07. January 2025
Lesedauer: 10 Min.

New Pay: So stärken Sie die Arbeitszufriedenheit Ihrer Mitarbeiter*innen ganzheitlich

Inhalt

  • Das Wichtigste in Kürze
  • New Payment: Unzufriedenheit mit dem Gehalt als Indikator für Frust im Job
  • Entlohnungsformen: Vergütung ganzheitlich betrachten.
  • Stepstone Gehaltsreport 2025
  • New Payment Beispiele: Vier Quadranten für Arbeitszufriedenheit
  • FAQ
Gehaltsreport 2025

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Arbeitszufriedenheit hat viele Facetten – doch oft wird sie auf das Gehalt reduziert. Dabei zeigt sich in der Praxis, dass die Unzufriedenheit mit dem Gehalt häufig nur ein Symptom tieferliegender Probleme ist. Und das kann zum Problem für Arbeitgeber werden.  64 % der Beschäftigten in Deutschland denken laut Stepstone-Studie mindestens einmal im Monat über einen Jobwechsel nach – ein neuer Höchststand im Vergleich zu 53% im Jahr 2021. Gleichzeitig lehnen nur 8 % der Befragten einen Wechsel kategorisch ab. Nadine Nobile ist New Pay Expertin und beleuchtet in diesem Text, warum Gehalt allein nicht ausreicht, um Unzufriedenheit auszugleichen, und wie eine ganzheitliche Betrachtung von Vergütung und Arbeitsumfeld nachhaltige Zufriedenheit schaffen kann.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gehalt ist ein wichtiger, aber nicht allein entscheidender Faktor für die Mitarbeitendenzufriedenheit
  • Fairness, Transparenz und Marktorientierung sind zentrale Kriterien für ein als gerecht empfundenes Gehalt.
  • Ergänzend zum Gehalt sind Benefits und klare Entwicklungsperspektiven wichtig
  • Ein ausgewogenes Vergütungssystem stärkt die Bindung ans Unternehmen und motiviert langfristig

New Payment: Unzufriedenheit mit dem Gehalt als Indikator für Frust im Job

Wenn wir mit Menschen in Organisationen sprechen, die Unzufriedenheit mit dem Gehalt ausdrücken, versuchen wir als erstes herausfinden, was die Menschen wirklich umtreibt. Fragen wir genauer nach, stellt sich oft schnell heraus, dass die Mitarbeitenden eigentlich mit ganz anderen Dingen unzufrieden sind. Sie erzählen dann zum Beispiel, dass sie sehr belastet von der vielen Arbeit sind. Dass sie sich nicht wertgeschätzt fühlen oder ihnen Verbundenheit mit Kolleg*innen oder Vorgesetzten fehlt. Manche berichten über aufreibende Prozesse und mangelnde Orientierung. Man erkennt also schnell, dass es nicht nur das Gehalt ist, das die Menschen unzufrieden macht. Sondern auch andere Faktoren begünstigen den Frust. Kurz gesagt kann man festhalten, dass Arbeitnehmende entweder überanstrengt sind, es fehlt ihnen an Selbstwirksamkeitserleben oder an emotionaler Bindung. Es ist aber wichtig, dass sich Arbeitnehmende mit ihrem Arbeitsplatz verbunden fühlen, damit sie selbst zufrieden sind und auch im Unternehmen bleiben. Denn dann sind sie emotional gebunden. Die Psychologie nennt dies “affektives Commitment”. Neben dem affektiven Commitment gibt es zwei weitere Formen der Bindung. Normatives und kalkulatorisches Commitment.

Illustration - Toolbox

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Die drei verschiedene Formen des Commitments in der Psychologie: 

  • Affektives Commitment: Emotionale Bindung an die Organisation. Mitarbeitende fühlen sich mit den Werten, Zielen und Kultur des Unternehmens verbunden.
  • Normatives Commitment: Gefühl einer moralischen Verpflichtung oder Loyalität gegenüber der Organisation. Es basiert oft auf sozialen Normen oder Dankbarkeit für Unterstützung.
  • Kalkulatorisches Commitment: Bindung aus rationalen Überlegungen zu den Kosten und Konsequenzen eines Austritts.

