
Gendern in Stellenanzeigen: Praxis-Ratgeber für gendergerechte Stellenanzeigen
Inhalt
- Definition von Gender Bias
- Warum Gender Bias vermeiden?
- Genderspezifische Ansprache
- Stepstone Gender Bias Decoder
- FAQ
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In unserer täglichen Kommunikation und speziell in Stellenanzeigen finden sich häufig unbewusste Vorurteile, die durch die Verwendung geschlechterkodierter Wörter verstärkt werden. Unternehmen tun gut daran, das Gendern in Stellenanzeigen zu einer Best Practice zu erklären und ein Zeichen für mehr Gleichberechtigung zu setzen.
Aber was sind geschlechterkodierte Wörter? Inwiefern beeinflussen diese die Attraktivität einer Stellenanzeige? Wie können Unternehmen ihre Stellenausschreibungen so gestalten, dass sie alle potenziellen Bewerbenden ansprechen? In diesem Artikel lernen Sie, Gender Bias in Stellenanzeigen zu erkennen und wie Sie Ihre Ausschreibungen gendergerecht formulieren, damit Sie alle Talente unabhängig von ihrem Geschlecht ansprechen.
Was sind Gender Bias und geschlechterkodierte Wörter?
Unconscious Bias ist eine unbewusste, kognitive Verzerrung. Anstelle von objektiven Kriterien werden unsere Wahrnehmungen und Handlungen häufig durch das Zurückgreifen auf Stereotype beeinflusst. Jeder Mensch hat unbewusste Vorurteile über verschiedene soziale Gruppen. Das liegt daran, dass wir dazu neigen, unsere Umwelt durch Kategorisierungen zu organisieren. Zu den Faktoren, die Unconscious Bias beeinflussen, gehören unsere Erziehung, die Medien oder unser soziales Umfeld.
Unconscious Gender Bias umfasst insbesondere geschlechterbezogene Wahrnehmungen und Einstellungen, die unbewusst und automatisch bestehen. Diese unbewussten Vorurteile wirken sich auch auf unsere Sprache aus. Das wird als geschlechterspezifische Kodierung bezeichnet. Historisch gesehen werden männlich-kodierte Wörter mit männlichen Stereotypen assoziiert, während weiblich-kodierte Wörter mit weiblichen Stereotypen in Verbindung gebracht werden. Wörter, wie “wettbewerbsorientiert”, “dominant” oder “führend” sind beispielsweise männlich-kodiert. Wörter, wie “unterstützen”, “verstehen” und “zwischenmenschlich” sind weiblich-kodiert.
Warum sollten Sie Gender Bias in Stellenausschreibungen vermeiden?
In vielen Fällen ist den HR-Verantwortlichen, die Stellenanzeigen formulieren, gar nicht bewusst, dass die Verwendung ihrer Wörter eine genderspezifische Auswirkung auf die Ansprache der im Bewerbungsprozess gesuchten Zielgruppen hat. Gendergerechte Sprache beeinflusst, wie viel Aufmerksamkeit die Stellenausschreibung erhält. Fehler in den Formulierungen der Stellenanzeige führen nicht nur zu geringerer Sichtbarkeit und damit zu weniger Bewerbungen, sondern haben auch rechtliche Konsequenzen.
Auswirkungen von Gender Bias auf den Recruiting-Prozess

Im Recruiting-Prozess ist es bei der Formulierung von Stellenanzeigen essentiell, genderneutral beziehungsweise ohne Gender Bias zu formulieren. Die Art und Weise, wie Wörter kodiert sind, beeinflusst unterbewusst unsere Wahrnehmung. Eine Studie von Gaucher, Friesen und Kay zeigte bereits im Jahr 2011 Folgendes: Stellenausschreibungen für Jobs in männerdominierten Branchen enthalten mehr männlich-kodierte Wörter, als Stellenanzeigen für Jobs in frauendominierten Branchen. Solche männlich-kodierten Wörter sind beispielsweise:
- „karriereorientiert“
- „aktiv mitgestalten“
- „leistungsstark“
- „analytische Fähigkeiten“
Frauen, die Stellenanzeigen mit männlich-kodierten Wörtern lesen, fühlen sich, der Studie zufolge, dieser Stelle weniger zugehörig und nehmen diese Stelle daher als weniger ansprechend wahr – unabhängig von den eigenen Fähigkeiten. Auffällig dabei ist, dass weiblich-kodierte Wörter in Stellenanzeigen jedoch keinen negativen Einfluss auf Männer haben.
