
Jobarchitektur als strategisches Fundament – Warum jetzt der richtige Zeitpunkt für den Aufbau ist
Inhalt
- Warum Jobarchitektur unverzichtbar ist
- Was eine Jobarchitektur ausmacht
- Der Weg zur Jobarchitektur
- Best Practice
- Kompetenzmodelle als Bindeglied
- Objektivität und Fairness
- Integration bestehender Rollenprofile
- Akzeptanz und Kulturwandel
- Rechnet sich das?
- Fazit
- Zur Expertin
- FAQ

Leitfaden: Jobarchitektur aufbauen
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Die Arbeitswelt steht unter massivem Wandel. Digitalisierung, hybride Arbeitsmodelle, neue Kompetenzanforderungen und ein wachsender Anspruch an Fairness und Transparenz prägen die HR-Agenda. Inmitten dieser Dynamik rückt ein zentrales Instrument in den Fokus, das bislang oft unterschätzt wurde: die Jobarchitektur.

Die Jobarchitektur ist weit mehr als ein strukturelles Ordnungssystem – sie ist das strategische Rückgrat und Fundament moderner Personal- und Vergütungspolitik.
Johanna Schaller, Workforce Transformation & Equal Pay Expertin, PwC Österreich
Die neue Realität: Warum Jobarchitektur jetzt unverzichtbar ist
Mit der EU-Entgelttransparenzrichtlinie (2023/970/EU) wird die objektive Bewertung und Vergleichbarkeit von Tätigkeiten zur gesetzlichen Pflicht – für jedes Unternehmen innerhalb der EU. Auch kleinere Unternehmen unterliegen künftig Auskunftspflichten gegenüber Bewerbenden und Beschäftigten. Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeiter*innen müssen künftig regelmäßig über ihre Lohnstruktur berichten, Entgeltkriterien offenlegen und geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede von mehr als fünf Prozent begründen oder beseitigen.

Die Richtlinie verlangt, dass Entgeltstrukturen diskriminierungsfrei und nachvollziehbar gestaltet sind – und das ist ohne eine robuste Jobarchitektur schlicht nicht möglich.
Johanna Schaller, Workforce Transformation & Equal Pay Expertin, PwC Österreich
Was eine gute Jobarchitektur ausmacht
Eine wirksame Jobarchitektur ist mehrdimensional. Sie strukturiert Rollen nicht nur nach Aufgaben, sondern auch nach Verantwortung, Komplexität und Wirkung im Unternehmen. Sie besteht typischerweise aus folgenden Kernelementen:
- Rollenprofilen bzw Funktionsbeschreibungen, die Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen systematisch beschreiben.
- Jobfamilien, die ähnliche Tätigkeiten gruppieren – etwa „Finance“, „Sales“ oder „IT“.
- Levelstrukturen, die Rollen nach Erfahrungsgrad und Verantwortung hierarchisch einordnen – von beispielsweise Junior über Professional bis hin zu Lead oder Expert.
- Bewertungslogiken, die objektive Kriterien zur Einstufung und Bewertung liefern – etwa Know-how, Problemlösungskompetenz oder Einflussbereich.
Diese Elemente schaffen Vergleichbarkeit und ermöglichen eine konsistente, faire Vergütung. Sie sind zugleich die Basis für Karrierepfade, Entwicklungsprogramme und strategische Personalplanung.

In der Praxis erlebe ich täglich, wie wichtig eine klare Jobarchitektur für faire Vergütungsentscheidungen ist. Mit einer strukturierten Architektur kann ich objektiv argumentieren, warum eine Position so bewertet wird. Das schafft Vertrauen bei Mitarbeitenden und Führungskräften.
Sven Maaßen, Senior Manager Compensation bei Stepstone
Der Weg zur Jobarchitektur: Von der Analyse zur Governance
Der Aufbau einer Jobarchitektur beginnt mit einer gründlichen Analyse der bestehenden Rollen- bzw. Profillandschaft. Dabei geht es nicht nur um Jobtitel, sondern um tatsächliche Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Anforderungen. Interviews mit Führungskräften und Mitarbeiter*innen helfen, ein realistisches Bild zu zeichnen.
Best Practice Tipp
Die Stellenanzeigen enthalten meist alle Informationen und können als erste Grundlage dafür dienen – idealerweise ergänzt um die Mindestkriterien lt. Richtlinie: Kompetenzen, Verantwortung, Belastungen und Arbeitsbedingungen.
Der Startpunkt für Gehaltstransparenz kann die Tätigkeitsbeschreibung
sein:

