09. October 2024
Lesedauer: 12 Min.

Kündigungsfristen in der Probezeit: Rechte und Pflichten für Arbeitgeber

Inhalt

  • Das Wichtigste in Kürze
  • Kündigungsfrist in der Probezeit
  • Abweichende Kündigungsfristen?
  • Fristlose Kündigung in der Probezeit?
  • Wegen Krankheit kündigen?
  • Unterschiede Probezeit und Wartezeit
  • Sonderfälle
  • Unzulässige Kündigung
  • FAQ
Studie: The Age Advantage - Recruiting ohne Altersgrenzen

Studie: The Age Advantage – Recruiting ohne Altersgrenzen

Download (Deutsch)

15 % Rabatt auf alle Online-Produkte.

Zum Angebot
Alle ArtikelArbeitsmarktKündigungsfristen in der Probezeit: Rechte und Pflichten für Arbeitgeber

Manchmal lässt das perfekte Match mit passenden Mitarbeitenden auf sich warten. Trotz klarer Absprachen in Vorstellungsgesprächen kommt es in der Praxis zu unerwarteten Schwierigkeiten. Genau hier kommt die Probezeit ins Spiel: Sie ermöglicht es Ihnen, die fachliche Eignung, die Motivation und den „Cultural Fit“ des neuen Angestellten zu prüfen. Wenn dies nicht der Fall ist, reduziert eine Probezeit Risiken und vermeidet langfristige Fehlentscheiden. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über die Kündigungsfristen in der Probezeit und die rechtlichen Aspekte, die Sie dabei beachten sollten.

Das Wichtigste in Kürze

  •  Definition: Die Probezeit ist eine vertraglich festgelegte Phase zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses, in der Arbeitgeber und Angestellte die Eignung und kulturelle Passung überprüfen und das Arbeitsverhältnis unkompliziert kündigen können.
  • Dauer: Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt zwei Wochen gemäß § 622 Abs. 3 BGB; Kündigungen sind an jedem Kalendertag möglich.
  • Spezielle Regelungen: Abweichende Kündigungsfristen sind durch Regelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag möglich; kürzere Fristen gelten für bestimmte Beschäftigungen.
  • Wirksamkeit: Kündigungen müssen schriftlich erfolgen und dürfen nicht gegen Diskriminierungsverbote verstoßen oder „zu Unzeiten“ ausgesprochen werden.

Wie lange beträgt die Kündigungsfrist in der Probezeit?

Die Kündigungsfrist in der Probezeit beträgt zwei Wochen. § 622 Abs. 3 BGB regelt diese gesetzliche Kündigungsfrist und ermöglicht während der Probezeit, die maximal sechs Monate dauern darf, eine verkürzte Frist. Nach Ablauf der Probezeit tritt das Kündigungsschutzgesetz in Kraft, und die Kündigungsfristen ändern sich sowohl für Unternehmen als auch für Beschäftigte.

Anführungszeichen

Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.“

§ 622 Abs. 3 BGB

Anführungszeichen

Beispiel: Herr Müller arbeitet seit fünf Wochen in einem IT-Unternehmen und befindet sich noch in der Probezeit. Sein Arbeitgeber ist mit seiner Arbeitsleistung nicht zufrieden und entscheidet sich, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Am 1. Oktober spricht der Arbeitgeber die Kündigung aus. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Wochen, sodass Herr Müllers letzter Arbeitstag der 15. Oktober ist.

Tipp: In diesem Artikel erhalten Sie einen ausführlichen Leitfaden zu gesetzlichen Kündigungsfristen: Arten, rechtliche Verpflichtungen & Praxisbeispiele.

Sind davon abweichende Kündigungsfristen möglich?

Abweichende Kündigungsfristen zur gesetzlich festgelegten zweiwöchigen Kündigungsfrist während der Probezeit sind durch besondere Regelungen möglich. Eine längere Kündigungsfrist während der Probezeit ist in der Regel unüblich und normalerweise nur dann relevant, wenn Sie keine Probezeit vereinbart haben.
Eine kürzere Kündigungsfrist können Sie im Rahmen von Tarifverträgen festlegen. Dies eignet sich besonders für Aushilfstätigkeiten, bei denen die Beschäftigung auf wenige Wochen oder Monate begrenzt bleibt. In solchen Fällen erlaubt eine verkürzte Kündigungsfrist, flexibel auf die Dauer der Beschäftigung zu reagieren.

