
Great Resignation: Kommt die Kündigungswelle nach Deutschland?
Inhalt
- Great Resignation in den USA
- Mitarbeitende sind offen für Jobwechsel
- Drei positive Aussichten
- Attraktivitätsfaktoren
- Argumente
- Über die Studie

Studie: Silent Resignation in Deutschland
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2021 kam es in den USA zu einer außergewöhnlichen Entwicklung: Millionen von Menschen kündigten ihre Jobs. Allein im November 2021 belief sich die Zahl der Kündigungen seitens der Arbeitnehmenden laut dem U.S. Bureau of Labor Statistics auf über 4,5 Millionen. Vielfach stellt sich die Frage, ob diese Welle auch nach Deutschland schwappt. Das hat Stepstone im Rahmen einer Umfrage mit rund 11.000 abgeschlossenen Fragebögen untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Noch sehen wir vielleicht keine Welle, aber die Flut kommt. Der Pegel steigt bereits. Unsere Zahlen legen nahe, dass Flexibilität und Volatilität am Arbeitsmarkt weiter zunehmen werden.
Status Quo: Great Resignation in den USA
Der Grund für diese Entwicklung: Ein riesiges Jobangebot. 11,3 Millionen ausgeschriebene Stellen bei 6,3 Millionen Arbeitslosen macht ein Überangebot von 5 Millionen Jobs (Stand Februar 2022). Allein im Februar dieses Jahres entstanden auf dem US-Arbeitsmarkt 678.000 neue Jobs – fast 300.000 mehr als Volkswirte zuvor prognostiziert hatten (In diesem Beitrag aus dem Handelsblatt lesen Sie nähere Informationen über die Konjunktur auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt). Die Arbeitslosenquote sinkt und die USA nähern sich immer weiter einer Vollbeschäftigung an. Die Menschen können sich schlichtweg aussuchen, wo sie arbeiten möchten. In diesem Zuge entscheiden sie sich nicht selten für einen höherwertigen Job mit einem besseren Einkommen, besseren Arbeitsbedingungen. Ähnliches sehen wir auch in Großbritannien und Australien.
43 % der deutschen Mitarbeitenden sind offen für einen Jobwechsel
Auch in Deutschland ist die Nachfrage nach neuen Mitarbeitenden auf einem Rekordhoch. Gleichzeitig sind viele Menschen aktiv auf der Suche nach einem neuen Job – in manchen Branchen sogar die Mehrheit der Befragten. Aber was noch wichtiger ist: Kaum einer schließt den Wechsel aus. Neben den 40 % der aktiv Suchenden geben 43 % an, offen für einen Wechsel zu sein. Die Studienteilnehmer*innen wurden darüber hinaus gefragt, ob und wie häufig sie im Schnitt daran denken, ihren Job zu wechseln. Das Ergebnis passt hierzu. Nur gut jeder Siebte denkt demnach nie daran, zu wechseln. Mehr als jeder Dritte trägt sich dagegen sogar wöchentlich mit Wechselgedanken. In manchen Berufsgruppen sind es noch einmal deutlich mehr. Gut 40 Prozent sind es unter den Pflegerinnen und Pflegern, genauso wie unter den Handwerker*innen. Auch im Bereich Administration, in der Logistik und in Kreativberufen ist der Wechselwunsch derart hoch ausgeprägt.
Das heißt erstens, dass Unternehmen aus einem großen Pool potenziell wechselbereiter Menschen schöpfen können. Umgerechnet auf den Gesamtarbeitsmarkt ergeben sich gewaltige Zahlen. Und das heißt, dass der Arbeitsmarkt in Zukunft viel flexibler werden wird. Eine Tendenz, die sich bereits seit Jahren abzeichnet, aber jetzt an Wucht gewinnt. Vom Boom am Arbeitsmarkt ist bereits seit letztem Sommer viel die Rede. Hierbei ging es allerdings immer um die Nachfrage, sprich die offenen Stellen der Unternehmen. Und die ist ungebrochen. Die Zahl der geschalteten Stellenanzeigen bei Stepstone liegt deutlich über den Werten vor der Pandemie. Im Januar 2022 schoss allerdings auch die Zahl der Jobsuchen in die Höhe. 41 Prozent mehr Suchen wurden im Vergleich zum Januar 2021 verzeichnet. Bereits im Jahr 2020 gaben 90 % der Befragten an, bei einem interessanten Jobangebot prinzipiell die Branche wechseln zu wollen. Fast zwei Drittel gaben an, in naher Zukunft den Arbeitgeber wechseln zu wollen – und das obwohl die deutliche Mehrheit sich weiterhin motiviert zeigte. Das zeigt, dass die Entwicklung hin zu größerer Flexibilität nicht neu ist. Doch anders als in den USA und Großbritannien, die stark von ihrer Migration profitieren, kommt in Deutschland noch eine zweite Entwicklung hinzu: Unsere Erwerbsbevölkerung beginnt bereits jetzt zu schrumpfen. Bis 2050 werden dem Arbeitsmarkt laut Prognosen der UN gut 8,7 Millionen Menschen verloren gehen. Die Arbeiterlosigkeit kommt und wird unseren Arbeitsmarkt grundlegend verändern.
