hin zur Kostenübernahme von speziellen medizinischen Leistungen und einer Berufsunfähigkeitsrente. Diese Leistungen werden alle nach dem Solidaritätsprinzip bezahlt. Alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zahlen in die Sozialversicherungsträger ein. Entsteht ein Leistungsfall, trägt die Solidargemeinschaft deine Kosten. Aus diesem Grund muss im Vorfeld sehr genau geprüft werden, ob es sich tatsächlich um eine Berufskrankheit handelt oder nicht.
Die Bandbreite der anerkannten Berufskrankheiten ist groß. Entsprechend vielfältige sind die Krankheitsbilder, die als Berufskrankheiten anerkannt werden.
Laut Statista waren das 2022 die häufigsten Berufskrankheiten in Deutschland:
Wenn du eine Krankheit als Berufskrankheit anerkennen lassen möchtest, muss sie in der sogenannten Berufskrankheiten-Liste aufgeführt werden. Diese Liste umfasst seit 2021 82 Krankheiten. Welche Krankheiten auf die Liste kommen, entscheidet die jeweilige Bundesregierung. Sie wird dabei vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat „Berufskrankheiten“ beraten. Das Gremium ist im Bundesministerium für Arbeit und Soziales angesiedelt.
Leidet eine betroffene Person an einer Krankheit, die nicht auf der sogenannten BK-Liste steht, gibt es dennoch eine Möglichkeit, diese Erkrankung als Berufskrankheit anerkennen zu lassen. In diesem Fall handelt es sich dann um eine sogenannte „wie eine Berufskrankheit“ („wie-BK“). Während die Definition der knapp 80 anerkannten Berufskrankheiten sehr streng ist, werden für die Anerkennung noch weitere Belege benötigt. So muss es u.a. neue wissenschaftliche Erkenntnisse über den Zusammenhang der Erkrankung und der Arbeit geben. Ein bloßer zeitlicher Zusammenhang zwischen Arbeit und Erkrankung reicht nicht aus. Dadurch haben es u.a. auch Volkskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Beschwerden im Muskel- und Skelettbereich (z.B. chronische Verspannungen) schwer, als Berufskrankheit anerkannt zu werden.
Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder ein Burnout werden nicht anerkannt. Und das, obwohl sie zu den häufigsten Gründen für längere Krankmeldungen und hohe Krankenstände sorgen.
Eine Berufskrankheit ist meist eine chronisch verlaufende Erkrankung, die sich schon lange vorher ankündigt. Durch Prävention und geeignete Schutzmaßnahmen lassen sich viele Krankheitsfälle vermeiden. Ein konsequenter Arbeitsschutz sowie ein gesunder Lebensstil können dich resilienter gegenüber Berufskrankheiten machen. Was noch hilft:
Nimm auch die Angebote deines Arbeitgebers für die betriebliche Gesundheitsfürsorge wahr und fordere deine Rechte an der geeigneten Stelle ein. Das kann z.B. das Recht auf einen ergonomischen Bürostuhl oder auf geeignete Arbeitsschuhe sein.
Es gibt viele Berufe, in welchen die Gesundheitsgefahr höher ist als bei anderen. Hier eine Liste ohne Gewähr, die auf Krankmeldungs-Daten einer TKK-Studie beruht.
Ob deine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wird, ist streng geregelt. Damit es überhaupt nicht dazu kommt, solltest du in jedem Beruf auf deine Gesundheit achten, um nicht krank zu werden. Sorge am besten für einen Ausgleich in der Freizeit und achte beim Arbeiten penibel auf den erforderlichen Schutz. Arbeiten schützt übrigens auch vor langwierigen Erkrankungen. Laut Erhebung der TKK waren arbeitslose Menschen mit durchschnittlich 28,6 Tagen noch häufiger krank als Menschen in Lohn und Brot.
Gibt es einen Verdacht auf eine Berufskrankheit, müssen Betriebsärzt*innen diese der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse melden. Du kannst das auch selbst tun, wenn du betroffen bisst.
Die Prüfung, ob eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wird, kann sehr lange dauern. Schließlich müssen eindeutige Belege gefunden werden, die einen eindeutigen Zusammenhang zwischen deiner Tätigkeit und der Erkrankung herstellen. Für die Begutachtung werden medizinische Fachleute der Berufsgenossenschaften oder Unfallversicherungen konsultiert.
Wird bei dir eine Berufskrankheit diagnostiziert und anerkannt, stehen dir Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch zu. Dazu zählen eine Berufsunfähigkeitsrente oder die Kostenübernahme für spezielle Behandlungen sowie Zuschüsse zu Umschulungsmaßnahmen oder den Umbau deines Arbeitsplatzes. Auch psychologische Hilfen können von den Sozialversicherungsträgern übernommen werden.
Besonders schwere Berufskrankheiten wie z.B. eine Krebserkrankung musst du sofort beim zuständigen Träger oder bei der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Person melden. Die Meldung kann per Fax, Telefon oder Mail erfolgen.
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