
Arbeitszeiterfassung: Pflichten für Arbeitgeber
Inhalt
- Das Wichtigste in Kürze
- Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
- Urteil des EuGH
- Minuten- oder stundengenaue Erfassung?
- Methoden der Arbeitszeiterfassung
- Vor- und Nachteile von Excel
- Vorteile elektronischer Arbeitszeiterfassung
- Tools
- Einhalten von Pflichten
- Konsequenzen bei Nichteinhaltung
- Datenschutz
- Daten speichern und schützen
- Rechtliche Anforderungen Datenschutz
- FAQ
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Die korrekte Arbeitszeiterfassung ist nicht nur eine Formalität, sondern eine gesetzliche Pflicht, die seit 2022 für alle Arbeitgeber in Deutschland gilt. Die Einführung eines Systems zur lückenlosen Erfassung der Arbeitszeit soll Arbeitnehmer*innen vor unbezahlter Mehrarbeit schützen. Doch welche Pflichten haben Arbeitgeber konkret? Welche Methoden zur Erfassung sind zulässig, und welche Konsequenzen drohen bei Verstößen? Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über alle relevanten Aspekte der Arbeitszeiterfassung.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Arbeitszeiterfassung stellt sicher, dass die geleisteten Stunden von Mitarbeitenden korrekt dokumentiert werden.
- Arbeitgeber sind verpflichtet, ein verlässliches System zur Erfassung der Arbeitszeit einzuführen.
- Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden rechtzeitig über die Erfassung informiert und in den Prozess eingebunden werden.
- Eine genaue und vollständige Aufzeichnung der Arbeitszeiten ist unerlässlich, um gesetzliche Vorgaben einzuhalten.
- Verstöße gegen die Dokumentationspflicht können zu Konsequenzen führen.
Was ist die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung?
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat 2022 (Az. 1 ABR 22/21) entschieden, dass das Arbeitszeitgesetz reformiert wird und Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet sind, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter*innen vollständig zu erfassen. Dies basiert auf § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) und steht im Einklang mit der europäischen Rechtsprechung. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019 (Rs. 55/18 CCOO) ist somit auch in Deutschland verbindlich.
Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat festgelegt, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber dazu verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit aller Arbeitnehmer*innen einzurichten (EuGH Rs. 55/18 CCOO).
Stundengenaue Erfassung oder Erfassung nach Minuten: Was ist vorgeschrieben?
Um Arbeitnehmer*innen vor Mehrarbeit und unbezahlten Überstunden zu schützen, soll die Arbeitszeit minutengenau getrackt werden. Denn auch das Gespräch am Abend via Telefon oder die beantwortete E-Mail am Wochenende zählen als Arbeitszeit.
Methoden der Arbeitszeiterfassung: Excel und Zeiterfassungstools
Der Gesetzgeber gibt den Arbeitgebern bei der Wahl der Methode zur Arbeitszeiterfassung einen gewissen Spielraum, solange die Erfassung vollständig und genau erfolgt. Dies kann manuell, etwa mit einer Excel-Tabelle, oder automatisiert durch spezialisierte Software geschehen. Während kleinere Unternehmen oft auf einfache Lösungen wie Excel setzen, nutzen größere Firmen zunehmend professionelle Zeiterfassungssysteme.
Doch was sind die Vorteile dieser Systeme und für welche Unternehmen lohnt sich ihre Einführung? Im Folgenden wird erläutert, warum moderne Zeiterfassungslösungen nicht nur Zeit und Ressourcen sparen, sondern auch rechtliche Sicherheit bieten.
Vorteile und Nachteile von Excel zur Arbeitszeiterfassung
Oft wird vermutet, dass Excel eine nicht nur günstige, sondern auch einfache Lösung ist, um in Unternehmen die Arbeitszeit zu tracken. Tatsächlich ist das Tool aber komplex. Insofern ist es nur einfach, wenn die Mitarbeitenden das Tool ohnehin kennen und nutzen. Ansonsten wird die Schulung der Mitarbeitenden auch Ressourcen kosten, sowohl finanziell wie auch zeitlich.
Vorteile
- Kostengünstig: Excel ist in vielen Unternehmen bereits vorhanden und verursacht daher keine zusätzlichen Softwarekosten.
- Flexibilität: Das Programm lässt sich leicht an die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens anpassen. Verschiedene Zeitmodelle wie Vollzeit, Teilzeit oder Schichtarbeit können integriert werden.
