21.06.2022
Lesedauer: 10 Min.

Camille Delorme

Autor - Camille Delorme

Sebastian Dettmers Buch „Die große Arbeiterlosigkeit“

Inhalt

  • Der Begriff Arbeiterlosigkeit
  • Arbeiterlosigkeit und Wohlstand
  • Lösungsansätze 
  • FAQ

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Die Bevölkerungsentwicklung kannte über Jahrhunderte nur eine Richtung: Wachstum. Doch nun zeichnet sich eine Trendwende ab: Die Bevölkerung wird schrumpfen. In Deutschland, in Europa und bald auf der ganzen Welt. Sinkt mit ihr auch unser Wohlstand? Droht uns eine jahrzehntelange Rezession, gar ein Jahrhundert des Rückschritts? „Mister Arbeitsmarkt“ (Business Insider) Sebastian Dettmers, CEO von The Stepstone Group, zeigt, wie ernst die Krise ist, die unserer Gesellschaft durch die Arbeiterlosigkeit bevorsteht. 

Er macht aber auch klar: Wir haben es in der Hand, unsere Zukunft zu gestalten. Sein Buch enthält zahlreiche Lösungsvorschläge und beantwortet die wichtigsten Fragen. Wie können wir durch qualifizierte Migration, neue Bildungskonzepte, mehr Geschlechtergerechtigkeit oder sinnvolles Automatisieren von Arbeitsprozessen den Arbeitsmarkt völlig neu denken? Im Folgenden zeigen wir einige seiner Impulse für eine Revolution von Wirtschaft und Arbeit und für das Meistern der Krise auf.

Der Begriff Arbeiterlosigkeit und wie es dazu kommt 

Stepstone Geschäftsführer Sebastian Dettmers beschreibt unter dem Begriff “Arbeiterlosigkeit” prägnant und eindrucksvoll eines der größten Probleme unseres Arbeitsmarkts. Denn in Zukunft wird nicht Arbeitslosigkeit das vorherrschende Thema in den Industrieländern sein. Bereits seit Jahren leidet unser Arbeitsmarkt unter einem immer größeren Fachkräftemangel, wenn nicht gar unter einer Fachkräftekrise. 

Porträt: Dr. Sebastian Dettmers
Anführungszeichen

Arbeiterlosigkeit heißt, dass die wichtigste Ressource der Wirtschaft knapp wird: der Mensch.

Sebastian Dettmers, CEO von The Stepstone Group

Anführungszeichen

Bereits in der Vergangenheit, in der die Erwerbsbevölkerung in Deutschland weitergewachsen ist, fehlten Ärzt*innen, Lehrer*innen und IT-Fachkräfte. Mindestens genauso herausfordernd ist die massive Arbeitskräftelücke für Fachberufe, für die kein Abitur notwendig ist. Dies gilt insbesondere für die „deskless workforce.“ Zwar hat die Coronakrise das Problem noch verschärft, doch neu ist es keineswegs: Ob Handwerker*innen, Pflegekräfte, Sozialpädagog*innen oder in der Industrie: Deutschlandweit werden 1,2 Millionen Fachkräfte gesucht.

Wenn in den nächsten Jahren mit den Baby-Boomern die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, verschärft sich das Problem noch weiter und gefährdet den Arbeitsmarkt der Zukunft. Es wird zu viele offene Stellen für zu wenige Erwerbstätige geben. Reisechaos, Pflegenotstand, geschlossene Restaurants, Schwimmbäder und vieles mehr könnten zum neuen Normalzustand werden – einfach, weil der wichtigste Treiber von Wachstum und Wohlstand zur Neige geht: der Mensch. 

Diagramm, dass die Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland bis 2030 zeigt.
Abbildung 1: Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland bis 2030

Warum bedroht Arbeiterlosigkeit unseren Wohlstand?

