15. October 2024
Lesedauer: 11 Min.

Betriebsbedingte Kündigung: Voraussetzungen, Verfahren und rechtlicher Rahmen

Inhalt

  • Das Wichtigste in Kürze
  • Definition
  • Gesetzlicher Rahmen
  • Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung
  • Einschränkungen
  • Betriebsbedingte Kündigung während Elternzeit
  • Kündigungsfristen
  • Fristlose betriebsbedingte Kündigung
  • Anspruch auf eine Abfindung
  • FAQ

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Alle ArtikelArbeitsmarktBetriebsbedingte Kündigung: Voraussetzungen, Verfahren und rechtlicher Rahmen

Wenn es darum geht, das Arbeitsverhältnis aufgrund betrieblicher Notwendigkeiten zu beenden, sind spezifische gesetzliche Anforderungen und Schutzmaßnahmen zu beachten. Von der korrekten Durchführung der Sozialauswahl bis hin zur Einhaltung der formalen Voraussetzungen – die richtige Handhabung dieser Kündigungsart ist entscheidend für die Rechtmäßigkeit und Fairness gegenüber den betroffenen Mitarbeitenden. In diesem Artikel erfahren Sie, was Sie bei einer betriebsbedingten Kündigung beachten müssen, um rechtlichen Problemen vorzubeugen und die Interessen aller Beteiligten zu wahren.

Das Wichtigste in Kürze

  • Voraussetzungen: Eine betriebsbedingte Kündigung kann aus wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen erfolgen, und es müssen mindestens zehn Beschäftigte im Unternehmen arbeiten.
  • Gründe für betriebsbedingte Kündigungen: Mögliche Gründe sind innerbetriebliche Umstrukturierungen oder außerbetriebliche Absatzschwierigkeiten.
  • Einschränkungen und Verfahren: Vor der Kündigung sind mildere Alternativen zu prüfen und eine Sozialauswahl durchzuführen.
  • Besondere Regelungen: Kündigungen während der Elternzeit erfordern besondere Nachweise, Abfindungen werden nur bei freiwilligem Angebot des Arbeitgebers und ohne Kündigungsschutzklage gewährt.

Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Eine betriebsbedingte Kündigung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber aus wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen nicht mehr in der Lage ist, einen Arbeitnehmerin zu beschäftigen. Dies geschieht z. B. durch den Wegfall von Arbeitsplätzen infolge von Umstrukturierungen, Abteilungenzusammenlegungen oder Auftragsrückgängen.
Damit eine solche Kündigung rechtmäßig ist, benötigt der Betrieb nachvollziehbare Gründe und mindestens zehn Beschäftigte. Zudem darf die Kündigung nicht auf bloßen Vermutungen basieren, sondern auf einer klaren Entscheidung des Unternehmens, etwa nach einer abgeschlossenen Umstrukturierung.

Gesetzlicher Rahmen für betriebsbedingte Kündigungen

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) legt fest, dass eine Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt und damit zulässig ist, wenn sie aus personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen erfolgt. Bei einer betriebsbedingten Kündigung handelt es sich um eine ordentliche Kündigung und nicht um eine außerordentliche, die der Arbeitgeber ohne Einhaltung der Fristen ausspricht.
Das KSchG stellt sicher, dass Arbeitgeber betriebsbedingte Kündigungen nur unter bestimmten Voraussetzungen und nach sorgfältiger Prüfung alternativer Maßnahmen aussprechen dürfen. Ziel des Gesetzes ist es, einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen des Arbeitgebers und dem Erhalt des Arbeitsplatzes für den*die Arbeitnehmer*in zu schaffen.

Was sind Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung?

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schützt Arbeitnehmende vor willkürlichen Kündigungen, ermöglicht jedoch Unternehmen, bei betrieblichen Notwendigkeiten Arbeitsverhältnisse zu beenden. Die Gründe können innerbetrieblicher oder außerbetrieblicher Natur sein.

Innerbetriebliche Gründe

Schließung des Unternehmens oder von Abteilungen

Durch die komplette Schließung eines Unternehmens oder einer Abteilung entfällt der Arbeitsplatz für betroffene Mitarbeitende.
Beispiel: Ein Unternehmen legt eine Produktionsstätte still, wodurch alle dort Beschäftigten ihre Arbeitsplätze verlieren.