Auf den Punkt gebracht: Das Gendern in Stellenanzeigen geht weit über die Verwendung von Pronomen und Genderzeichen hinaus und zieht sich durch viele Formulierungen.

50 % der Stellenanzeigen auf stepstone.de beinhalten stark männlich-kodierte Sprache. In Bezug auf diese Stellenausschreibungen bedeutet das, dass sich mehr Männer als Frauen bewerben. Das hat zur Folge, dass Unternehmen nicht von den vielfältigen Perspektiven und Stärken beider Geschlechter profitieren. Der Mangel an Diversität beeinflusst somit maßgeblich die Innovationskraft und den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.
Weibliche Talente schrecken durch geschlechterspezifische Wörter und Formulierungen davor zurück, in männlich dominierte Bereiche, wie Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Technik (MINT) einzutreten. Studien zufolge erhöht sich die Zahl der Bewerbungen von Frauen in diesen Männerdomänen um 40 %, wenn die Sprache in der Stellenausschreibung verändert wird. Um einen höheren Frauenanteil in MINT-Berufen zu erreichen, müssen die in Stellenanzeigen verwendeten Formulierungen geändert werden.
Rechtliche und ethische Aspekte in Bezug auf das Gendern in Stellenanzeigen
In Deutschland darf es für Bewerbende gemäß §1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) keine Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts geben. Arbeitgebende sind verpflichtet, ihre Stellenanzeigen geschlechtsneutral zu formulieren. Eine falsche Formulierung in der Stellenanzeige zieht ein Bußgeld von bis zu drei Bruttomonatslöhnen nach sich. Mit gendergerechten Formulierungen wird eine Gleichstellung der Geschlechter erreicht.
“Gendersensible Sprache ist in Stelleninseraten und beim Recruiting verpflichtend.“
(AGG)
Menschen, die sich in keinem der beiden Geschlechter des binären Geschlechtersystems wiederfinden, können sich im Personenstandsregister als „inter“ oder „divers“ eintragen. Daher müssen Sie nun auch das sog. dritte Geschlecht in Stellenanzeigen berücksichtigen. Der Zusatz symbolisiert, dass Interessenten aller Geschlechter willkommen sind.
Die Angabe „m/w“ reicht in Stellenausschreibungen nicht mehr aus. Um eine Anzeige korrekt zu formulieren, müssen Sie wissen, dass laut AGG bereits eine Benachteiligung vorliegt, wenn Sie das Geschlecht in der Stellenanzeige nicht erwähnen. Daher ist es hilfreich, die wichtigsten Kürzel zu kennen:
- (m/w/d) steht für männlich/weiblich/divers
- (m/w/i) steht für männlich/weiblich/intersexuell
- (m/w/gn) steht für männlich/weiblich/geschlechtsneutral
Wenn Sie Inserate nur mit (m/w), also ohne divers, oder ganz ohne (m/w/d) und Genderhinweis veröffentlichen, ist dies bereits ein Grund für eine Abmahnung. Die größte Herausforderung für Unternehmen besteht also darin, eine gut lesbare Anzeige zu gestalten und gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

Lesetipp
So schreiben Sie die perfekte Stellenanzeige
Genderspezifische Ansprache in Stellenanzeigen: So geht‘s
Durch geschlechtsneutrale Stellenanzeigen sprechen Sie alle Bewerber*innen unabhängig von ihrem Geschlecht an und schaffen gleiche Chancen für alle. Verwenden Sie geschlechtergerechte Sprachformen, die die Vielfalt der Bewerbenden berücksichtigen. Allerdings gibt es kein offizielles Muster, wie Sie Diskriminierung in Stellenanzeigen umgehen. Im Folgenden finden Sie jedoch einige Empfehlungen und Formulierungsbeispiele, die Sie bei der Erstellung und dem Gendern in Stellenanzeigen unterstützen.
