20. September 2024
Lesedauer: 11 Min.

Motivationstheorien: So lassen sich Drive, Eigeninitiative und Durchhaltevermögen bei Mitarbeitenden fördern

Inhalt

  • Motivationstheorien: Definition und Kernaspekte
  • Die Zwei-Faktoren-Theorie
  • Intrinsische und extrinsische Motivation
  • Beide Arten der Motivation sind effektiv und wichtig
  • Die Selbstbestimmungstheorie
  • Ziele
  • FAQ

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Na, auch schon mal „Mitarbeiter motivieren“ oder „Motivationstheorien“ gegoogelt? Wohl jede Führungskraft stellt sich irgendwann die Frage, wie man Menschen dazu bewegt, mit Drive, Eigeninitiative und Durchhaltevermögen die eigene Arbeit und damit das Unternehmen voranzubringen. Kurz: wie man es hinbekommt, dass sie im Job motiviert sind und bleiben.

Die Frage zur Psychologie der Motivation stellt sich meist dann, wenn die Motivation im Team gerade brachliegt. Wenn nur das Nötigste erledigt wird, neue Projekte keine Begeisterung auslösen, Veränderungen auf Widerstand stoßen. Betrifft das nur einige Mitarbeitende, lässt sich das noch auf deren Persönlichkeit oder Lebensumstände schieben. Ist aber das Gros des Teams lustlos und unmotiviert, dann sollte etwas passieren. Das Problem ist nur: Motivation ist ein komplexes Phänomen, und eine schnelle Suche im Internet dazu eher verwirrend als erhellend. Wie also geht es?

Motivationstheorien: Definition und Kernaspekte

Die Definition von Motivation umfasst die Beweggründe, aus denen Menschen ein Verhalten anfangen und fortsetzen. In der Psychologie versucht man mit Motivationstheorien, genau diese Gründe greifbar zu machen. Das gelingt mal besser und mal schlechter – denn einige bleiben leider Theorie, weil sie sich empirisch nicht sonderlich gut belegen lassen. Dazu gehört die nach wie vor sehr beliebte Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg, die mit drei zentralen Annahmen arbeitet. Wir schauen sie uns trotzdem mal an, weil man aus ihr dennoch etwas ziehen kann.

Die Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg

Hier wird zwischen Hygienefaktoren und Motivatoren unterschieden. Mit den Hygienefaktoren wird die Arbeitsumgebung beschrieben, also Aspekte wie Gehalt, die Sicherheit des Jobs, die Bedingungen im Arbeitsalltag und die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen. Die erste Annahme der Theorie: Ein Mangel hier soll zu Unzufriedenheit führen, kein Mangel aber nicht zu Zufriedenheit.

Motivatoren dagegen betreffen die Arbeit selbst und sollen – die zweite Annahme –  Zufriedenheit fördern können. Wertschätzung im Job gehört etwa dazu, die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen, sich weiterzuentwickeln oder befördert zu werden. Zentral in Herzbergs Theorie ist die dritte Annahme, dass Zufriedenheit im Job – getrieben über die Motivatoren – zu einer guten Performance führt.   

Das Ziel wäre demnach, über die Hygienefaktoren Unzufriedenheit zu verhindern und über die Motivatoren Zufriedenheit zu fördern, so dass die Leistung des Mitarbeitenden möglichst hoch ist und bleibt. Das ist eingängig und wäre als Leitfaden in der Praxis gut umsetzbar. Nur zeigen Untersuchungen leider, dass sich alle drei Annahmen so nicht gut bestätigen lassen – es ist deutlich komplizierter. Was die Zwei-Faktoren-Theorie trotzdem geleistet hat, ist ein differenzierter Blick auf die einzelnen Elemente, die die Motivation von Mitarbeitenden beeinflussen könnten. Wir kommen später noch einmal darauf zurück.   