Umstrukturierungen oder Zusammenlegungen von Abteilungen

Innerbetriebliche Umstrukturierungen, etwa durch Zusammenlegung von Abteilungen oder Outsourcing bestimmter Bereiche reduzieren den Personalbedarf.
Beispiel: Durch die Auslagerung der IT-Abteilung wird das interne IT-Team überflüssig.

Einschränkung des Betriebs

Eine Reduzierung der Produktions- oder Schichtkapazitäten führt dazu, dass weniger Personal benötigt wird.
Beispiel: Ein Unternehmen stellt von 3-Schicht-Betrieb auf 2-Schicht-Betrieb um und benötigt dadurch weniger Mitarbeitende.

Technologische oder innovative Veränderungen

Neue Technologien oder Automatisierung führen dazu, dass bestimmte manuelle Tätigkeiten überflüssig werden.
Beispiel: Die Einführung von Robotertechnik in der Produktion ersetzt mehrere Mitarbeitende, die vorher manuelle Arbeiten ausgeführt haben.

Tipp: Künstliche Intelligenz wird in der Arbeitswelt immer wichtiger. In der Stepstone KI-Akademie lernen Sie, wie Sie KI-Tools effektiv für Ihr Recruiting einsetzen können.

Reduzierung der Produktion

Die Produktion fährt aufgrund von internen Entscheidungen oder veränderten Marktbedingungen zurück und der Personalbedarf sinkt.
Beispiel: Ein Autohersteller reduziert die Anzahl der produzierten Fahrzeuge und benötigt dadurch weniger Mitarbeitende

Außerbetriebliche Gründe

Absatzschwierigkeiten

Ein Betrieb hat Probleme, seine Produkte zu verkaufen, die Einnahmen gehen zurück und Personalabbau ist erforderlich.
Beispiel: Ein Modehersteller hat Schwierigkeiten, seine Kollektionen zu verkaufen, was zu einem Stellenabbau in der Produktion führt.

Rückgang der Aufträge

Weniger Aufträge bedeuten weniger Arbeit und erfordern den Abbau von Stellen.

Beispiel: Eine Baufirma erhält weniger Aufträge und beschäftigt daher ihre Bauarbeiter*innen nicht mehr in vollem Umfang.

Hohe Kosten gefährden die Rentabilität

Steigende Kosten, etwa durch teurere Rohstoffe oder höhere Energiekosten, führen dazu, dass das Unternehmen Personal abbaut, um rentabel zu bleiben.

Beispiel: Ein Hersteller von Elektrogeräten sieht sich durch steigende Energiekosten gezwungen, die Belegschaft zu verkleinern.

Wegfall von Drittmitteln oder Subventionen

Ein Unternehmen ist auf Subventionen oder Drittmittel angewiesen und diese laufen aus, was zu Stellenstreichungen führt.

Beispiel: Eine Forschungseinrichtung verliert staatliche Fördergelder und streicht zahlreiche Stellen im Forschungsbereich.

Tipp: diesem Artikel finden Sie weitere wichtige Punkte, die Sie beim Thema Kündigung von Mitarbeitenden nach deutscher Rechtslage beachten sollten!

Welche Einschränkungen gibt es bei betriebsbedingten Kündigungen?

In Deutschland gibt es strenge rechtliche Vorgaben, die den Schutz von Arbeitnehmenden gewährleisten. Beachten Sie folgende Einschränkungen, wenn Sie eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht ziehen:

Keine milderen Alternativen

Prüfen Sie, bevor Sie die betriebsbedingte Kündigung aussprechen, ob es alternative Maßnahmen gibt, die eine Kündigung verhindern könnten. Dazu zählen etwa Versetzungen auf eine andere Position im Unternehmen, das Angebot einer Weiterqualifizierung oder die Einführung von Kurzarbeit. Eine Kündigung ist nur zulässig, wenn keine dieser milderen Mittel möglich oder wirtschaftlich vertretbar sind. Beispiel: Ein Unternehmen bieten seinen Mitarbeitenden die Möglichkeit an, an einem anderen Standort oder in einer anderen Abteilung zu arbeiten, bevor es zu einer Kündigung kommt.