Dos and Don’ts für genderspezifische Formulierungen in Stellenanzeigen
1) Verzichten Sie auf geschlechterspezifische Pronomen wie „er“ oder „sie“ und verwenden Sie neutrale Begriffe. Wenn Sie von „Managerinnen und Managern“ sprechen, hat dies den Nachteil, dass Sie nur von zwei Geschlechtern sprechen: Männern und Frauen. Dadurch schließen Sie alle Talente aus, die sich in diesem binären System nicht wiederfinden. Um auch diese Talente in Ihrer Stellenanzeige anzusprechen, werden neutrale Begriffe verwendet:
Do: „Bewerbende sollten Erfahrung in Social Media haben.“
Don’t: „Die Bewerberin / Der Bewerber“ sollte Erfahrung in Social Media haben“
2) Wählen Sie geschlechtsneutrale Berufsbezeichnungen, um eine geschlechtsunabhängige Darstellung zu ermöglichen.
Do: „Die Marketingfachkraft ist für die Entwicklung von Kampagnen verantwortlich.“
Don’t: „Der Marketing Manager / die Marketing Managerin ist für die Entwicklung von Kampagnen verantwortlich.“
3) Verwenden Sie verschiedene Formulierungsvarianten und zeigen Sie, dass alle Interessenten willkommen sind. Achten Sie darauf, sprachlich inkorrekte oder unvollständige Formulierungen in der Stellenanzeige zu umgehen, die nur den Anschein einer geschlechtsneutralen Ausschreibung erwecken. Dies ist zum Beispiel bei Stellentiteln der Fall, die über das generische Maskulinum hinaus die Ergänzung „m/w/i“ tragen.
Do: „Verkäufer(in) (m/w/d) gesucht oder Verkäufer(in) (m/w/i) gesucht“
Don’t: „Verkäufer – (w/m/in) gesucht …“
4) Verwenden Sie generelle Formulierungen, die unabhängig vom Geschlecht gelten. Die Verwendung der Formulierung „Mitarbeit“ ist beispielweise nicht personenbezogen und daher genderneutral. Vorteil dabei ist, dass kein Geschlecht hervorgehoben wird.
Do: „Die erfolgreich bewerbende Person bringt folgende Qualifikationen mit…“
Do: „Wir suchen Unterstützung im Marketing für die Entwicklung und Umsetzung kreativer Kampagnen.“
Don’t: „Der erfolgreiche Bewerber / die erfolgreiche Bewerberin“ bringt folgende Qualifikation mit…“
Don’t: „Wir suchen einen Marketingmitarbeiter, der kreative Kampagnen entwickelt und umsetzt.“
5) Verwenden Sie beim Erstellen der Stellenanzeige das Gendersternchen (Bewerber*innen) oder den Doppelpunkt (Bewerber:innen). Es gibt auch die Form mit dem Schräg- oder Ergänzungsstrich: Bewerber/innen. Durch die Verwendung des Begriffs „mensch“ betonen Sie, dass Unterschiede wie Geschlecht, Hautfarbe oder Religion keine Rolle spielen.
Do: „Wir suchen Marketingmitarbeiter*innen, die als (mensch) unser Team verstärken.“
Hinweis: Der Nachteil dieser Schreibweise ist, dass Lesende häufig über das Gendersternchen, den Doppelpunkt oder den Schrägstrich stolpern. Dies sollten Sie allerdings für eine gendergerechte Stellenanzeige in Kauf nehmen.
