In Zukunft flexibel: Warum hybride Modelle die Arbeitswelt prägen werden

Der Lockdown hat den Prozess der Flexibilisierung beschleunigt – ein Zurück in die alte Arbeitswelt wird es nicht geben. Welche Erfahrungen haben Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen in den vergangenen Monaten gemacht und wie blicken sie in die Zukunft?
Decoding Global Ways of Working: Wie flexibel arbeitet die Welt?Laden Sie unsere internationale Vergleichsstudie Studie herunter!
In vielen Bürogebäuden ist es still geworden. Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsalltag grundlegend verändert. Fast jede*r Zweite sitzt vorwiegend zuhause am Schreibtisch und geht allenfalls an wenigen Tagen pro Woche ins Büro. Welche Erkenntnisse haben Arbeitnehmer*innen und Unternehmen aus den Erfahrungen mit flexibilisierter Arbeit gezogen, die sie im Lockdown gesammelt haben? Eine Stepstone Studie mit 28.000 Teilnehmer*innen – darunter auch rund 2000 Recruiter*innen und Manager*innen – ergab: Für die Zukunft wünschen sich die Menschen Flexibilität. Nur wenige möchten ausschließlich im Homeoffice tätig sein; über 80 Prozent wollen selbstständig(er) zwischen Büro und Homeoffice wählen und Arbeitsbeginn wie Arbeitsende freier bestimmen. Dies sind Entwicklungen, die nicht nur auf Deutschland begrenzt sind, wie die große Decoding Global Ways of Working Studie von Stepstone, der Boston Consulting Group (BCG) und The Network zeigt. Von A wie Austria (Österreich) bis Z wie Zambia wünscht sich eine Mehrheit der Menschen hybride Formen der Arbeitsgestaltung.

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Argumente pro und contra Homeoffice halten sich die Waage

In der Krise müssen viele Menschen von zu Hause aus arbeiten. Welche Gründe sprechen aus ihrer Sicht dafür, das in Zukunft fortzusetzen? Der größte Vorteil remote zu arbeiten, liegt für die Studienteilnehmer*innen darin, dass das Pendeln zum Arbeitsplatz wegfällt. Drei der vier am meisten genannten Gründe, die für die Arbeit von Zuhause aus sprechen, betreffen den Arbeitsweg:

  • geringerer Zeitaufwand (74%)
  • weniger Umweltbelastung (51%)
  • niedrigere Kosten (50%)

Aktuell besonders wichtig: Der Schutz der eigenen Gesundheit vor dem Corona-Virus ist für die Befragten ein entscheidendes Argument für  (56% der Befragten). Weitere Gründe für das Homeoffice sind:

  • weniger Stress (43%)
  • bessere Konzentration (41%)
  • höhere Produktivität (39%)

Umgekehrt gibt es aber auch starke Argumente, die aus Sicht der Arbeitnehmer*innen gegen das Homeoffice sprechen. Zwei von drei bedauern die fehlende soziale Interaktion mit ihren Kolleg*innen. Jede*r Zweite beklagt, dass die klare Trennung von Arbeits- und Privatleben verloren geht.

 

Flexibilität zählt auch global: Kein weder noch, sondern sowohl als auch

Pro und Contra Homeoffice sind also gut ausgewogen. Dementsprechend ausgeprägt ist der Wunsch der Studienteilnehmer*innen, das Beste aus beiden Welten zu vereinbaren. Nur 4% der Befragten wollen grundsätzlich immer, nur 5% wollen grundsätzlich nie ins Homeoffice. Alle anderen setzen auf Flexibilität.

Dies sind Ergebnisse, die durch die globale Studie von Stepstone, BCG und The Network bestätigt werden. 89% – also neun von zehn Befragten – wollen zumindest teilweise remote arbeiten*. Nur gut jeder Zehnte würde von sich aus auf die Flexibilität verzichten, mindestens an einem Tag in der Arbeitswoche den Arbeitsort selbst wählen zu können. Demgegenüber wünscht sich jeder vierte Befragte alle fünf Arbeitstage von zu Hause arbeiten zu können. Dass ist eine beträchtliche Anzahl, die das Potenzial einer globalen, dezentral remote tätigen Arbeitnehmerschaft noch einmal belegt – welches bereits in Teil 1 der globalen Gemeinschaftsstudie deutlich wurde.

*In den zwei Befragungen wurden unterschiedliche Fragestellungen verwendet, weshalb die Ergebnisse nicht in Widerspruch zueinander stehen.

Wunsch und Realität nach Berufsgruppen

Im Rahmen ihrer internationalen Studie haben Stepstone, BCG und The Network untersucht, in wie weit der Wunsch nach flexiblem Arbeiten zwischen einzelnen Berufsgruppen differiert – und wie die Realität aussieht. Die weltweiten Ergebnisse sind zum Teil überraschend.