Intrinsische und extrinsische Motivation als grundlegende Motivationsarten

Sehr gut belegt und das absolute Fundament für jeden, der verstehen will, warum Menschen tun, was sie tun, sind dagegen die zwei grundlegenden Arten der Motivation: die intrinsische und die extrinsische. Die intrinsische Motivation bezieht sich auf ein inneres Bedürfnis, eine Aufgabe um ihrer selbst willen anzugehen – weil sie als interessant, herausfordernd oder sinnvoll empfunden wird, weil es glücklich macht, sich mit ihr zu beschäftigen. Extrinsische Motivation dagegen entsteht, wenn eine Handlung von außen über positive oder negative Konsequenzen angeregt wird. Positive können zum Beispiel Gehaltserhöhungen, Lob oder das Feiern von Erfolgen sein. Zu den negativen Konsequenzen zählen dagegen etwa die schlechte Laune des Chefs, wenn eine Aufgabe vom Mitarbeitenden nur halbherzig erledigt wird.

Oft werden in der Diskussion dazu, wie sich Mitarbeitende motivieren lassen, diese beiden Arten der Motivation allerdings falsch verstanden. Die Logik geht dann so: Wer es schafft, die Menschen in seinem Team intrinsisch zu motivieren – zum Beispiel über den berühmten Purpose – der motiviert viel besser und nachhaltiger als andere, die über die extrinsische Motivation gehen (müssen).

Nur: So funktioniert es nicht. Denn intrinsische und extrinsische Motivation sind keine sich ausschließenden Gegensätze: Sie wechseln sich sehr sinnvoll miteinander ab, ergänzen sich oder gehen schleichend ineinander über – und zwar auf viel kleinteiligerer Ebene, als viele annehmen.

Eine Frau sitzt mit einem Kaffeebecher in der Hand am Schreibtisch vor ihrem Laptop, schaut zur Seite und lacht.
Die intrinsische Motivation bezieht sich auf das, was uns selbst wichtig ist.

Beide Arten der Motivation sind effektiv und wichtig

Die menschliche Psyche funktioniert nicht so, dass sie, einmal angestoßen über die intrinsische Motivation, wie ein Auto stundenlang im gleichen Tempo über die Autobahn düst. Sie gleicht eher einem Auto im Stadtverkehr: Mal hat sie eine grüne Welle, dann wieder wird sie von anderen Autos ausgebremst, steht an roten Ampeln und muss auch mal tanken. Wann immer das Gaspedal wieder getreten werden muss, stellt sich die Urfrage der Motivation: WARUM genau soll ich dieses Verhalten jetzt anfangen oder fortsetzen, also aufs Gas treten?

Würden wir uns im Alltag nur auf die intrinsische Motivation verlassen, auf den inneren Antrieb und damit auf unsere eigenen Interessen, würde unser Auto ziemlich viel auf dem Parkplatz herumstehen, um in der Analogie zu bleiben. Die intrinsische Motivation kann weit und lange tragen, aber sie wird in keinem Job der Welt jedes To-Do umfassen, das dort Tag für Tag anfällt. Großartig also, dass wir die extrinsische Motivation haben, die immer dann einspringen kann, wenn der intrinsischen gerade die Luft ausgeht.

Vielleicht kann man es so formulieren: Die intrinsische Motivation bildet das ab, was uns selbst wichtig ist. Die extrinsische dagegen spiegelt wider, was anderen um uns herum wichtig ist. Sie lassen uns das wissen, indem sie auf unser Verhalten reagieren – über negative und positive Konsequenzen. Das ist nicht nur im Job so, sondern überall im Leben. Und da Menschen zutiefst soziale Lebewesen sind, sind beiden Arten der Motivation sehr effektiv. Auch, wenn wir der intrinsischen lieber folgen, sofern es die Wahl gibt.

Die extrinsische Motivation wird oft falsch verstanden, weil sie so eng an die Konzepte von Belohnung und Bestrafung gebunden ist, und das klingt so gar nicht nach New Work. Aber sehen wir uns noch mal die Aspekte in der Zwei-Faktoren-Theorie an. Dort stehen sowohl unter den Hygienefaktoren (Gehalt, Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen) als auch unter den Motivatoren (Anerkennung, Verantwortung bekommen) einige, die absolut darauf aufbauen, was andere über unsere Arbeit denken und welche positiven oder negativen Konsequenzen daraus für uns folgen.