Wenn nun das emotionale und normative Commitment aufgrund fehlender Arbeitszufriedenheit zurückgeht, wird das kalkulatorische Commitment immer bedeutsamer. Das heißt, es muss sich finanziell lohnen, zu bleiben. Beschäftigte wollen so ihr erlebtes „Arbeitsleid“ kompensieren, also ausgleichen. Eine Gehaltsanpassung entspricht dann jedoch eher einem Schmerzensgeld als einer Lohnerhöhung. Das klingt vielleicht zuerst sinnvoll, ist aber problematisch. Denn die Arbeitslast, die mangelnde Verbundenheit oder das fehlende Selbstwirksamkeitserleben können nicht durch Gehalt kompensiert werden. Das heißt, selbst wenn Organisationen höhere Gehälter zahlen, bleibt die Unzufriedenheit bestehen. Deshalb ist es so wichtig, Vergütung ganzheitlich zu betrachten. Diese kann systematisch die Arbeitszufriedenheit stärken.

Entlohnungsformen: Vergütung ganzheitlich betrachten.

Um die Vergütung umfassend zu analysieren, haben wir das Schema „Holistic Pay“ entwickelt. Damit beantworten wir die Frage, was Mitarbeitende tatsächlich für ihre Anstellung erhalten beziehungsweise erhalten wollen. Ein zentraler Aspekt ist natürlich das Gehalt, das fair, transparent und kulturell passend sein sollte.

Die Wahrnehmung von Fairness hängt stark vom internen Gehaltsgefüge ab, sollte aber auch im Vergleich zum Markt angemessen sein. Doch Vergütung umfasst weit mehr als das Gehalt allein.

In einem ersten Schritt schauen wir uns die Benefits an, die neben dem Gehalt eine wichtige Rolle spielen – hierbei ist es entscheidend, zwischen Wohltaten und exklusiven Privilegien zu unterscheiden.

Schaubild mit einem Zyklus.
Quelle: Nadine Nobile

Das sind die Unterschiede zwischen Privilegien und Wohltaten

Wohltaten sind zum Beispiel:

  • Obstkorb
  • JobRad
  • Zuschüsse zu Fitnessstudios
  • Kinderbetreuung

Bei den Privilegien unterscheiden wir explizite und implizite Privilegien.

Explizite Privilegien sind:

  • Dienstwagen
  • Titel und andere Vergünstigungen, die an die Position innerhalb des Organigramms / Organisation geknüpft sind und bewusst gewährt werden
    • Größe und Ausstattung des AutosGröße und Lage des BürosAusstattung des Arbeitsplatzes
    • Spezielle Reiseregelungen wie zum Beispiel 1. Klasse oder Business-Tarif

Privilegien und ihre Rolle in der Wahrnehmung von Wertschätzung und Entwicklung

Implizite Privilegien beziehen sich auf Vorteile oder Sonderrechte, die im Arbeitsumfeld nicht immer ausdrücklich thematisiert, aber von Mitarbeitenden als solche wahrgenommen werden. Dazu zählen beispielsweise die Aufnahme in wichtige E-Mail-Verteiler, die Zugang zu exklusiven Informationen ermöglicht, oder bestimmte Ausstattungen, die aus sachlichen Gründen an bestimmte Funktionen geknüpft sind, wie etwa Dienstwagen für den Außendienst. Solche Privilegien können erheblich zur Wahrnehmung von Status und Wertschätzung beitragen, auch wenn sie nicht offiziell als solche kommuniziert werden.

Orientierung und Entwicklung in Hierarchie-armen Organisationen

Privilegien markieren Unterschiede und symbolisieren eine höhere Position in der Unternehmenshierarchie. Sie geben Mitarbeitenden Orientierung und zeigen, welchen Fortschritt sie gemacht haben – oder machen können.

In Unternehmen, die Titel abgeschafft und Hierarchien reduziert haben, gewinnt oft die Gehaltsentwicklung an Bedeutung. Ohne andere Indikatoren wird sie zum Symbol für beruflichen Fortschritt. Fehlt es an klaren Möglichkeiten oder Orientierung für die eigene Weiterentwicklung, sollten Unternehmen handeln und Mitarbeitenden Perspektiven bieten.