Don’t: „Wir suchen einen Marketingmitarbeiter, der unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe oder Religion unser Team verstärkt.“
6) Zeigen Sie, dass ihr Unternehmen Diversity fördert. Passende Formulierungen sorgen für mehr Chancengleichheit und ermutigen alle qualifizierten Interessenten, sich unabhängig von tradierten Geschlechterrollen zu bewerben.
Do: „Wir legen großen Wert auf Diversität und begrüßen Bewerbungen von Menschen aller Geschlechter, ethnischer Hintergründe, Altersgruppen und Lebenswege.“
Alternative: „Vielfalt ist uns wichtig – wir freuen uns über Bewerbungen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung.“
Weitere Formulierungsbeispiele für Stellenanzeigen
- Verwenden Sie anstatt “Abteilungsleiter” die Formulierung “Abteilungsleitung.”
- Nutzen Sie anstelle von “Administrator” die Bezeichnung “Admin” oder “Administration.”
- Bezeichnen Sie “Altenpfleger” als “Pflegefachkräfte“.
- Formen Sie die Berufsbezeichnung “Barkeeper” als “Servicekraft an der Bar” um.
- Verwenden Sie anstatt “Diplomingenieur” die Berufsbezeichnung “diplomierte technische Fachkraft.”
- “Gynäkologen” werden nunmehr als “medizinisches Fachpersonal für Frauenheilkunde” bezeichnet.
- “Lehrer” und “Lehrerin” werden zu “Lehrkraft”.
- “Ingenieur” und “Ingenieurin” zu “technische Fachkraft” umformen.
- “Koch” und “Köchin” als “Fachkraft in der Gastronomie” bezeichnen.

Tipp: Verwenden Sie geschlechtsneutrale Sprache nicht nur in der Überschrift. Achten Sie auch darauf, die gendergerechten Formulierungen im gesamten Text zu verwenden.
Über den Stepstone Gender Bias Decoder
Der Stepstone Gender Bias Decoder untersucht bereits ausformulierte Stellenanzeigen auf Gender Bias, findet männlich sowie weiblich-kodierte Wörter und hebt diese hervor. Sie können Ihren Text in den Gender Bias Decoder einkopieren und erhalten eine Analyse Ihrer Stellenanzeige.
Das Tool zeigt alle geschlechterkodierten Wörter auf und schlägt mögliche Alternativen vor.
Auf Basis der Original-Studie von Gaucher, Friesen und Kay (2011) haben Stepstone Linguisten und Daten-Experten ein deutsches Wörterbuch mit geschlechterkodierten Wörtern erstellt. Der Decoder nutzt dieses Wörterbuch, um kodierte Wörter hervorzuheben und Alternativen für die männlich-kodierten Wörter vorzuschlagen. Der Decoder hilft Ihnen schließlich ansprechendere Stellenanzeigen zu schreiben, damit sich alle angesprochen fühlen und sich dadurch die Chance erhöht, noch mehr Bewerbungen zu bekommen.
FAQ
Geschlechterkodierte Wörter sind Begriffe, die unbewusst mit männlichen oder weiblichen Stereotypen verbunden sind. Sie führen nachweislich dazu, dass sich bestimmte Geschlechter von einer Stellenanzeige weniger angesprochen fühlen, was die Vielfalt der Bewerbungen einschränken kann.
Die Verwendung gendergerechter Sprache im Recruiting-Prozess zielt darauf ab, die Anzahl und Vielfalt der Bewerbungen zu erhöhen. Sie signalisiert ein inklusives Arbeitsumfeld und kann somit die Arbeitgebermarke stärken und den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens fördern.
Tools wie der Stepstone Gender Bias Decoder helfen Unternehmen, genderkodierte Wörter in Stellenanzeigen zu identifizieren und Alternativen vorzuschlagen. Zudem bieten Diversity-Trainings und Leitfäden zur gendergerechten Sprache wertvolle Unterstützung.





