11.04.2024
Lesedauer: 9 Min.

Arbeitgeberattraktivität jetzt wichtiger denn je

Jasmin Berger
Jasmin Berger

Inhalt

  • Definition Arbeitgeberattraktivität
  • Arbeitgeberattraktivität & menschliche Bedürfnisse
  • Grundbedürfnisse
  • Sicherheitsbedürfnisse
  • Soziale Bedürfnisse
  • Wertschätzungsbedürfnisse
  • Selbstverwirklichung
  • Was macht einen Arbeitgeber attraktiv?
  • Bedürfnisse nach Altersklassen
  • Grundbedürfnisse im Detail
  • Fazit
  • Über die Studie
Studie: Attracting Talent 2024

Studie: Attracting Talent 2024

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Personalengpässe sind in vielen Unternehmen bereits angekommen. Vier von fünf Recruiter*innen berichten von einem zunehmenden Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt sowie von Produktivitätsverlusten. Anpassung heißt hier das Stichwort: Es ist unerlässlich, nicht nur Trends am Arbeitsmarkt aufzuspüren, sondern auch auf die individuellen Bedürfnisse potenzieller neuer Mitarbeiter*innen zu reagieren. Diese unterscheiden sich je nach Personengruppe stark. Wer legt auf welches Bedürfnis Wert und welche konkreten Erwartungen an den Arbeitgeber stecken hinter diesen Bedürfnissen? Wir beleuchten in diesem Artikel die wichtigsten Faktoren zur Arbeitgeberattraktivität.

Definition Arbeitgeberattraktivität: Was versteht man darunter?

Arbeitgeberattraktivität bezieht sich auf die Fähigkeit eines Unternehmens, qualifizierte Fachkräfte anzuziehen und langfristig zu binden. Das umfasst verschiedene Faktoren wie Vergütung, Arbeitsbedingungen, Entwicklungsmöglichkeiten, Unternehmenskultur und soziale Verantwortung. Unternehmen, die sich als attraktiv für Arbeitnehmer*innen positionieren möchten, müssen diese Aspekte gezielt gestalten, um im Wettbewerb um Talente erfolgreich zu sein.
Im Bereich der internen Arbeitgeberattraktivität stehen vor allem Faktoren zur Bindung im Fokus, die dazu beitragen, dass Mitarbeitende eine starke Identifikation mit dem Unternehmen entwickeln.
Wenn es um die externe Arbeitgeberattraktivität geht, sind für Jobsuchende zunächst Faktoren wie ein ansprechendes Gehalt, flexible Arbeitszeiten sowie attraktive Karriere- und Weiterbildungschancen von großer Bedeutung.

So hängt Arbeitgeberattraktivität mit den menschlichen Bedürfnissen zusammen

Wer Mitarbeiter*innen anziehen will, muss auf ihre Bedürfnisse eingehen. Im Rahmen der neuen Studie „Attracting Talent 2024 – Was Arbeitskräfte heute wirklich wollen” von The Stepstone Group und dem Kienbaum Institut @ ISM für Transformation & Leadership wurde das Konzept der Maslowschen Bedürfnispyramide, die menschliche Bedürfnisse und Motivationen beschreibt, auf den Berufsalltag übertragen.

Grundbedürfnisse

  • Vergütung: Benefits, Festgehalt, Gehaltstransparenz und Fairness der Vergütung
  • Arbeitsumgebung: Gut ausgestattete Gebäude und Arbeitsräume, hohes Urlaubskontingent, klare Regelungen bzgl. Überstunden, Standort

Sicherheitsbedürfnisse

  • Vorsorge und Versicherung: Betriebliche Gesundheitsförderung, Betriebsrente und Altersvorsorge, betriebliches Wiedereingliederungsmanagement
  • Arbeitsplatzsicherheit: Lebenslanges Lernen, stabile Arbeitsverträge (Entfristung), Systemrelevanz

Soziale Bedürfnisse

  • Unternehmenskultur: Fairness und Gleichberechtigung, flache Hierarchien, Inklusion und Vielfalt
  • Teamkultur: Definierte Rollen, Gemeinschaftsgefühl, Internationalität, Empowerment, Teamwork

Wertschätzungsbedürfnisse

  • Führung: Empathie, Individuelle Wertschätzung Vorbildfunktion
  • Feedback & Reputation: Image und Reputation des Arbeitgebers, positive Kunden- und Partnerreferenz, positive und offene Feedbackkultur

Selbstverwirklichung

  • Karriere und Entwicklung: Karrierepfad und Aufstieg, Persönliche Entwicklung, Selbstbestimmtheit
  • Work-Life-Balance/Integration: Familienfreundlichkeit, flexibler Arbeitsort, flexible Arbeitszeit, flexible Hierarchien/Strukturen, Sabbaticals und Co., Workation

Was macht einen Arbeitgeber attraktiv?