Sozialauswahl

Bei der Entscheidung, welchen Angestellten Sie kündigen, müssen Sie eine Sozialauswahl durchführen. Berücksichtigen Sie dabei bestimmte Kriterien wie das Alter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten (z. B. für Kinder) und eine mögliche Schwerbehinderung der Arbeitnehmenden. Ziel ist es, diejenigen Mitarbeitenden zu schützen, die sozial stärker gefährdet sind.

Beispiel: Ein Unternehmen muss aufgrund einer Betriebsreduzierung mehrere Stellen abbauen. Unter den betroffenen Mitarbeitenden sind ein älterer Angestellter mit über 20 Jahren Betriebszugehörigkeit und jüngerer Angestellter, der erst seit zwei Jahren im Unternehmen ist. Der Arbeitgeber muss in der Sozialauswahl den älteren Angestellten mit längerer Betriebszugehörigkeit und möglicherweise höheren Unterhaltspflichten stärker berücksichtigen als den jüngeren Angestellten, um sicherzustellen, dass die Kündigung sozial ausgewogen erfolgt.

Tipp: In diesem Beitrag erfahren Sie mehr zum Thema Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz!

Ausnahmen bei der Sozialauswahl: In bestimmten Fällen schließen Unternehmen Mitarbeitende von der Sozialauswahl aus. Dazu gehören sehr qualifizierte Mitarbeitende, deren Kompetenzen für den Erfolg des Unternehmens entscheidend sind. Auch unkündbare Angestellte, die aufgrund besonderer gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen nicht gekündigt werden können, fallen nicht unter die Sozialauswahl.

Was gilt für die betriebsbedingte Kündigung während der Elternzeit?

Wenn Sie eine*n Angestellte*n während der Elternzeit kündigen möchten, müssen Sie nachweisen, dass eine Weiterbeschäftigung zum Zeitpunkt der Kündigung nicht möglich ist und auch nach Ablauf der Elternzeit keine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung besteht. Dazu müssen Sie konkret darlegen, dass keine Arbeitsplätze verfügbar sind und dass weder Umstrukturierungen noch andere Maßnahmen zur Verfügung stehen, um dendie Angestellte*n nach der Elternzeit weiterhin einzusetzen.

Eine Frau überreicht einem Mann, der am Schreibtisch vor seinem Laptop sitzt, ein Buch.
Je länger die Angestellten in Ihrem Unternehmen tätig sind, desto länger ist die Kündigungsfrist.

Welche Kündigungsfristen gelten für betriebsbedingte Kündigungen?

Bei einer betriebsbedingten Kündigung gelten die üblichen Kündigungsfristen für eine ordentliche Kündigung. Diese Fristen hängen von der Dauer der Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmenden ab. In den ersten zwei Jahren der Beschäftigung beträgt die Kündigungsfrist beispielsweise vier Wochen. Das bedeutet, dass eine Kündigung entweder zum 15. eines Monats oder zum Ende des Monats wirksam wird. Je länger die Angestellten in Ihrem Unternehmen tätig sind, desto länger ist die Kündigungsfrist.
Beispiel: Ein Angestellter arbeitet seit 18 Monaten in einem mittelständischen Unternehmen, das aufgrund eines starken Auftragsrückgangs betriebsbedingte Kündigungen ausspricht. Die Kündigungsfrist beträgt in diesem Fall vier Wochen. Der Arbeitgeber kündigt den Angestellten am 10. des Monats, sodass die Kündigung zum 15. des folgenden Monats wirksam wird. Da keine mildere Alternative (z. B. Versetzung) besteht und der Arbeitgeber die Sozialauswahl korrekt durchgeführt hat, ist die Kündigung rechtlich zulässig.

Fristlose betriebsbedingte Kündigung: Ist sie möglich?