Im nächsten Schritt werden individuelle Rollen / Positionen zu strategischen Funktionen und in Jobfamilien geclustert. Besonders herausfordernd sind bereichsübergreifende Funktionen wie „Projektmanagement“ oder „Data Analytics“, die in mehreren Abteilungen vorkommen. Hier braucht es zentrale Definitionen und eine abgestimmte Governance, sprich “Wer entscheidet was, wie und wann” bei bereichsübergreifenden Rollen – also einen klaren Rahmen dafür, wie bereichsübergreifende Rollen abgestimmt und gesteuert werden.
Beispiel: Stell dir vor, du hast “Projektmanager” in IT, Marketing und Operations:
- IT definiert: “Braucht technisches Verständnis, Scrum-Zertifizierung”
- Marketing sagt: “Braucht Kreativität, Kampagnen-Erfahrung”
- Operations meint: “Braucht Prozess-Know-how, Lean-Methoden”
Ergebnis: Drei verschiedene “Projektmanager” mit unterschiedlichen Gehältern und Anforderungen. Governance schafft hier Ordnung durch klare Entscheidungsstrukturen (Wer definiert bereichsübergreifende Rollen? z.B. HR + Fachbereiche, Wer muss zustimmen?) Sowie standardisierte Prozesse und einheitliche Standards mit dem Ziel, zentrale Job-Beschreibungen für “Projektmanager” und gleiche Bewertungskriterien zu erhalten.
Die Levelstruktur wird anhand klarer Kriterien entwickelt – etwa Erfahrung, Führungsspanne, strategische Relevanz. Bewertungsmodelle wie der Stepstone Salary Navigator, PwC STRATA, Hay oder Mercer bieten hier bewährte Frameworks, können aber auch durch unternehmensspezifische Modelle ersetzt werden.