Drei positive Aussichten der Great Resignation
- Mehr wechselwillige Personen bedeuten, dass Unternehmen schneller und flexibler auf Personalbedarfe reagieren können.
- Investitionen in die Attraktivität der Arbeitgebermarke zahlen sich mehr denn je aus, denn die Arbeitgebermarke wird zum Wettbewerbsfaktor schlechthin.
- Besseres Kompetenzmatching erhöht nicht nur die Zufriedenheit der Arbeitnehmenden, sondern auch die Performance und Produktivität.

„Der Arbeitsmarkt wird sich in einem Maße verändern, wie wir es uns aktuell noch nicht vorstellen können.“
Dr. Tobias Zimmermann, Forschungsleiter & Arbeitsmarkt-Experte, The Stepstone Group
Attraktivitätsfaktoren: Wünsche der Menschen im Vergleich zu 2020
Der Vergleich der Jahre 2020 und 2022 förderte interessante Erkenntnisse zu Tage. Vor allem ein Angebot flexibler Arbeitsformen ist zum Spielentscheider geworden. Flexible Arbeitszeiten und eine sinnhafte Tätigkeit bleiben auch nach 2020 an der Spitze der beliebtesten Attraktivitätsfaktoren. Platz drei belegen eine hohe Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit. Nicht überraschend rutscht der attraktive Unternehmensstandort gleich sechs Plätze auf dem Ranking ab.
Darüber hinaus lassen sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der beliebtesten Benefits zwischen den Berufsbildern beobachten. Während unter IT-lern und Technikern flexibles Arbeiten (z. B. Homeoffice) und flexible Arbeitszeiten klare Sieger sind, stehen im Handwerk attraktive Sozialleistungen und eine hohe Work-Life-Balance ganz oben auf der Wunschliste. Im Vergleich dazu setzen die Befragten aus dem Bereich Bildung und Soziales vor allem auf eine sinnhafte Tätigkeit sowie gute Weiterbildungs- und Trainingsangebote.
Neben den Wünschen der Befragten haben wir auch gefragt, welche Benefits tatsächlich in ihrem Unternehmen gegeben sind. Daraus konnten wir ableiten, wo Unternehmen besonders punkten können und wo der Markt noch den größten Optimierungsbedarf hat. Mehr dazu in unserem Whitepaper.
Mit welchen Argumenten überzeugt der Mittelstand?
Ebenfalls Gegenstand der Stepstone Analyse: Der Mittelstand. 99,5 % der Unternehmen in Deutschland sind KMU. Sie bilden damit das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Doch wie schneidet der Mittelstand im Vergleich zur Gesamtwirtschaft ab? Mitarbeiter in kleinen und mittelständischen Unternehmen profitieren vor allem von einem hohen Maß an Verantwortung und einem hohen individuellen Gestaltungsspielraum sowie einer sinnhaften Tätigkeit. In einem kleineren Unternehmen tritt der eigene Beitrag zum Erfolg stärker hervor. Häufig ist der Standort attraktiv gelegen. Bei den meisten Attraktivitätsfaktoren muss sich der Mittelstand keineswegs verstecken.
Über die Studie
Mit der vorliegenden Studie analysieren die Stepstone Expert*innen die Situation auf dem Arbeitsmarkt zu Beginn einer neuen Ära: der Arbeiterlosigkeit. Leifragen sind: Wie wirken sich die kommende Arbeiterlosigkeit und die enorme Personalnachfrage seit Sommer 2021 aus? Wie reagieren die Arbeitnehmenden? Schwappt die Welle der Great Resignation auch nach Deutschland? Und wie überzeugen Unternehmen in dieser Situation von sich als Arbeitgeber? Für die Studie hat Stepstone im Dezember 2021 und Januar 2022 eine Online-Befragung unter insgesamt rund 18.000 Arbeitnehmenden in Deutschland durchgeführt. Es wurden rund 11.000 abgeschlossene Fragebögen analysiert und entsprechend Mikrozensus von Destatis nach den Merkmalen Geschlecht, Alter und Bildungsgrad quotiert, damit die Daten als repräsentativ für die Erwerbsbevölkerung in Deutschland angesehen werden können.