Die Selbstbestimmungstheorie: Autonomie, soziale Eingebundenheit und Kompetenz zählen

Dass wir beide Arten der Motivation dringend brauchen, zeigt auch die Selbstbestimmungstheorie (SDT) von Edward Deci und Richard Ryan. In diesem moderneren Ansatz geht man davon aus, dass Menschen drei grundlegende psychologische Bedürfnisse haben: Autonomie, soziale Eingebundenheit und Kompetenz. Kompetenz beschreibt das Bedürfnis, effektiv zu handeln.

Mitarbeitende möchten Aufgaben übernehmen, in denen sie sich kompetent fühlen und sich weiterentwickeln können. Autonomie bezieht sich auf das Bedürfnis, im Job eigene Entscheidungen treffen zu können und Kontrolle über das eigene Handeln zu haben. Ich formuliere es mal anders: der intrinsischen Motivation folgen zu können. Und soziale Eingebundenheit bezieht sich auf das Bedürfnis nach einer Atmosphäre im Team, die durch Vertrauen und Zusammenarbeit geprägt ist und in der andere gutheißen, was man selbst tut. Anders formuliert geht es hier um das Bedürfnis, extrinsisch motiviert zu werden.

Ziele geben Kompetenz, extrinsischer und intrinsischer Motivation die Richtung

In diesem Dreiklang aus Kompetenz, extrinsischer und intrinsischer Motivation fehlt dann nur noch ein Element, um Teams nachhaltig bzw. immer wieder zu einer guten Performance zu verhelfen: Ziele. Ziele geben Handlungen eine klare Richtung. Sie helfen dabei, die eigene Kraft einzuteilen und richtige Prioritäten zu setzen. Erst Ziele machen Erfolg möglich. Und wer die eigenen Ziele mitgestalten kann, dessen intrinsische Motivation steigt.

Studien zeigen, dass Mitarbeitende mit einer hohen Motivation nicht nur ihre Ziele gut kennen, sondern auch regelmäßig ihren Stand auf dem Weg dahin besprechen. Um in unserem Bild des Straßenverkehrs zu bleiben: Wenn sie sich verfahren haben, in einer Sackgasse gelandet sind oder an einer Baustelle vorbeimüssen, hilft eine kurze Rücksprache, um sich zu versichern, ob sie noch auf dem richtigen Weg sind, ob sie gut in der Zeit liegen – und ob sie es trotz möglicher Hindernisse schaffen werden, ans Ziel zu kommen.

Das „Rezept“ für motivierte Mitarbeitende sieht demnach folgendermaßen aus:

Intrinsisch motivieren

Freiraum und Autonomie ermöglichen: Den Mitarbeitenden eigene Entscheidungen treffen und das eigene Handeln steuern lassen, wenn er oder sie auf dem Gebiet kompetent und eigenmotiviert ist. Bei sehr hoher Eigenmotivation und einiger Berufserfahrung kann der Mitarbeitende sich auch selbst Ziele setzen, die nur kurz abgestimmt werden. Anfeuern und begleiten ist hier wichtig, Lob und Micromanagement kontraproduktiv.

Extrinsisch motivieren

Regelmäßiges wertschätzendes, aber sehr klares Feedback zur Leistung des Mitarbeitenden in einer Atmosphäre des Vertrauens, wenn er oder sie auf dem Gebiet nicht eigenmotiviert und/oder unerfahren ist. Zum Beispiel über die „Start, Stop, Continue-Methode“: Dabei wird jeweils ein Verhalten gefeedbackt, das der Mitarbeitende beginnen soll, eines, das er möglichst einstellen soll, sowie eines, das er oder sie gern genau so beibehalten kann, wie es gerade ist.

Kompetenz fördern

Mitarbeitende gemäß ihren Fähigkeiten einsetzen und regelmäßig aus der Komfortzone in die Wachstumszone bringen, etwa durch zusätzliche Verantwortung oder komplexere Aufgaben (Job Enrichment). Dies sollte man auch so kommunizieren, damit deutlich wird, dass es um eine Entwicklung der Kompetenzen geht. Idealerweise auf einem Gebiet, das für das Unternehmen relevant und für den Mitarbeitenden bedeutsam ist. Zur Not reicht aber auch eines von beidem. Möglichkeiten zur Weiterbildung über Schulungen, Workshops etc. sind auch wertvoll. Wichtig ist aber, Kompetenz und ihr Wachstum im Alltag selbst zu erleben.