Dein Praxisleitfaden zur objektiven Jobarchitektur
Dieser Leitfaden zeigt dir, wie du eine solide Jobarchitektur aufbaust. Schritt für Schritt wirst du durch den gesamten Prozess geführt: von der Zieldefinition und dem Projektsetup bis zur Pflege und Weiterentwicklung. Konkrete Beispiele und praxiserprobte Methoden machen die Umsetzung einfach und nachvollziehbar.
Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die Einbindung relevanter Stakeholder:
HR, Führungskräfte, Betriebsrat, Legal und Compensation müssen gemeinsam an einem Tisch sitzen. Nur so entsteht eine Architektur, die sowohl strategisch als auch operativ tragfähig ist. Je nachdem in welcher Phase der Entwicklung einer Jobarchitektur eine Organisation sich befindet, werden unterschiedliche Stakeholder in unterschiedlichen Formaten wie beispielsweise gemeinsamen Workshops, Interviews oder iterativen Feedbackschleifen involviert. Das beginnt in der Planungsphase mit der HR-Leitung und der Geschäftsführung/Vorstand für die Definition der strategischen Ausrichtung und Abstimmung der Unternehmensziele, über die Analysephase mit Einbeziehung von Abteilungsleitungen um detaillierte Einblicke in bestehende Strukturen zu erhalten, bis hin zur Validierungs- und Implementierungsphase wo ausgewählte Führungskräfte aller Ebenen und einzelne Fachbereiche wie beispielsweise die IT-Abteilung für eine gelungene Integration involviert werden.
Kompetenzmodelle als Bindeglied
Kompetenzmodelle spielen eine Schlüsselrolle in der Jobarchitektur. Ein Kompetenzmodell ist ein strukturiertes Framework, das definiert, welche Fähigkeiten, Verhaltensweisen und Eigenschaften für erfolgreiche Leistung in verschiedenen Rollen erforderlich sind, sie umfassen:
- Fachkompetenzen (Hard Skills)
- Verhaltenskompetenzen (Soft Skills)
- Führungskompetenzen
Sie helfen, Rollen nicht nur funktional, sondern auch verhaltensbezogen zu differenzieren. Ergänzende Level-Angaben (1 = Grundlagen bis 5 = Thought Leader) beschreiben wie stark eine Kompetenz ausgeprägt sein muss.
Beispiel: Marketing Manager Level 3 braucht:
- Fachkompetenz: Digital Marketing (Level 4), Analytics (Level 3)
- Verhaltenskompetenz: Kreativität (Level 4), Kundenorientierung (Level 3)
- Führungskompetenz: Projektleitung (Level 3), Stakeholder Management (Level 3)
Studien zeigen, dass Unternehmen mit klaren Kompetenzmodellen eine höhere interne Mobilität und gezieltere Entwicklung ermöglichen. (Klare Erwartungen: “Für diese Rolle brauchen Sie Analytics Level 3” Messbare Entwicklung: Von Level 2 auf Level 4 aufsteigen Vergleichbarkeit: Alle verstehen, was “Level 3” bedeutet Gezielte Weiterbildung: “Ich muss von Level 2 auf Level 3”)
Sie sind das Bindeglied zwischen Jobarchitektur und Talentmanagement – und damit essenziell für Nachfolgeplanung und strategische Personalentwicklung.
Objektivität und Fairness: Mehr als ein Ideal
Die EU-Richtlinie verlangt, dass Unternehmen ihre Entgeltstrukturen auf objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien aufbauen. Das bedeutet: Subjektive Einschätzungen oder informelle Einstufungen haben keinen Platz mehr. Eine robuste Jobarchitektur inkludiert auch eine Bewertung einzelner Funktionen und schafft die notwendige Transparenz und Nachvollziehbarkeit – sowohl für interne Prozesse als auch für externe Prüfungen. Als Bewertungsmethodologien für einzelne Funktionen dienen beispielsweise analytische punktebasierte Verfahren (wie der Stepstone Salary Navigator oder PwC STRATA), die die geforderten Mindestkriterien laut der EU-Entgelttransparenz Richtlinie erfüllen, um die Gleichwertigkeit von Arbeit sicherzustellen (Vergleichsgruppen). Darauf aufbauend können beispielsweise Gehaltsbänder berechnet werden. Eine Jobarchitektur schafft somit den Rahmen und ist gleichzeitig Strukturgeber aber auch Schnittstelle zu vielen weiteren Bereichen.
Besonders wichtig ist die Dokumentation: Jede Funktion, jede Bewertung, jede Einstufung beispielsweise in Vergleichsgruppen muss nachvollziehbar sein. Das schützt nicht nur vor rechtlichen Risiken, sondern stärkt auch das Vertrauen der Mitarbeiter*innen.
Integration bestehender Rollenprofile und Umgang mit Wandel
Viele Unternehmen verfügen bereits über Rollen- oder Funktionsprofile – oft jedoch in uneinheitlicher Qualität und Struktur. Diese sollten nicht verworfen, sondern systematisch in die neue Architektur integriert werden. Eine Gap-Analyse zeigt, wo Anpassungen nötig sind.
Gleichzeitig muss die Architektur dynamisch sein. Funktionen und damit verbundene Anforderungen verändern sich, neue Tätigkeiten und Skillanforderungen entstehen. Ein flexibles Framework – etwa mit modularen Funktionsbeschreibungen – ermöglicht Anpassungen ohne den Verlust von Struktur. Generell empfiehlt sich in regelmäßigen Abständen von etwa zwei bis drei Jahren bzw. bei größeren organisatorischen Änderungen ad-hoc Evaluierungen durchzuführen. Bei kritischen Rollen empfiehlt sich eine jährliche Überprüfung (Stichwort: strategische Nachfolgeplanung).
Akzeptanz und Kulturwandel
Eine Jobarchitektur ist nur dann wirksam, wenn sie gelebt wird. Das erfordert Kommunikation, Schulung und Beteiligung. Führungskräfte müssen verstehen, wie sie Funktionen bewerten und Rollen entwickeln können. Mitarbeiter*innen müssen nachvollziehen können, wie ihre Position eingeordnet ist und welche Entwicklungsmöglichkeiten bestehen.
Es empfiehlt sich von Beginn an eine begleitende Kommunikationsstrategie über Zweck, Prozess und Auswirkungen der Jobarchitektur zu etablieren. Dies fördert Vertrauen und Akzeptanz bei Mitarbeiter*innen und Führungskräften.

Dein Kommunikationsleitfaden
zur EU-Entgelttransparenz
Dieser Leitfaden zeigt dir, wie du vom Tabuthema Gehalt zu einer gemeinsamen Sprache findest – entwickelt von Kommunikationsprofis.