Sebastian Dettmers ist sich sicher: In Zukunft stellt Arbeiterlosigkeit die größte Herausforderung für unsere Wirtschaft dar, was eine gewaltige Gefahr für unseren Wohlstand bedeutet. Denn das Erwerbspersonenpotenzial sinkt dramatisch. Doch wie hängen Wohlstand, Produktivität, Wachstum und Arbeiterlosigkeit zusammen? Und warum ist eine stagnierende oder sinkende Produktivität ein nicht zu unterschätzendes Wachstumsrisiko

Diagramm, das die Wachstumsprognose des IWF für 2024 zeigt. Deutschland ist das letzte Land im Ranking mit einem vorgesehenen Wachstum von 0.2 %. Indien ist das erste Land mit einem Wachstum von 6,8 %.
Abbildung: IWF Wachsumsprognose 2024

Wohlstand setzt stetiges Wachstum voraus. Die entscheidende Triebfeder für steigenden Wohlstand ist die Produktivität. Deutschland glänzte früher mit einer hohen Arbeitsproduktivität. Doch trotz enormer Fortschritte bei den digitalen Technologien liegen die Wachstumsraten in Deutschland weit unter denen etwa der 1960er Jahre. Eine gemeinsame Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Stepstone, New Work SE und Kienbaum macht es deutlich: Es braucht „deutlich höhere Produktivitätsfortschritte als in den vergangenen 15 Jahren“, um unseren Wohlstand zu halten. Eine Kombination aus verschiedenen Faktoren, wie eine immer noch schleppende Digitalisierung und Automatisierung, eine zu geringe Dynamik bei Unternehmensgründungen und ein riesiger Niedriglohnsektor tragen zum lahmenden Fortschritt bei. 

Grund für die niedrigere Produktivität ist außerdem die sinkende Erwerbsbevölkerung und der damit einhergehenden Fachkräftemangel. Jetzt, wo die Bevölkerung weiter schrumpft, wird allein Deutschland bis zum Jahr 2030 schätzungsweise fast 4 Millionen Arbeitnehmende verlieren. Eine schrumpfende Erdbevölkerung und stagnierende Produktivität ist besonders für ein Einwanderungsland wie Deutschland gefährlich. Es braucht dringend einen Produktivitätsschub, um unsere Wettbewerbsfähigkeit wieder zu steigern. 

Porträt: Dr. Sebastian Dettmers
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Auf dem Arbeitsmarkt bricht eine neue Ära an. Neben der Klimakrise ist die drohende Arbeiterlosigkeit die größte wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderung des 21. Jahrhunderts.

Sebastian Dettmers, CEO von The Stepstone Group

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Lösungsansätze, um die Arbeiterlosigkeit zu bekämpfen und die Produktivität zu erhöhen 

In seinem Buch legt Sebastian Dettmers den Finger in die Wunde und zeigt, wie ernst die Lage ist. Nicht nur für Deutschland, sondern für die Weltwirtschaft. Doch Dettmers zeigt auch Lösungsvorschläge auf. Denn wir haben es in der Hand, unsere Zukunft so zu gestalten, dass wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen. Doch dafür braucht es nicht weniger als eine Revolution von Wirtschaft und Arbeit, neue Bildungskonzepte und mehr Geschlechtergerechtigkeit. 

Im Folgenden stellen wir Ihnen Lösungsansätze aus Sebastian Dettmers Buch vor, die er Unternehmen vorschlägt, um den Strukturwandel zu begegnen und die Krise zu meistern.

Stepstone Snackbar – Der Arbeitsmarkt-Podcast

In dieser Folge blicken wir ganz exklusiv hinter die Kulissen des Buchs “Die große Arbeiterlosigkeit” von Stepstone CEO Sebastian Dettmers: Wie kam die Idee zum Buch auf? Warum gerade jetzt ein Buch über die Arbeiterlosigkeit? Wir erfahren, was hinter der Wortneuschöpfung steckt, was Sebastian mit dem German Traum meint und wie wir den Wohlstand retten können.