Was die Attraktivität des Arbeitgebers ausmacht, ist ganz unterschiedlich, da auch die Bedürfnisse je nach Personengruppen variieren. Ein Faktor ist das Geschlecht: Traditionelle Geschlechterrollen können berufliche Bedürfnisse beeinflussen, sodass Männern oft die finanzielle Stabilität wichtiger ist, während Frauen häufiger Berufe wählen, die sich besser mit dem persönlichen Leben und Verpflichtungen vereinbaren lassen. So steht für Männer die Vergütung an erster und die Work-Life-Balance an dritter Stelle. Bei Frauen ist es andersherum und die Work-Life-Balance wird priorisiert, während die Vergütung am drittwichtigsten ist. Auf dem zweiten Platz steht bei beiden Geschlechtern die Arbeitsplatzsicherheit. Für Unternehmen bedeutet das, strukturelle Barrieren zu beseitigen und sicherzustellen, dass beide Geschlechter die Möglichkeit haben, ihre individuellen beruflichen Ziele zu verfolgen.

Schaut man sich die verschiedenen Berufsgruppen an, zeigt sich: Vergütung, Work-Life-Balance und Arbeitsplatzsicherheit sind für die meisten Menschen am wichtigsten. Auch die Teamkultur spielt in einigen Branchen, beispielsweise in den Bereichen Bildung & Soziales oder auch bei Vorständen, eine wichtige Rolle.
Berufsgruppe und Geschlecht beeinflussen zwar die Bedürfnisse der Personen, die größten Variationen liegen allerdings in den Altersgruppen.

Das sind die Bedürfnisse von wechselwilligen Personen aus verschiedenen Altersklassen

Die Arbeitgeberattraktivität aus Sicht der Generation Z unterscheidet sich von der der älteren Generationen und auch innerhalb der Generationen werden die Bedürfnisse unterschiedlich gewichtet. Menschen, die unter 40 sind, ist das Bedürfnis der Selbstverwirklichung am wichtigsten. Darauf folgen die Grundbedürfnisse gefolgt vom Faktor Sicherheit. Danach kommen die sozialen Bedürfnisse. Wertschätzung steht in allen Altersklassen außer den über 60-jährigen Personen an letzter Stelle – in dieser Altersgruppe ist es die Selbstverwirklichung. Das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung im Job nimmt nämlich mit steigendem Alter ab.

Wirft man einen Blick auf die konkreten Wünsche der Personen, die bereit sind, ihren Job zu wechseln, wird deutlich: Vergütung, Work-Life-Balance und Arbeitsplatzsicherheit spielen die wichtigsten Rollen.

Den 20-39-jährigen wechselwilligen Personen ist die Work-Life-Balance am wichtigsten. Bei den 40-49-Jährigen ist das Thema Vergütung am entscheidendsten. Der älteren Generation, also den 50 bis über 60-jährigen Menschen, ist die Arbeitsplatzsicherheit bei ihrem neuen Arbeitgeber am wichtigsten. Work-Life-Balance spielt hier nur eine mittelmäßige Rolle und kommt erst nach Themen wie Vergütung und Team- und Unternehmenskultur. Auffällig ist zudem, dass die Themen „Karriere und Entwicklung“, mit steigendem Alter an Priorität verlieren.

Konkret: Die Grundbedürfnisse im Detail

Vergütung ist nicht gleich Vergütung, Teamkultur ist nicht gleich Teamkultur und so weiter. All diese Aspekte lassen sich noch weiter aufschlüsseln und fallen unterschiedlich stark ins Gewicht, je nachdem, ob es sich um Personen handelt, die wechselwillig sind, oder solche, die bei ihrem Arbeitgeber bleiben möchten . Wir schauen uns an, was wechselwillige Personen bei einem neuen Arbeitgeber suchen – daraus lässt sich herleiten, was einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht, der neue Talente anzieht.

Grundbedürfnisse

Faktor Vergütung

Für Personen, die ihren Arbeitgeber wechseln möchten, sind Aspekte wie individuelle leistungsabhängige Vergütung, Benefits und neue Vergütungsmodelle relevanter als beispielsweise das Festgehalt, welches eher einen Bindungsfaktor darstellt.

Die Attraktivität neuer Vergütungsmodelle und individueller leistungsabhängiger Vergütung wird noch leicht unterschätzt.

Faktor Arbeitsumgebung

Zur Arbeitsumgebung zählen:

  • Verpflegungsmöglichkeiten
  • Hohes Urlaubskontingent
  • Gut ausgestattete Gebäude und Arbeitsräume
  • Mobilitätsangebote
  • Klare Regelungen bzgl. Überstunden
  • Standort und Lage des Unternehmens

Die Ansprüche der aktiv und passiv Wechselwilligen unterscheiden sich hier kaum voneinander. Ein attraktiver Standort des Unternehmens ist auch in Zeiten von Hybrid Work als Attraktivitätsfaktor nicht zu unterschätzen. Auf der anderen Seite wird der Stellenwert von Mobilitätsangeboten wie Firmenrädern und Jobtickets überschätzt, wenn es um die Gewinnung neuer Mitarbeitenden geht.