Das zeigt, wie eng Privilegien, Statussymbole und die Orientierung innerhalb einer Organisation verbunden sind.

Lesetipp

Stepstone Gehaltsreport 2025: Was verdient Deutschland?

New Payment Beispiele: Vier Quadranten für Arbeitszufriedenheit

Doch Vergütung setzt sich aus weit mehr als Gehalt und Privilegien zusammen. Denn was bei der Betrachtung von Vergütung oft unberücksichtigt bleibt, ist der dritte Kreis in der Abbildung in der Mitte. Wir nennen es das Wirk- und Entwicklungsfeld. Dieses Feld ist wiederum in vier Quadranten aufgeteilt:

  1. Aufgaben: Stärken und Interessen orientiert
    Aufgaben sollten idealerweise so gestaltet sein, dass Mitarbeitende ihre Fähigkeiten nutzen können
  2. Strukturen und Prozesse: hilfreich und wertebeitragsorientiert
    Prozesse und Strukturen sollen Mitarbeitende unterstützen
  3. Resonanz und soziales Umfeld: beziehungsorientiert und inklusiv
    Bedeutung von Feedback und sozialer Interaktion am Arbeitsplatz für die Zufriedenheit
  4. Selbstwirksamkeitserleben: wirkungs- und entwicklungsorientiert
    Der Schlüssel zur intrinsischen Motivation und wie Spannungsfelder die Selbstwirksamkeit beeinträchtigen können.

So entsteht echte Arbeitszufriedenheit

Eine starke Bindung an den Arbeitgeber entsteht, wenn Mitarbeitende Aufgaben übernehmen, die ihren Stärken und Interessen entsprechen. Das ideale Arbeitsumfeld ermöglicht es ihnen, ihre Fähigkeiten gezielt einzubringen und ihren Leidenschaften nachzugehen. Gleichzeitig sind klare Strukturen und Prozesse entscheidend, um ihre Wertschöpfung sinnvoll einzubetten und effektiv zu gestalten.

Der entscheidende Faktor ist Wertschätzung. Positive Rückmeldungen von Kund*innen, Kolleg*innen oder Vorgesetzten stärken das Engagement und fördern das Gefühl der Selbstwirksamkeit – ein zentraler Antrieb für Motivation und Zufriedenheit.

Spannungsfelder identifizieren und angehen

In Gespräche mit Beschäftigten tauchen jedoch oft Spannungs- und Problemfelder in einem oder mehreren der genannten Quadranten auf.  Überblick über häufige Probleme in den Quadranten und wie man sie im Gespräch mit Mitarbeitenden aufdecken kann.

  • Die Arbeitslast oder -verantwortung ist zu hoch, Mitarbeitende können aufgrund eines hohen Workloads ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht werden.
  • Prozesse und Strukturen werden eher zum Hindernis als zum Katalysator der eigenen Arbeit.
  • Menschen erfahren mangelnde Wertschätzung und Verbundenheit
  • Beschäftigte erleben ihre Arbeit als anstrengend, überfordert, auslaugend – das heißt, sie kostet mehr Energie, als das, was sie aus der Arbeit ziehen. 

Die Folge: Mitarbeitende versuchen, das empfundene Defizit auszugleichen und streben häufig ein höheres Gehalt an. Doch, wie bereits erwähnt, löst ein höheres Gehalt die Unzufriedenheit nicht. Wer die Arbeitszufriedenheit nachhaltig stärken möchte, muss die tatsächlichen Ursachen angehen – also die Spannungsfelder in den identifizierten Bereichen, die in Gesprächen mit Mitarbeitenden als Quellen der Unzufriedenheit sichtbar werden. Welche Fragen helfen, diese Spannungsfelder aufzudecken, zeigt die folgende Grafik.

Schaubild mit verschiedenen Zyklen.
Quelle: Nadine Nobile

Dann gilt es zu prüfen, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss: Geht es um persönliche Entwicklung, Teamentwicklung, Kultur, Führung, Organisationsentwicklung, Prozesse oder die Wertschöpfung als Ganzes? Dies lässt sich durch gezielte Fragen ermitteln.