Eine fristlose betriebsbedingte Kündigung ist im Normalfall nicht erlaubt. Sie müssen die regulären Kündigungsfristen einhalten, können Mitarbeitende jedoch freistellen, wobei Gehalt, Urlaubstage und andere Ansprüche erhalten bleiben.
In seltenen Ausnahmefällen erfolgt eine fristlose Kündigung, zum Beispiel wenn die Weiterbeschäftigung unkündbarer Mitarbeitender unzumutbar ist, etwa wenn es keine Arbeit mehr gibt, aber der Vertrag noch Jahre läuft. In solchen Fällen müssen Sie eine Auslauffrist gewähren, um den sozialen Schutz sicherzustellen.
Beispiel: Ein unkündbarer Angestellter hat keine Beschäftigung mehr, aber sein Vertrag läuft weiter. Der Arbeitgeber spricht eine fristlose Kündigung aus, gewährt aber eine Auslauffrist zur finanziellen Absicherung.

Wann besteht Anspruch auf eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung?

Das Kündigungsschutzgesetz (§ 1a KSchG) regelt die Möglichkeit einer Abfindung bei betriebsbedingten Kündigungen, doch diese ist an zwei bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

  1. Keine Kündigungsschutzklage
    Der*die Arbeitnehmer*in darf innerhalb der Dreiwochenfrist nach Erhalt der Kündigung keine Kündigungsschutzklage einreichen. Falls er dies tut, erlischt der Anspruch auf eine Abfindung.
  2. Freiwilliges Angebot des Arbeitgebers
    Der Arbeitgeber muss die Abfindung von sich aus anbieten und dies explizit im Kündigungsschreiben vermerken. Ohne dieses Angebot im Kündigungsschreiben besteht kein automatischer Anspruch auf eine Abfindung.


Beispiel: Ein Unternehmen baut aufgrund von Produktionsverlagerungen mehrere Stellen ab. Ein Angestellter erhält eine betriebsbedingte Kündigung, in welcher der Arbeitgeber freiwillig eine Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr anbietet. Der Hinweis steht deutlich im Kündigungsschreiben. Der Angestellte entscheidet sich, keine Kündigungsschutzklage zu erheben, und akzeptiert die Abfindung. So entsteht der Anspruch auf die Abfindung. Hätte er jedoch Klage eingereicht, wäre diese Möglichkeit erloschen.


Häufig gestellte Fragen:

Was muss der Arbeitgeber bei der Sozialauswahl beachten?

Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl durchführen, um die Mitarbeitenden zu schützen, die sozial am stärksten gefährdet sind. Dabei berücksichtigt er soziale Kriterien wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und mögliche Schwerbehinderungen der betroffenen Mitarbeitenden. Der Arbeitgeber muss die Auswahl der gekündigten Mitarbeitenden transparent dokumentieren.

Welche formalen Voraussetzungen gelten für eine betriebsbedingte Kündigung?

Für eine betriebsbedingte Kündigung gelten folgende formale Voraussetzungen: Eine vertretungsberechtigte Person im Unternehmen, wie ein Geschäftsführer oder eine im Handelsregister eingetragene Person, unterzeichnet die Kündigung. Bei Vorliegen einer Vollmacht unterschreibt auch ein Stellvertreter, beispielsweise die Personalleitung. Existiert ein Betriebsrat, hört der Arbeitgeber diesen vor der Kündigung an.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer betriebsbedingten Kündigung?

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vor der Entscheidung über eine betriebsbedingte Kündigung anhören. Das bedeutet, er informiert den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung und legt die Gründe für die betriebsbedingte Entscheidung dar. Der Betriebsrat gibt Stellungnahmen ab und äußert gegebenenfalls Bedenken. Erst nach der ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats wird die Kündigung rechtskräftig.

Unter welchen Umständen ist eine betriebsbedingte Kündigung nicht zulässig?

Eine betriebsbedingte Kündigung ist unzulässig, wenn der Arbeitgeber die Sozialauswahlkriterien nicht korrekt beachtet oder keine konkreten betrieblichen Gründe für die Kündigung nachweist. Auch wenn der Arbeitsplatz des Angestellten erhalten bleibt oder alternative Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen bestehen, bleibt die Kündigung unzulässig. Zudem wird die Kündigung unwirksam, wenn der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß einbezogen wird.