Sicherheitsbedürfnisse

Faktor Vorsorge und Versicherung

Gerade für Wechselwillige spielen Aspekte wie Betriebsrente und Altersvorsorge eine wichtige Rolle. Diese beiden Faktoren werden dicht gefolgt von Angeboten zur Gesundheitsförderung, wobei dieser von Recruiter*innen als Attraktivitätsfaktor überbewertet wird.

Faktor Arbeitsplatzsicherheit

Ein klassischer stabiler Arbeitsvertrag sowie eine strukturelle Stabilität des Unternehmens sind die wichtigsten Faktoren, wenn es um Arbeitsplatzsicherheit geht. Attraktive Arbeitgeber sorgen für die Verfügbarkeit von Lernangeboten und die Ermöglichung von lebenslangem Lernen, welche immer wichtiger wird.

Soziale Bedürfnisse

Faktor Unternehmenskultur

Am stärksten fällt Gleichberechtigung ins Gewicht, wenn es um die Mitarbeitergewinnung geht. Andere Aspekte, darunter Fairness, flache Hierarchien, offene Fehlerkultur etc. sind ausgeglichen, wenn es um Attraktivität vs. Bindung geht – Unternehmen scheinen hier also den richtigen Fokus zu setzen.

Faktor Teamkultur

Eine transparente und offene Kommunikation innerhalb des Teams ist der bedeutendste Faktor, der Unternehmen attraktiv macht, wenn es um Teamkultur geht. Teamwork und Gemeinschaftsgefühl sind ebenfalls wichtige Attraktivitätsfaktoren. Unternehmen setzen in Sachen Teamkultur überwiegend die richtigen Prioritäten.

Wertschätzungsbedürfnisse

Faktor Führung

Individuelle Wertschätzung und Empathie sind sowohl als Attraktivitätsfaktor kennzeichnend für gute Führung. Auch die Vorbildfunktion sowie eine inspirierende Motivation sind für potenzielle neue Mitarbeitende noch wichtiger als für Bestandspersonal und stellen Beispiele für einen attraktiven Arbeitgeber dar.

Faktor Feedback und Reputation

Referenzen und Reputation haben im Vergleich zu anderen Arbeitsplatzfaktoren einen geringeren Stellenwert für wechselwillige Personen. Wichtiger sind ihnen die inneren Werte, darunter besonders eine positive und offene Feedbackkultur.

Selbstverwirklichung

Faktor Karriere und Entwicklung

Für potenzielle neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht die Selbstbestimmtheit in Sachen Selbstverwirklichung an erster Stelle. Auch die persönliche Entwicklung sowie die Sinnhaftigkeit des Jobs sind wichtige Attraktivitätsfaktoren. Bemerkenswert ist außerdem, dass wechselwillige Personen auf die Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Qualifikationen größeren Wert legen als auf klare Karrierepfade. Hier legen Unternehmen bisher noch den umgekehrten Fokus.

Faktor Work-Life-Balance

Flexible Arbeitszeiten und flexibler Arbeitsort – das steht für Wechselwillige im Vordergrund. Autonomie und Flexibilität dürfen aus Arbeitgebersicht also nicht unterschätzt werden. Auch die Selbstbestimmtheit ist ein wichtiger Attraktivitätsfaktor.

Fazit

Für Unternehmen gilt es, auf die klaren Vorstellungen der Arbeitssuchenden zu regieren, um bei ihnen hervorzustechen, das Arbeitgeberprofil im Rahmen des Employer Brandings zu stärken und damit die Arbeitgeberattraktivität zu steigern.

Unternehmen müssen erkennen, dass die Kombination verschiedener Attraktivitätsfaktoren entscheidend ist, um qualifizierte Arbeitssuchende anzuziehen und langfristig im Unternehmen zu halten. Je nach Zielgruppe können einzelne Aspekte besonders wichtig sein und im Fokus stehen.

Die Wahrscheinlichkeit, wechselwillige Mitarbeiter*innen zu gewinnen, war nie größer. Unternehmen, die ihre Stärken in Bereichen wie Standort, Stabilität und Altersvorsorge ebenso zielgruppengerecht an Frau und Mann bringen, haben die besten Voraussetzungen, um auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft erfolgreich zu sein.


Über die Studie „Attracting Talent 2024 – Was Arbeitskräfte heute wirklich wollen”

Die Kooperationsstudie „Attracting Talent 2024 – Was Arbeitskräfte heute wirklich wollen” von The Stepstone Group und dem Kienbaum Institut @ISM für Leadership & Transformation deckt entscheidende Faktoren auf, die Top-Talente anziehen und binden. Die Studie wendet die Bedürfnispyramide nach Maslow auf den Arbeitskontext an, um Bedürfnisse von unterschiedlichen Gruppen zu identifizieren. Es wurden insgesamt 8.493 Personen befragt, darunter 4.702 Wechselwillige, die 2024 ihren Arbeitgeber wechseln wollen, 2.587 Angestellte, die 2024 bei ihrem Arbeitgeber bleiben möchten und 1.204 Recruiter*innen, die die Bedürfnisse von Jobsuchenden einschätzen. Die Ergebnisse wurden anhand des Mikrozensus gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Erwerbsbevölkerung nach Alter und Geschlecht.