Die Ergebnisse wurden im Dezember 2020 erhoben und können daher nur im Kontext der Covid-19-Pandemie interpretiert werden. Gut 69 Prozent der Befragten haben laut eigenen Angaben vor der Pandemie vollständig im Betrieb oder Büro gearbeitet. Seit der Pandemie dagegen, ist etwas über die Hälfte der befragten Berufstätigen mindestens an einem von fünf Werktagen remote tätig. Dies wird dem Wunsch nach Flexibilität allerdings noch nicht gerecht.

Alle befragten Berufsgruppen wünschen sich mit deutlicher Mehrheit mindestens teilweise remote arbeiten zu können. Zwar ist der Wunsch in typischen Wissensberufen, wie zum Beispiel IT und Technologie (95%) oder Marketing und Kommunikation (95%) am stärksten verbreitet, aber auch Handwerker (70%) und Angestellte in Gesundheitsberufen (79%) wünschen sich die Möglichkeit zeitweise flexibel den Arbeitsort wählen zu können.

 

Deutliche Unterschiede in der Umsetzung

Während sich die Menschen über die Berufsgruppen hinweg – zumindest in Pandemie-Zeiten – in höherem Maße einig sind als dies vielleicht erwartbar war, gehen die realen Möglichkeiten weit deutlicher auseinander. In den Wissensberufen sind weltweit über 60 Prozent der Menschen zum Teil flexibel in Sachen Arbeitsort. An der Spitze stehen die Beschäftigten in IT-Technologieberufen (77%), vor Experten in Sachen Digitalisierung und Analytics (75%) und Berater*innen (74%). Nimmt der Anteil derjenigen, die ihren Arbeitsort flexibler wählen können, schon zu den traditionellen Bürojobs (z. B. Vertrieb, 53%, Administration, 45%) hin ab, kann nur eine Minderheit der Beschäftigten in physischen oder sozialen Berufen zumindest zeitweise von zu Hause aus arbeiten.

 

Arbeitnehmer*innen möchten mehr Flexibilität bei Arbeitszeit und -ort

Aus Arbeitnehmer*innensicht* gibt es zwei Argumentationslinien für mehr Flexibilität. Erstens identifizieren sich die Menschen mit ihrer Arbeit und ihren Ergebnissen. Größere Flexibilität ermöglicht es ihnen, ihren Arbeitsalltag so zu strukturieren, sodass sie am effizientesten arbeiten können. Zweitens steht für viele Menschen im Vordergrund, wie sie im Alltag Berufs- und Privatleben miteinander vereinbaren können.

Optimal fänden es die meisten der Befragten, wenn sie selbst bestimmen könnten, wo und zu welchen Zeiten sie arbeiten:

  • 47% würden gern grundsätzlich frei entscheiden, ob sie im Homeoffice tätig sind oder ins Büro gehen.
  • 36% möchten eine fest vereinbarte Zahl von Homeoffice-Tagen, die sie jeweils nach ihren Bedürfnissen in Anspruch nehmen können.

Das heißt: Insgesamt wünschen sich gut vier von fünf der Studienteilnehmer*innen flexible Konzepte für ihren Arbeitsplatz.

*Die ab hier dargestellten Zahlen beziehen sich ausschließlich auf die Stepstone Studie mit Blick auf den deutschen Arbeitsmarkt.

Flexible Arbeitszeiten sind mitentscheidend für die Stellenauswahl

Der Wunsch nach mehr Flexibilität wird zunehmend zum Spielentscheider bei der Jobsuche. Für zwei Drittel der Befragten sind – neben Gehalt und Jobsicherheit – flexible Arbeitszeiten mitentscheidend.

Dicht darauf folgen drei weitere Gruppen von Anforderungen, die Stellensuchende an den künftigen Arbeitsplatz stellen:

  • Flexibles Arbeiten (mit Homeoffice-Phasen) sowie Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit (jeweils etwa 55%)
  • Sinnhaftigkeit der Arbeit und spannende Aufgaben (58% bzw. 54%)
  • Weiterbildung und Karrieremöglichkeiten (für jede*n Zweite*n relevant)

Weitaus weniger wichtig ist es, ob das Unternehmen einen bekannten Namen hat. Darauf legt noch nicht einmal jede*r zehnte Befragte Wert. Auch kleine, eher unbekannte Unternehmen können also mit einem entsprechend guten Arbeitsmodell bei Stellensuchenden punkten.

Persönlich am wichtigsten sind den Teilnehmer*innen der Stepstone Studie dafür drei, annähernd gleich oft genannte Aspekte

  • Work-Life-Balance (25%)
  • flexible Arbeitszeit (24%)
  • flexibles Arbeiten, bezogen auf den Arbeitsort (23%)

51% der Befragten sagen sogar: Ein Job ohne flexible Arbeitszeiten käme für sie gar nicht erst in Betracht.

Beim Jobwechsel geht es um weit mehr als nur ums Geld

Auch für den Wechsel des Arbeitgebers geben flexiblere Arbeitszeiten oft den Ausschlag. 40% der jüngeren Studienteilnehmer‘*innen nennen sie als zentrales Argument für den letzten Jobwechsel. Im Durchschnitt aller Altersgruppen liegen das Gehalt (48%) und eine interessantere Tätigkeit (32%) als Hauptgründe für den Jobwechsel vorn; flexible Arbeitszeiten folgen mit 27% auf Platz drei.

