Natalia Sadovnik
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Sport hält gesund, macht weniger gestresst – und fördert sogar die Karriere, sagt Dr. Pedro González. Der Sportwissenschaftler hat bereits DFB-Fußballer*innen trainiert und Trainingsprogramme für verschiedene Unternehmen entwickelt, die ihre Mitarbeiter*innen fit halten möchten. Er verrät, wie viel Bewegung wir brauchen und wie wir sie in unseren beruflichen Alltag integrieren können.
Ist Sport gut für meine Karriere?
Ja, auf jeden Fall. Egal um welchen Beruf es geht; du kannst nur erfolgreich sein, wenn du gesund und belastbar bist. Sport fördert beides. Sport erhöht zudem deine Endorphin-Produktion: Studien zeigen, dass das deine Kreativität steigert. Ich kenne viele Führungskräfte, die gezielt Menschen einstellen, die aus dem Teamsport kommen.
Tatsächlich?
Na klar. Als Chef würde ich auch immer Menschen einstellen, die Sport treiben. Teamsport fördert Empathie – das Wort Teamgeist kommt ja aus dem Sport. Und Leistungssport hat gewisse Parallelen zu einer Managerkarriere: Wer kontinuierlich daran arbeitet, die eigene Marathonzeit zu verbessern, mehr Gewichte zu heben oder längere Strecken zu laufen, hat eine ganz andere Motivation. Das prägt die Persönlichkeit.
Senkt Sport nicht auch unseren Stresspegel?
Richtig. Der enorm hohe Stresspegel in unserer Gesellschaft kommt zu 90 % aus der Arbeitswelt. Oft hört der Stress nie auf – ein Quartalsziel erreicht, schon kommt das nächste. Stressreaktionen haben ja evolutionär gesehen einen Sinn – nämlich den, dein Überleben zu sichern. Du siehst einen Säbelzahntiger, dein Körper produziert Stresshormone, du läufst weg.
So haben Steinzeitmenschen die Stresshormone wieder abgebaut: Sie rannten dem Tiger davon. Das hilft auch heute. Gerade in der Prävention wird Sport eingesetzt, damit berufsbedingte Stresserkrankungen gar nicht erst aufkommen.
Für unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit ist das viele Sitzen vor Bildschirmen vermutlich nicht so gut?
Es gibt ja diesen Spruch: Sitzen ist das neue Rauchen. Wir sind Bewegungstiere. Noch vor hundert Jahren sind wir zwanzig Kilometer am Tag durchs Feld gelaufen. Heute fängt der Bewegungsmangel schon in der Schule an. Als Erwachsene merken wir oft gar nicht mehr, dass das nichts mit dem Naturell des Menschen zu tun hat. Sitzen ist nicht gesund für unsere Wirbelsäule, das merken wir spätestens, wenn wir Rückenschmerzen bekommen. Unsere Organe werden nicht genug durchblutet, das Herz ist unterfordert, die Muskeln verkürzen sich – die langfristigen Folgen sind katastrophal, für den Körper und den Geist.
Könnten Stehtische eine Lösung sein?
Ja, aber die Abwechslung zwischen Sitzen und Stehen ist wichtig. Man muss in Bewegung bleiben. Viele PC-Tätigkeiten lassen sich auch auf einem Rad-Ergometer machen. Bei Videokonferenzen oder wenn wir Kund*innen anrufen, müssen wir nicht zwingend am Schreibtisch sitzen – wir könnten auch mit einem Headset im Park spazieren.
Wie viel Bewegung brauchen wir denn, um die Büroarbeit auszugleichen?
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt ca. 3,5 Stunden Bewegung pro Woche. Viele Studien zeigen, dass etwa 10.000 Schritte am Tag dazu beitragen, dass die Herz-Kreislauf-Funktion nicht abbaut. Das sind etwa 6 bis 8 Kilometer täglich. Man muss auch nicht joggen – gehen reicht schon.
Welche Art von Bewegung würde uns sonst noch guttun?
Es kommt natürlich darauf an: Haben wir es mit Handwerker*innen zu tun, die schwer heben müssen, aber sonst genug Bewegung bekommen? Oder zum Beispiel mit IT-Mitarbeiter*innen oder Bankangestellten, die sich zu wenig bewegen und vielleicht zu Übergewicht neigen? Die gesündesten Sportarten mit dem geringsten Verletzungsrisiko sind Walken, Nordic Walking, Schwimmen, Radfahren. Das geht auch mit Vorerkrankungen und Übergewicht. Auch Krafttraining ist wichtig, um Muskelschwund entgegenzuwirken.
Viele Menschen haben keine Zeit für Sport – was sagst du dazu?
Die Woche hat 168 Stunden. 3,5 Stunden Sport in der Woche sind rund 2 % deiner Zeit. Keine Zeit für Sport ist einfach Blödsinn. Das muss ja nicht am Stück sein. Gerade im Krafttraining lässt sich das gut verteilen: An einem Tag die Schultern trainieren, an einem anderen den Bauch. Im Ausdauerbereich reichen schon 20 – 30 Minuten.
Welche Möglichkeiten gibt es noch, mehr Sport in den beruflichen Alltag zu integrieren?
Viele Unternehmen haben inzwischen verstanden: Wenn meine Mitarbeiter*innen Jahre oder Jahrzehnte lang etwas leisten sollen, dann muss ich auch etwas für ihre Leistungsfähigkeit tun. Es gibt Firmen, die sportliche Betätigung prämieren oder Bonusprogramme anbieten. Wenn du zum Beispiel mit Kolleg*innen einmal die Woche laufen gehst, bekommst du einen halben Tag frei. Manche Unternehmen haben die bewegte Mittagspause eingeführt oder holen ein, zwei Mal die Woche Personal Trainer*innen ins Haus. Für viele Firmen gehört es auch zum guten Ton, an einem Marathon für wohltätige Zwecke teilzunehmen.
Und wenn mein Unternehmen nichts dergleichen anbietet?
Dann muss man eben in der Mittagspause oder nach Feierabend aktiv werden. Auch der Arbeitsweg lässt sich dafür gut nutzen. Wer vom Auto aufs Fahrrad umsteigen möchte, kann über Steuerentlastungen ein Jobrad oder auch ein E-Bike bezuschussen lassen – ca. 50 % der Kosten bezahlen der Arbeitgeber und der Staat.
Bin ich über den Arbeitgeber versichert, wenn ich mich bei Bewegungsübungen verletze?
Natürlich. Alles, was im Betrieb passiert, ist auf jeden Fall abgedeckt. In Deutschland greift aber auch die ganz normale gesetzliche Krankenversicherung: Solange du nicht Bungee-Jumping oder so etwas machst, bist du gegen alle Sportverletzungen versichert und bekommst im Fall der Fälle Physiotherapie oder Operationen. Im Home-Office gilt das genauso, ob du gesetzlich oder privat versichert bist. Angst vor Verletzungen ist also absolut kein Grund – es steht wirklich nichts im Weg!
Bewegung ist sein Leben: Dr. Pedro González ist promovierter Sportwissenschaftler, aktiver Ironman-Triathlet und Fitnessexperte für Betriebliches Gesundheitsmanagement. Seit mehr als 30 Jahren ist er zudem Athletiktrainer im Profisport: Unter anderem hat er Fußballer*innen der 1. und 2. Bundesliga des FC St. Pauli, die DFB U21-Nationalmannschaft und ein Radteam der Tour de France trainiert. In Vorträgen und Workshops motiviert er Menschen zu mehr Bewegung – aber auch zu mehr Erholung und Spaß im Leben.
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