Die Einführung einer Jobarchitektur ist oft ein Kulturwandel – weg von informellen Strukturen hin zu Transparenz und Fairness. Dieser Wandel braucht Zeit und auch ein entsprechendes Ambitionsniveau und Bewusstsein, dass sich Strukturen auch immer agil weiterentwickeln können.
Johanna Schaller, Workforce Transformation & Equal Pay Expertin, PwC Österreich
Verknüpfung mit Vergütung und strategischer HR-Arbeit
Eine robuste Jobarchitektur ist die Basis für faire und marktgerechte Vergütungssysteme. Sie ermöglicht Equal Pay Analysen, Benchmarking und die gezielte Steuerung von Gehaltsentwicklungen. Sie hilft, Lohnungleichheiten zu identifizieren und zu adressieren – ein zentrales Ziel der EU-Richtlinie.
Gehaltsplanung leicht gemacht –
mit dem Stepstone Salary Navigator.
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Darüber hinaus unterstützt sie die strategische Personalplanung: Welche Rollen sind kritisch? Wo entstehen neue Anforderungen? Welche Talente müssen entwickelt werden? Die Architektur liefert das Gerüst und die Datenbasis für fundierte Entscheidungen.
Rechnet sich das überhaupt?
Ein ganzheitlicher Ansatz zur ROI-Messung, der sowohl harte Zahlen als auch weiche Faktoren berücksichtigt, kann ein umfassendes Bild vom Wert einer Jobarchitektur-Initiative liefern. Wesentlich dabei ist, klare und messbare Ziele für die Jobarchitektur zu definieren, Baseline-Messungen vor der Implementierung durchzuführen und sowohl quantitative (z.B. Time-to-Hire [LINK], Beförderungsraten, Zeitersparnis bei administrativen HR-Aufgaben, Kostenreduktion durch Funktionsklarheit, Gender Pay Gap etc) als auch qualitative Daten (Mitarbeiter*innen Zufriedenheit, Arbeitgeberattraktivität) miteinzubeziehen.
Fazit: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie ist ein Weckruf für Unternehmen. Sie macht deutlich: Transparenz, Fairness und Objektivität sind keine Kür mehr, sondern Pflicht. Eine stabile Jobarchitektur ist der Schlüssel zur Umsetzung – und zugleich ein strategisches Instrument für moderne HR-Arbeit. Unternehmen, die jetzt handeln, schaffen nicht nur Compliance, sondern auch Vertrauen, Effizienz und Zukunftsfähigkeit. Die Jobarchitektur ist kein bürokratisches Konstrukt – sie ist das Fundament für eine gerechte, transparente und strategisch ausgerichtete Arbeitswelt.
Johanna Schaller, Workforce Transformation & Equal Pay Expertin, PwC Österreich
Zur Expertin
FAQ zur Jobarchitektur
Was ist eine Jobarchitektur oder Stellenarchitektur?
Eine Jobarchitektur ist weit mehr als ein strukturelles Ordnungssystem – sie ist das strategische Rückgrat und Fundament moderner Personal- und Vergütungspolitik. Eine wirksame Jobarchitektur strukturiert Rollen nicht nur nach Aufgaben, sondern auch nach Verantwortung, Komplexität und Wirkung im Unternehmen. Sie besteht aus vier Kernelementen: Rollenprofilen, die Aufgaben und Kompetenzen systematisch beschreiben, Jobfamilien, die ähnliche Tätigkeiten gruppieren (z.B. „Finance”, „Sales”), Levelstrukturen, die Rollen nach Erfahrungsgrad hierarchisch einordnen, und Bewertungslogiken, die objektive Kriterien zur Einstufung liefern. Diese Elemente schaffen Vergleichbarkeit und sind die Basis für faire Vergütung, Karrierepfade und strategische Personalplanung.
Wie hilft mir die Jobarchitektur bei der Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie?
Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie macht die objektive Bewertung und Vergleichbarkeit von Tätigkeiten zur gesetzlichen Pflicht – für jedes Unternehmen innerhalb der EU. Die Richtlinie verlangt, dass Entgeltstrukturen diskriminierungsfrei und nachvollziehbar gestaltet sind – und das ist ohne eine robuste Jobarchitektur schlicht nicht möglich. Eine Jobarchitektur schafft die notwendige Transparenz durch objektive, geschlechtsneutrale Bewertungskriterien und eliminiert subjektive Einschätzungen.
Wie erstelle ich eine Jobarchitektur?
Der Aufbau einer Jobarchitektur beginnt mit einer gründlichen Analyse der bestehenden Rollenlandschaft. Im nächsten Schritt werden individuelle Rollen zu strategischen Funktionen und Jobfamilien geclustert. Besonders wichtig ist eine klare Governance für bereichsübergreifende Funktionen. Die Levelstruktur entwickelst du anhand klarer Kriterien wie Erfahrung und strategische Relevanz.