Als ergänzendes Argument allerdings – neben Gehalt und interessanter Tätigkeit – spielt die Entscheidungsfreiheit über Arbeitszeit und Arbeitsort sogar für vier Fünftel der Befragten eine wichtige Rolle beim Jobwechsel. Bezeichnend ist auch: Nur 15% der Studienteilnehmer*innen wären bereit, für ein höheres Gehalt Einbußen bei der Work-Life-Balance in Kauf zu nehmen.

Mit hybriden Arbeitsmodellen können Unternehmen entscheidend punkten

Den meisten Arbeitgeber*innen ist die Bedeutung flexibler Arbeitsmodelle im Wettbewerb um die besten Talente bewusst. Um trotz des weiter zunehmenden Fachkräftemangels auch in Zukunft qualifizierte Mitarbeiter*innen zu finden, hält es jedes zweite Unternehmen für notwendig, flexible Arbeitsbedingungen und Homeoffice-Konzepte anzubieten. Fast jedes fünfte schränkt allerdings ein, es sei noch nicht in breiter Front dafür aufgestellt. Andererseits will ein Viertel der Unternehmen den Arbeitnehmer*innen sogar selbst die Entscheidung darüber überlassen, wo sie arbeiten.

Im Lockdown während der Pandemie mussten viele Unternehmen schnell und umfassend auf Homeoffice-Regelungen umschalten. Ihr Fazit:

  • Etwa ein Drittel kündigt an, für solche hybriden Modelle künftig offenerzu sein
  • Jedes vierte Unternehmen hält sie sogar für unabdingbar
  • Etwas weniger geben an, in der Krise die Infrastruktur geschaffen zu haben, um in Zukunft erfolgreich flexibel arbeiten zu können

Während ein relevanter Teil der Entscheider*innen vorangehen will, herrscht vielfach noch Zurückhaltung. Dabei können die Unternehmen auf einen breiten Erfahrungsschatz ihrer Mitarbeitenden zurückzugreifen Wie der Stepstone Corona Report zeigt, waren die allermeisten davon überzeugt, remote genau so zuverlässig zusammen zu arbeiten wie zuvor. Deutliche Mehrheiten sahen es als positiven Nebeneffekt der Krise, Erfahrungen mit dem Einsatz digitaler Tools zur besseren Zusammenarbeit gesammelt zu haben.

Für HR-Expert*innen steht das Thema weit oben auf der Agenda: 86% von ihnen halten die Remote-Work-Steuerung zunehmend flexibel und virtuell zusammenarbeitender Belegschaften für ein wichtiges oder sogar sehr wichtiges Trend Thema des Jahres 2021. Dies überrascht nicht – waren es doch in erster Linie die Personalabteilungen, welche die schnelle Umstellung auf remote work organisiert haben.

Die Einführung flexibler Arbeitsmodelle ist ein Prozess, der Zeit braucht. Je nach Unternehmen und Branche stellen sich unterschiedliche Herausforderungen. Offene Kommunikation seitens der Unternehmen über Ziele und Prozessschritte sowie die ernst gemeinte Einbindung der Arbeitnehmer*innen und ihrer Wünsche, Erfahrungen wie Perspektiven sind unabhängig von den Ausgangsbedingungen wichtige Faktoren für den Erfolg.

Über die Studien

Was wird 2021 beim Thema Jobsuche und Bewerbung wichtig? Und wie wird die Qualität von Bewerbungsprozessen bewertet? Stepstone untersucht mit der neuesten Studie die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt für Beschäftigte unterschiedlicher Berufsgruppen, gibt Einblick in die Präferenzen und Erwartungen bei der Jobsuche und schildert die Erlebnisse der Arbeitnehmer*innen im Bewerbungsprozess. Auch die Erfahrungen von Recruiter*innen in Bezug auf die Erstellung von Stellenanzeigen und Personalgewinnung wird analysiert. Außerdem zeigt die Studie erste Auswirkungen der COViD-Pandemie auf Gehaltserwartungen und -verhandlungen. Für die Studie hat Stepstone im September und Oktober 2020 in zwei Online-Befragungen insgesamt 28.000 Beschäftigte befragt. Darunter waren rund 2.700 Führungskräfte sowie rund 2.000 Recruiter*innen und Manager*innen, die für die Personalbeschaffung zuständig sind. Die Ergebnisse der Studie werden nach thematischen Schwerpunkten sortiert unter www.stepstone.de/wissen/ veröffentlicht.

Für die Studie Decoding Global Talent haben Stepstone, die Boston Consulting Group (BCG) und The Network (ein von Stepstone mitbegründeter globaler Zusammenschluss führender Online-Jobbörsen in 130 Ländern) im Herbst 2020 insgesamt rund 208.000 Arbeitnehmer aus 190 Nationen befragt. Schwerpunkte der Online-Befragung waren unter anderem die Bereitschaft, im Ausland zu arbeiten, die bevorzugten Arbeitsmärkte und -standorte sowie die Präferenzen bei der digitalen Arbeit.

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