Beispiel: Frau Schulz arbeitet als saisonale Aushilfe auf einem Weihnachtsmarkt, befristet für zwei Monate. In ihrem Tarifvertrag ist festgelegt, dass in solchen kurzfristigen Aushilfsverträgen eine Kündigungsfrist von nur drei Tagen gilt. Nachdem sie eine Woche gearbeitet hat, entscheidet sich ihr Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Ihr Vorgesetzter spricht die Kündigung aus und da eine verkürzte Frist von drei Tagen im Tarifvertrag steht, ist ihr letzter Arbeitstag drei Tage nach der Kündigung.

Tipp: Lesen Sie in diesem Artikel, worauf Sie achten sollten, wenn Sie ein Kündigungsgespräch führen!

Ist eine fristlose Kündigung in der Probezeit möglich?

Sie dürfen während der Probezeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist eine fristlose Kündigung aussprechen. Dafür ist jedoch ein „wichtiger Grund“ erforderlich, wie beispielsweise die Beleidigung von Kolleg*innen, sexuelle Belästigung, anhaltende Arbeitsverweigerung oder strafbare Handlungen wie Diebstahl oder die unerlaubte Weitergabe von Firmengeheimnissen.

Wichtig ist es, zur Absicherung vor einer fristlosen Kündigung in der Probezeit zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Falls ein Betriebsrat existiert, müssen Sie diesen gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz vor der Kündigung anhören.

Beispiel: Herr Becker, der sich noch in der Probezeit befindet, beleidigt wiederholt seine Kolleg*innen und erhält deswegen bereits Abmahnungen. Nach einer weiteren, massiven Beleidigung entscheidet sich der Arbeitgeber, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Da im Unternehmen ein Betriebsrat existiert, hört man diesen gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz vor der Kündigung an. Nach Zustimmung des Betriebsrats wird Herrn Becker ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt.

Darf der Arbeitgeber in der Probezeit wegen Krankheit kündigen?

In der Probezeit dürfen Sie eine Kündigung wegen Krankheit grundsätzlich aussprechen, da in dieser Phase keine Begründung für die Kündigung notwendig ist. Sie haben das Recht, erkrankte Mitarbeitende zu entlassen, solange Sie dabei nicht willkürlich, diskriminierend oder gegen moralische Grundsätze handeln. Außerdem dürfen Sie nicht gegen das Maßregelungsverbot verstoßen, das den Schutz vor Benachteiligung aufgrund von rechtlich zulässigem Verhalten sicherstellt.

Beispiel: Herr Fischer ist seit drei Wochen in einem Unternehmen angestellt und fällt aufgrund einer Grippe für mehrere Tage aus. Sein Arbeitgeber entscheidet sich, das Arbeitsverhältnis während der Probezeit zu beenden. Da die Kündigung nicht aus willkürlichen oder diskriminierenden Gründen erfolgt, sondern der Arbeitgeber allgemein mit seiner Leistung unzufrieden ist, ist die Kündigung trotz der Krankheit rechtlich zulässig.

Tipp: Erfahren Sie in diesem Artikel, was Sie beachten müssen, wenn sie Mitarbeitende kündigen!

Welche Unterschiede gibt es zwischen Probezeit und Wartezeit?

Der wesentliche Unterschied zwischen Probezeit und Wartezeit liegt in ihrer rechtlichen Grundlage und Flexibilität. Während die Probezeit eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Angestellten darstellt und somit optional ist, greift die Wartezeit automatisch kraft Gesetzes (§ 1 Abs. 1 KSchG). Sie legt fest, dass der gesetzliche Kündigungsschutz erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit greift, vorausgesetzt, das Unternehmen beschäftigt mehr als zehn Mitarbeitende. Während der Wartezeit können Sie den Mitarbeitenden ohne Angabe von Gründen kündigen, was eine einfachere Trennung ermöglicht. Im Gegensatz zur flexiblen Probezeit ist die Wartezeit nicht verkürzbar.