Neue Mitarbeitende anwerben durch attraktive Leistungen

Unternehmen und Mitarbeitende müssen perfekt matchen. Es wird immer wichtiger, dass Arbeitnehmende nicht irgendeinen Job finden – sondern den richtigen Job. Um passende Kandidat*innen für sich zu gewinnen, ist es für Unternehmen erforderlich, ihren Bewerbungsprozess zu optimieren und Beschäftigungsanreize zu schaffen. Sie müssen schneller auf Personalbedarfe reagieren, mehr in die Arbeitgebermarke investieren und die Digitalisierungbei der Personalgewinnung vorantreiben. Flexible Homeoffice-Regelungen, Diversity, Nachhaltigkeit oder eine offene Gehaltskommunikation sind die Trend-Themen des Arbeitsmarkts, auf die Unternehmen achten müssen. 

Bestehende Mitarbeitende zufriedenstellen und fördern 

Der Fachkräftemangel zwingt die Unternehmen dazu, nicht nur neue Mitarbeitende zu gewinnen, sondern vor allem bestehende zu halten. Eine Studie des Beratungsunternehmens Gallup ergab, dass 71 % der Arbeitnehmende Dienst nach Vorschrift machen und 14 % bereits innerlich gekündigt haben. Umgerechnet gut 15 Millionen Arbeitnehmende denken mehrmals pro Woche an einen Jobwechsel. Wichtiger noch als die akute Wechselbereitschaft ist die passive Offenheit für einen Wechsel. Immer mehr Menschen sind bereit zu wechseln, auch wenn sie selbst noch nicht aktiv suchen.  

Die Arbeitsgewohnheiten haben sich – auch beschleunigt durch die Pandemie – geändert. Unternehmen, die neben den attraktiven Mitarbeiterbenefits das eigenverantwortliche Arbeiten und Entscheiden ihrer Mitarbeiter*innen fördern, tragen in einem hohen Maße zu ihrer Zufriedenheit bei. Außerdem: Nur in einem Job, in dem Arbeitnehmende mit Leidenschaft etwas bewegen und ihre Talente optimal entfalten, tragen sie zur Produktivität des Unternehmens bei. Wir können es uns nicht leisten, wenn Menschen ihre Kompetenzen in ihrem aktuellen Job nicht zufriedenstellend einsetzen.

Das Arbeitskräftepotenzial voll ausschöpfen

Die große internationale Stepstone Studie „The Great Unemployeement” zeigt, dass sich die Mehrheit der Menschen in China, Deutschland, der UK und den USA der kommenden Arbeiterlosigkeit nicht bewusst ist. Sie zeigt außerdem, dass die Menschen offen sind, an Lösungen zu arbeiten, um den globalen Arbeitsmarkt besser zu machen. 

Nur gemeinsam und indem wir alle Potenziale aktivieren, werden wir unseren Wohlstand erhalten. Neue Arbeitsmodelle mit divers zusammengesetzten Teams – z. B. im Hinblick auf Geschlecht, Alter oder Herkunft – arbeiten deutlich innovativer und anpassungsfähiger. Wir brauchen jede Arbeits- und Führungskraft. Es ist also kein Platz mehr für die Benachteiligung von Frauen, für Diskriminierung, für Chancenungleichheit.  

Qualifizierte Einwanderer anwerben und integrieren

Diagramm, dass der zunehmende Zuwanderungsbedarf von Deutschland zeigt, um die Arbeiterlosigkeit zu bekämpfen. Bis 2030 / 2035 schätzen Experten, dass die Einwanderung von über 700.000 Fachkräften aus dem Ausland pro Jahr gebraucht werden.
Abbildung: Deutschland wird bis 2030 / 2035 ein jährlicher Zuwanderungsbedarf von über 700.000 Fachkräften aus dem Ausland haben, um die zunehmende Arbeiterlosigkeit zu bekämpfen.

Wir brauchen auch ausländische Arbeitskräfte, um unseren Wohlstand zu sichern. Viele Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten allerdings unter ihrem Leistungsniveau. Sie übernehmen schlecht bezahlte Aushilfsarbeiten, für die sie überqualifiziert sind. Deutschland muss es gelingen, gezielt gute qualifizierte Fachkräfte anzuwerben. 

Ein weiteres Problem: Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Menschen, die mit hoher Qualifikation oder sogar einem Hochschulabschluss aus ihrem Herkunftsland zu uns kommen, werden hier enorme Hürden in den Weg gelegt. Die Folge: Aus einer qualifizierten Fachkraft wird ein vermeintlich unqualifizierter Hilfsarbeiter. 

