25.05.2022
Lesedauer: 5 Min.

Jasmin Berger

Autor - Jasmin Berger

Stay Interview – ein Mittel gegen die (stille) Kündigung?

Inhalt

  • Was ist ein Stay Interview?
  • Ziel des Bleibegesprächs
  • Tipps für ein gutes Stay Interview
  • 11 Fragen für das Stay Interview
  • Fazit
Studie: The Engagement Advantage

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Der Wechselwille deutscher Arbeitnehmer ist groß: 35 % der Befragten einer Stepstone Umfrage gaben an, mehrmals pro Woche oder sogar täglich über einen Jobwechsel nachzudenken.1 In Zeiten der Arbeiterlosigkeit lohnt sich also für Arbeitgeber der frühzeitige Blick über den Tellerrand. Denn gute Arbeitskräfte sind schon heute in vielen Bereichen Mangelware und unbesetzte Arbeitsplätze kosten Unternehmen Zehntausende von Euros. Mehr zum Thema Vakanzkosten finden Sie hier.

Aber was bewegt Mitarbeitende zu einer Kündigung? Um gute Mitarbeitende im Unternehmen zu halten, bevor die Kündigung auf dem Tisch liegt, können Arbeitgeber ein so genannten Stay Interview führen. 

Was ist ein Stay Interview?

Ein Stay Interview, oder Bleibegespräch, ist ein Mitarbeitergespräch, das – unabhängig vom Jahresgespräch – mit Führungskräften sowie Mitarbeitenden in zentralen Positionen geführt wird. Es geht darum herauszufinden, welche Einstellung die Mitarbeiter*innen zum Unternehmen haben. Das Gespräch sollte in einem möglichst entspannten, informellen Rahmen stattfinden und idealerweise vom direkten Vorgesetzten initiiert werden. Wichtig: Ein Stay Interview ist nicht das gleiche wie ein Exit-Interview. Exit-Interviews (oder Austrittsgespräche) werden dann geführt, wenn die Kündigung bereits erfolgt ist. Sie können möglicherweise noch Aufschluss über die Gründe geben, der Prozess selbst lässt sich dadurch aber nicht mehr aufhalten – derdie Mitarbeiterin ist weg.
Stay Interviews sollen diesem Szenario vorbeugen und werden unabhängig von einer drohenden Kündigung geführt. Gern auch mit Mitarbeitenden, die keine Wechselbereitschaft äußern.

Ziel des Bleibegesprächs für Arbeitgeber

Stay Interviews sollen Arbeitgebern und HR-Manager dabei helfen, mehr über ihr Unternehmen zu lernen – und zwar aus Sicht der Mitarbeitenden. Die Gespräche dienen dazu herausfinden, welche Aspekte des Unternehmens die Mitarbeitenden motivieren und bei der Stange halten – und auch, welche sie demotivieren und möglicherweise zu einer (stillen) Kündigung bewegen würden.

Die stille Kündigung, oder “Quiet Quitting”, beschreibt eine Situation, in der Mitarbeitende aufgrund von Unzufriedenheit oder Desinteresse die Organisation geistig und emotional verlassen, aber physisch anwesend bleiben. Dies kann sich durch eine geringere Produktivität, fehlende Initiative oder sozialen Rückzug äußern. Dies ermöglicht es ihnen, den Job beizubehalten, während sie die nächsten Schritte planen.

Der proaktive, ehrliche Austausch auf Augenhöhe schafft Vertrauen, zeigt Wertschätzung für die Mitarbeitenden und gibt Unternehmen die Möglichkeit, bei negativen Entwicklungen frühzeitig mit Maßnahmen für mehr Mitarbeiterbindung gegenzusteuern, um eine hohe Mitarbeiterfluktuation zu vermeiden.

Tipps für ein gutes Stay Interview – was Arbeitgeber beachten sollten:

Erklären Sie schon bei der Einladung den Sinn und Zweck des Gesprächs. Gerade Mitarbeitende, die vielleicht gar nicht über eine Kündigung nachdenken, könnten sonst verwirrt reagieren: Möchte mein Arbeitgeber etwa, dass ich kündige?
Schaffen Sie einen sicheren Rahmen: Schlagen Sie einen Gesprächsort vor, an dem der*die Mitarbeitende sich wohlfühlt und versichern Sie, dass alles Gesagte vertraulich behandelt wird. Stellen Sie offene Fragen, die den*die Mitarbeiter*in dazu anregen, frei zu erzählen.
Zeigen Sie Empathie: Hören Sie aufmerksam zu und reagieren Sie angemessen.
Nach dem Gespräch: Nutzen Sie die gewonnenen Informationen, erfassen Sie sie und werten sie sinnvoll aus. Nur so können Sie die wichtigsten Pain Points Ihres Unternehmens klar identifizieren und eine Veränderung bewirken.

11 Fragen, die Sie in einem Stay Interview stellen können:

  • Worauf freuen Sie sich, wenn Sie zur Arbeit kommen?
  • Was missfällt Ihnen am Unternehmen/an der Arbeit/an Ihrem Team?
  • Wie empfinden Sie das Thema Wertschätzung im Unternehmen?
  • Wenn Sie kündigen würden, was wären die wichtigsten Gründe dafür?
  • Wann haben Sie zuletzt darüber nachgedacht, zu kündigen? Und was war der Auslöser?
  • Was hat unser Unternehmen bislang getan, um Ihre Erwartungen zu erfüllen?
  • Welche Weiterbildungsmöglichkeiten fehlen Ihnen noch bei uns?
  • Wenn Sie eine Sache an Ihrem Job ändern könnten, was wäre das?
  • Worüber denken Sie nach auf dem Weg zur Arbeit? Und worüber auf dem Weg nach Hause?
  • Wie sieht Ihr Traumjob aus?
  • Was kann ich tun, damit Sie sich hier noch wohler fühlen?

Fazit

Bleibegespräche können ein probates Mittel sein, um Mitarbeiter*innen langfristig im Unternehmen zu halten. Sie sind nicht zu verwechseln mit Exit-Gesprächen, die erst erfolgen, wenn es schon zu spät ist. Hervorzuheben ist, dass die Anregungen, die befragte Personen im Gespräch geben, vom Unternehmen wirklich ernstgenommen, hinterfragt und ggf. angenommen werden. Es können sich wichtige Ansätze zur Gestaltung der Arbeitgebermarke, also für das Employer Branding, ergeben.


1 Stepstone Studie „The Silent Resignation“, 2022