Beispiel: Frau Bauer beginnt ein neues Arbeitsverhältnis mit einer sechsmonatigen Probezeit. Nach drei Monaten kündigt ihr Arbeitgeber unter Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungsfrist. Da Frau Bauer sich noch in der Probezeit und gleichzeitig innerhalb der Wartezeit befindet, hat sie keinen Anspruch auf Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds während der Probezeit ist nur in Ausnahmefällen möglich.

Was gilt für Sonderfälle in der Probezeit?

Während der Probezeit gilt für bestimmte Personengruppen ein besonderer Kündigungsschutz. Dies gilt insbesondere für schwangere Mitarbeiterinnen, Eltern in Elternzeit, Auszubildende, Minijobber, Betriebsratsmitglieder und schwerbehinderte Arbeitnehmende.

Schwangerschaft

Für schwangere Mitarbeiterinnen greift ein besonderer Kündigungsschutz, der auch während der Probezeit gilt. Sobald Sie als Arbeitgeber von einer Schwangerschaft erfahren, ist eine Kündigung bis vier Monate nach der Geburt des Kindes unzulässig.

Beispiel: Eine neue Mitarbeiterin, die erst seit wenigen Wochen im Unternehmen ist, teilt der HR-Abteilung mit, dass sie schwanger ist. Auch wenn die Probezeit noch läuft, darf das Unternehmen die Mitarbeiterin nicht kündigen, selbst wenn es interne Schwierigkeiten gibt.

Elternzeit

Arbeitnehmende, die Elternzeit beantragt haben, genießen ebenfalls einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser Schutz beginnt mit der Beantragung der Elternzeit und dauert bis zum Ende der Elternzeit an.

Beispiel: Herr Müller, der in einem Minijob arbeitet, beantragt Elternzeit für die Geburt seines Kindes. Sobald der Antrag auf Elternzeit eingereicht ist, darf der Arbeitgeber ihn nicht kündigen – auch wenn die Probezeit noch läuft.

Ausbildung

In einem Ausbildungsverhältnis beträgt die Probezeit mindestens einen und höchstens vier Monate. Während dieser Zeit können Sie den Auszubildenden ohne Angabe von Gründen kündigen, sogar fristlos. Wichtig ist, dass die Kündigung noch vor Ende der Probezeit zugeht.

Beispiel: Ein Unternehmen stellt einen Auszubildenden ein, der drei Monate Probezeit hat. Nach zwei Monaten entscheidet der Ausbilder, dass der Azubi nicht die Erwartungen erfüllt. Das Unternehmen spricht die Kündigung fristlos aus. Da dies noch innerhalb der Probezeit geschieht, ist keine Angabe von Gründen erforderlich.

Minijob

Bei einem Minijob gibt es hinsichtlich der Kündigungsfrist in der Probezeit keine Unterschiede zu einem Midijob oder Vollzeitjob. Die Kündigungsfrist beträgt auch hier zwei Wochen, ohne dass eine Seite Gründe angeben muss.

Beispiel: Frau Meier arbeitet seit einem Monat als Minijobberin in einem Café. Ihr Arbeitgeber kündigt ihr während der Probezeit mit einer Frist von zwei Wochen, ohne einen Grund angeben zu müssen.

Betriebsratsmitglieder

Für Mitglieder des Betriebsrats gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist nur aus wichtigem Grund und mit Zustimmung des Betriebsrats möglich. Dies gilt auch während der Probezeit.
Beispiel: Frau Weber wird während ihrer Probezeit in den Betriebsrat gewählt. Ihr Arbeitgeber plant eine Kündigung, muss jedoch zuerst die Zustimmung des Betriebsrats einholen. Ohne diese Zustimmung ist die Kündigung unzulässig, selbst in der Probezeit.

Schwerbehinderte

Schwerbehinderte Arbeitnehmende genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Um eine Kündigung auszusprechen, müssen Sie die Zustimmung des Integrationsamts einholen. Ohne diese Zustimmung ist eine Kündigung unwirksam. Der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte tritt jedoch erst nach einer sechsmonatigen Beschäftigungsdauer in Kraft. Während der Probezeit vor Ablauf dieser sechs Monate gilt der besondere Schutz daher nicht.