Eine Gruppe von fünf Kollegen aus verschiedenen Ethnien geht über eine Brücke in einer Großstadt mit Gebäuden im Hintergrund

Lesetipp

Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren: Der ultimative Leitfaden zur internationalen Rekrutierung für Unternehmen

An den USA als Vorbild orientieren

Länder wie die USA oder Kanada sind nach wie vor Traumziele von Generationen von Einwanderern. Aus gutem Grund ist die Einwanderung qualifizierter Fachkräfte ein fester Bestandteil der Wachstumsstrategie der USA. Und die USA setzt weiter auf eine gute Erwerbsintegration. Höchstwahrscheinlich werden die USA zu den wenigen Industriestaaten zählen, die nicht mit einer schrumpfenden Bevölkerung kämpfen müssen. 

Aktiv um Erwerbsmigrant*innen bemühen

Die Arbeitsmarktintegration und die Startchancen für Migrant*innen müssen verbessert, bestehende Barrieren abgebaut werden. Unternehmen können sich entscheidende Vorteile sichern, indem sie… 

  • geeignete Kandidat*innen aktiv ansprechen: Welche Arbeitskraft eignet sich für welchen Job? Welches Unternehmen matcht mit welchen Kandidaten? 
  • die Sprachbarriere überwinden, zum Beispiel durch mehrsprachige Anzeigen, gezielte Trainings und Mentorings, 
  • lokale Diasporas und bestehende Communities im Unternehmen aktiv nutzen und in die Ansprache mit einbeziehen, 
  • Kinderbetreuung anbieten, 
  • bei der Integration helfen, zum Beispiel durch eine systematische Unterstützung bei der Relocation, wie Behördengängen, der Wohnungssuche uvm., 
  • den Menschen auf Augenhöhe begegnen, ihre individuellen Erfahrungen und Bedürfnisse reflektieren und darauf empathisch reagieren. Und gleichzeitig ihre Potenziale voll zur Entfaltung kommen lassen und sie nicht unter Wert einkaufen.

FAQ – Häufig gestellte Fragen über die Arbeiterlosigkeit

Was versteht man unter dem Begriff ‘Arbeiterlosigkeit’? 

Arbeiterlosigkeit beschreibt die zunehmende Knappheit an Arbeitskräften aufgrund demografischer Veränderungen und sinkender Geburtenraten. Sebastian Dettmers erklärt in seinem Buch, dass diese Entwicklung zu massiven Fachkräfteengpässen führt, die das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand bedrohen. 

Wie kann die Arbeiterlosigkeit unseren Wohlstand gefährden?

Laut Sebastian Dettmers gefährdet die Arbeiterlosigkeit den Wohlstand, indem sie das Erwerbspersonenpotenzial und die Produktivität senkt. Eine stagnierende oder sinkende Produktivität kombiniert mit einem Mangel an Arbeitskräften führt zu geringeren Wachstumsraten und wirtschaftlichen Rückschritten.

Welche Lösungsansätze gibt Sebastian Dettmers gegen die Arbeiterlosigkeit?

In seinem Buch schlägt Sebastian Dettmers verschiedene Maßnahmen vor, um der Arbeiterlosigkeit entgegenzuwirken. Dazu gehören qualifizierte Migration, neue Bildungskonzepte, mehr Geschlechtergerechtigkeit, das Automatisieren von Arbeitsprozessen und die Förderung einer inklusiven Arbeitskultur, die das volle Potenzial aller Arbeitskräfte nutzt. 


Quellen:

1 Bertelsmann-Studie: „Zuwanderung und Digitalisierung: Wie viel Migration aus Drittstaaten benötigt der deutsche Arbeitsmarkt künftig?”, 2019
2 Detlef Scheele (bis 31.07.2022 Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit) im Handelsblatt, Artikel von Frank Specht zum Fachkräftemangel, 19.11.2021

3 Sebastian Dettmers (CEO Stepstone) in: Die große Arbeiterlosigkeit, 2022