Aufgaben: Stärken- und Interessenorientierung

  • Entsprechen Ihre Aufgaben Ihren Interessen, Stärken und Kompetenzen?
  • Können Sie bei Ihrer Arbeit Ihrem eigenen Anspruch gerecht werden?
  • Ist Ihr Workload angemessen?

Strukturen und Prozesse: Hilfreich und wertebeitragsorientiert

  • Unterstützen bestehende Strukturen und Prozesse Ihre Arbeit?
  • Verfügen Sie über alle notwendigen Ressourcen, um Ihre Arbeit gut erledigen zu können?

Resonanz und soziales Umfeld: Beziehungsorientiert und inklusiv

  • Fühlen Sie sich als Mensch wertgeschätzt?
  • Haben Sie den Eindruck, Ihr Beitrag für die Organisation wird gesehen?
  • Welche Resonanz erhalten Sie für Ihr Wirken?

Selbstwirksamkeit: Wirkungs- und Entwicklungsorientierung

  • Können Sie erkennen, was aus Ihrer Arbeit entsteht und wächst?
  • Erleben Sie sich als selbstwirksam?
  • Haben Sie das Gefühl, sich in der Organisation weiterentwickeln zu können?

Fazit: Es mag aufwendiger sein, diese Aspekte systematisch zu prüfen, als eine Gehaltserhöhung anzuweisen. Doch es ist weitaus nachhaltiger. Vor der nächsten Gehaltserhöhung sollte hinterfragt werden, welches Bedürfnis damit gestillt werden soll. Spannungsfelder in Aufgaben, Strukturen oder Resonanz systematisch zu identifizieren und gezielt anzugehen, stärkt langfristig die Arbeitszufriedenheit und damit auch die Bindung an die Organisation.


Nadine Nobile
Buchautorin & Mitgründerin von New Pay Collective

Nadine Nobile ist Mitgründerin des New Pay Collective und eine Vorreiterin im Bereich innovativer Vergütungssysteme. Als Sparringspartnerin und Impulsgeberin unterstützt sie Organisationen dabei, Vergütung ganzheitlich und partizipativ zu gestalten. Sie ist Co-Autorin der Bücher New Pay (2019) und New Pay Journey (2023), die den Weg zu mehr Transparenz und Fairness in der Arbeitswelt ebnen. Darüber hinaus engagiert sie sich mit ihrem Netzwerk New Work Women für eine vielfältige und diverse Arbeitswelt auf Augenhöhe.


FAQ: Arbeitszufriedenheit

Warum reicht ein höheres Gehalt oft nicht aus, um Arbeitsunzufriedenheit zu beseitigen?

Ein höheres Gehalt kann kurzfristig die Unzufriedenheit kompensieren, beseitigt jedoch nicht die eigentlichen Ursachen wie hohe Arbeitsbelastung, fehlende Wertschätzung oder mangelnde Entwicklungsmöglichkeiten. Diese Faktoren beeinflussen langfristig die Zufriedenheit und Bindung mehr als finanzielle Anreize.

Was bedeutet es, Vergütung ganzheitlich zu betrachten?

Eine ganzheitliche Betrachtung von Vergütung umfasst nicht nur das Gehalt, sondern auch Benefits, Privilegien und das Arbeitsumfeld. Ziel ist es, faire und transparente Gehälter mit zusätzlichen Angeboten zu kombinieren, die die Motivation und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden fördern.

Wie wirken sich Privilegien auf die Wahrnehmung von Wertschätzung aus?

Privilegien, sowohl explizite (z. B. Dienstwagen) als auch implizite (z. B. Zugang zu exklusiven Informationen), tragen zur Wahrnehmung von Status und Wertschätzung bei. Sie können Orientierung und Entwicklungsmöglichkeiten verdeutlichen, besonders in hierarchiearmen Organisationen.

Welche Rolle spielen Aufgaben und Arbeitsumfeld für die Arbeitszufriedenheit?

Aufgaben, die auf Stärken und Interessen abgestimmt sind, sowie unterstützende Strukturen und Prozesse fördern das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Dies erhöht die intrinsische Motivation und stärkt die Bindung an das Unternehmen.