Achtung: Besonderer Kündigungsschutz gilt bei einer Schwerbehinderung ab einem Grad von 50. Ohne Nachweis zum Kündigungszeitpunkt entfällt der Schutz.

Beispiel: Herr Schmidt, der schwerbehindert ist, befindet sich noch in der Probezeit. Nach fünf Monaten entscheidet das Unternehmen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Da der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte erst nach sechs Monaten greift, kann das Unternehmen die Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamts aussprechen. Hätte Herr Schmidt die sechs Monate bereits erfüllt, wäre die Zustimmung des Integrationsamts erforderlich gewesen.

In welchen weiteren Fällen ist eine Kündigung unzulässig?

Eine Kündigung in der Probezeit ist unwirksam sein, wenn sie bestimmte rechtliche Anforderungen nicht erfüllt. Zum Beispiel muss sie gemäß § 623 BGB schriftlich erfolgen – eine Kündigung per E-Mail, SMS oder über andere elektronische Wege ist rechtlich ungültig. Formfehler wie diese machen die Kündigung unwirksam.
Darüber hinaus kann eine Kündigung unwirksam sein, wenn sie auf diskriminierenden Gründen basiert, wie etwa aufgrund des Geschlechts, der Religion oder der ethnischen Herkunft. Auch Kündigungen zu unpassenden Zeitpunkten („zur Unzeit“), wie beispielsweise während einer schweren Krankheit oder direkt vor einer bedeutenden Operation, können als unzulässig gelten.
Beispiel: Frau Müller, die sich in der Probezeit befindet, erhält eine Kündigung per E-Mail. Da das Gesetz vorschreibt, dass Kündigungen schriftlich erfolgen müssen und die elektronische Form nicht zulässig ist, ist diese Kündigung unwirksam. Darüber hinaus ist Frau Müller zu diesem Zeitpunkt gerade im Krankenhaus, um eine schwere Operation zu durchlaufen. Eine Kündigung unmittelbar vor einem solchen Eingriff könnte als unzumutbar und „zur Unzeit“ eingestuft werden, was ebenfalls zu ihrer Unwirksamkeit führen könnte.


Häufig gestellte Fragen:

Kann man in der Probezeit an jedem Tag kündigen?

Ja, Sie können das Arbeitsverhältnis Ihrer Mitarbeitenden an jedem Kalendertag während der Probezeit kündigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kündigung zu Beginn, in der Mitte oder am Ende des Monats ausgesprochen wird. Wichtig ist, die gesetzliche Kündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten, es sei denn, es gelten abweichende tarifvertragliche Regelungen.

Darf der Arbeitnehmer nach einer Kündigung in der Probezeit weiterarbeiten?

Ja, Ihr Mitarbeitender kann während der zweiwöchigen Kündigungsfrist nach einer Probezeitkündigung weiterarbeiten, es sei denn, Sie entscheiden sich für eine Freistellung. In solchen Fällen sind Angestellte zwar von der Arbeitsleistung entbunden, haben aber weiterhin Anspruch auf ihre Vergütung. Das Arbeitsverhältnis endet nach Ablauf der Kündigungsfrist.

Hat der Arbeitnehmer in der Probezeit Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Ja, auch wenn das Arbeitsverhältnis während der Probezeit endet, ist Ihr Mitarbeitender berechtigt, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu verlangen. Dieses sollte die erbrachte Arbeitsleistung sowie das Verhalten am Arbeitsplatz fair und korrekt wiedergeben, unabhängig von der Dauer der Beschäftigung.

Muss im Arbeitsvertrag die Kündigungsfrist während der Probezeit explizit geregelt sein?

Ja, es ist ratsam, die Kündigungsfrist in der Probezeit im Arbeitsvertrag festzulegen, um Missverständnisse zu vermeiden. Fehlt eine explizite Regelung im Arbeitsvertrag, gilt automatisch die gesetzliche Frist von zwei Wochen.

Was passiert, wenn eine Probezeitkündigung unwirksam ist?

Sollte eine Probezeitkündigung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, etwa aufgrund von Formfehlern oder Diskriminierung, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. In diesem Fall können Mitarbeitende rechtliche Schritte einleiten, um ihre Ansprüche geltend zu machen, was für Sie zu zusätzlichen rechtlichen Herausforderungen führen kann.