Ziele setzen und nachhalten

Klare, verbindliche Ziele für jeden Mitarbeitenden setzen. Regelmäßig den Stand besprechen, Hindernisse identifizieren, Unterstützung anbieten. Lieber hochfrequente kurze Check-ins statt langer Meetings in Dozentenmanier.

So komplex und vielschichtig Motivation aus psychologischer Perspektive auch ist: Mit diesen vier Elementen können Führungskräfte ihre Mitarbeitenden effektiv und sehr gezielt motivieren, indem sie das „Setup“ an den jeweiligen Menschen oder das betreffende Team anpassen. Ist es wirklich gerade so, dass im Team gerade nur das Nötigste erledigt wird, neue Projekte keine Begeisterung auslösen und Veränderungen auf Widerstand stoßen, dann lässt sich mithilfe dieser vier Elemente sowohl auf Teamebene als auch bei jedem einzelnen Mitarbeitenden ansetzen.

Wenn man genau hinsieht, erkennt man dann zum Beispiel vielleicht: Momentan braucht das Team Sicherheit durch Komfortzone statt Entwicklung durch Wachstum, eher konservativ gesetzte und dadurch weniger volatile Ziele, und mehr extrinsische Motivation durch kurze Check-ins mit klarem Feedback als viel Freiheit, sich auszuleben. Um das zu erkennen, braucht es etwas Beobachtungsgabe, Neugier sowie den Willen und die Fähigkeit, den eigenen Führungsstil flexibel anzupassen: auf die Situation, das Team und den einzelnen Mitarbeitenden.


Dr. Fanny Jimenez
Chief of Staff

Dr. Fanny Jimenez studierte Psychologie und Neurowissenschaften in Berlin und den USA, bevor sie im Rahmen der International Max Planck Research School an der Humboldt-Universität zu Berlin promovierte. Ihre Schwerpunkte dabei waren die Psychologie der Persönlichkeit und soziale Beziehungen. Seit 2023 ist sie Chief of Staff bei Business Insider Deutschland und leitet das Audio-Team, nachdem sie zuvor das Ressort Karriere, Leben und Wissen verantwortet hatte. Zudem arbeitete sie frei für den Stern, Deutschlandfunk, Spektrum, Gehirn & Geist sowie Psychologie heute und war mehrere Jahre lang Redakteurin im Ressort Wissen bei der Welt/Welt am Sonntag.


FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Motivationstheorien

Welche Arten von Motivation gibt es?

Die intrinsische Motivation bezieht sich auf ein inneres Bedürfnis, eine Aufgabe anzugehen – weil sie  als belohnend empfunden wird. Extrinsische Motivation dagegen entsteht, wenn eine Handlung von außen über positive oder negative Konsequenzen motiviert wird. Beide Arten der Motivation sind nötig und effektiv, um Mitarbeitende zu motivieren.

Welche Motivationstheorien gibt es?

Motivationstheorien sollen diese Gründe greifbar machen, aus denen Menschen ein Verhalten anfangen und fortsetzen. Eine sehr beliebte ist die Zwei-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg, bei der zwischen Hygienefaktoren und Motivatoren unterschieden wird, um Unzufriedenheit zu verhindern und Zufriedenheit zu fördern. Leider lässt sie sich empirisch nicht allzu gut belegen. Bei der Selbstbestimmungstheorie von Edward Deci und Richard Ryan geht man davon aus, dass Menschen durch drei grundlegende psychologische Bedürfnisse motiviert werden: dem nach Autonomie, nach sozialer Eingebundenheit und dem nach Kompetenz.

Welche Motivationsinstrumente gibt es?

Unser „Rezept“ für motivierte Mitarbeitende umfasst die intrinsische Motivation, die extrinsische Motivation, die Förderung der Kompetenzen im Team sowie klare, verbindliche Ziele, die regelmäßig nachgehalten werden. Wichtig ist dabei, den Führungsstil mithilfe dieser vier Elemente auf die Situation, das Team und den einzelnen Mitarbeitenden flexibel anzupassen.