Nachteile
Kein automatisiertes Tracking: Im Gegensatz zu anderen Zeiterfassungssystemen erfordert Excel eine manuelle Eingabe der Arbeitszeiten, was zeitaufwändig und anfällig für Manipulationen sein kann.
Manuelle Kontrolle: Arbeitgeber behalten volle Kontrolle über die erfassten Daten, da sie die Tabellenblätter jederzeit bearbeiten und anpassen können. Bei Software-Lösungen lässt sich dies teilweise einstellen.
Excel kann eine Lösung für kleine Unternehmen sein, bringt jedoch im Vergleich zu professionellen Zeiterfassungssystemen deutliche Einschränkungen mit sich, insbesondere bei größeren oder komplexeren Anforderungen. Auch der Datenschutz ist nicht ausreichend gewährleistet.
Vorteile von elektronischer Arbeitszeiterfassung
- Automatisierung: Arbeitszeiten werden in Echtzeit erfasst, ohne manuelle Eingaben. Das spart Zeit und minimiert Fehlerquellen. Dafür müssen Mitarbeiter*innen die Software natürlich auch dementsprechend nutzen. Ansonsten erinnern die meisten Softwares daran, die Zeiterfassung manuell nachzuholen.
- Rechtskonformität: Die Systeme gewährleisten eine lückenlose und minutengenaue Dokumentation der Arbeitszeiten, die den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
- Transparenz und Fairness: Sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer*innen sind die erfassten Zeiten jederzeit einsehbar. Überstunden und Pausen lassen sich leicht nachvollziehen.
- Einfache Auswertung: Digitale Systeme bieten umfassende Reporting- und Analysefunktionen, die es Unternehmen ermöglichen, Arbeitszeiten effizient auszuwerten und Personalressourcen optimal zu planen.
- Integration: Viele Systeme können mit bestehenden HR- und Lohnabrechnungssystemen verknüpft werden, was den gesamten Prozess der Personalverwaltung vereinfacht.
Welche Tools und Systeme eignen sich für kleine und große Unternehmen?
In kleinen Unternehmen kann es sein, dass es keine HR-Software gibt, in diesen Fällen eignen sich kleinere Anwendungen wie Clockin oder Toggl zur Zeiterfassung.
Für kleine Unternehmen:
- Clockin: Ein einfaches Tool, das sich besonders für den Mittelstand eignet. Es ermöglicht die minutengenaue Zeiterfassung und bietet Basisfunktionen für die Auswertung.
- Toggl: Ideal für kleine Teams, da es eine benutzerfreundliche Oberfläche und flexible Zeiterfassungsmöglichkeiten bietet.
Für große Unternehmen:
- Personio: Eine umfassende HR-Software, die neben der Zeiterfassung auch Funktionen für Personalverwaltung und Lohnabrechnung bietet.
- ATOSS: Ein System, das sich auf große Unternehmen mit komplexen Schichtplänen fokussiert. Es bietet erweiterte Funktionen für Zeitmanagement und Ressourcenplanung.
- SAP SuccessFactors: Eine integrierte Lösung, die Zeiterfassung, Personalverwaltung und strategische Planung miteinander kombiniert.
Fazit: Digitale Zeiterfassungssysteme bieten für jede Unternehmensgröße passende Lösungen. Während kleine Unternehmen auf einfache und kostengünstige Tools setzen können, profitieren große Firmen von spezialisierten Systemen, die komplexe Anforderungen abdecken und nahtlos in bestehende Prozesse integriert werden können.
Beispiel aus der Praxis
Ein leitender Software-Entwickler mit einem 40-Stunden-Vertrag nutzt in seinem Unternehmen die HR-Software Hibob. Da er regelmäßig vergisst, seine Arbeitszeiten zu erfassen, erhält er automatische Erinnerungen per E-Mail. Um nicht mühsam jeden Tag nachzutragen, nutzt er die ‘Quick Fix’-Funktion, die es ihm ermöglicht, seine Arbeitszeit pauschal von 8:30 bis 17:00 Uhr zu erfassen. Sowohl die Personalabteilung als auch er selbst sind damit zufrieden.
Wie können Arbeitgeber sicherstellen, dass sie ihre Pflichten einhalten?

Implementierung eines Zeiterfassungssystems: Arbeitgeber sollten frühzeitig ein verlässliches und gesetzeskonformes System zur Arbeitszeiterfassung einführen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Dabei können unterschiedliche Lösungen genutzt werden, solange sie den Vorgaben entsprechen.

Datenschutz sicherstellen: Stellen Sie sicher, dass die gewählte Lösung die Anforderungen der DSGVO erfüllt. Implementieren Sie sichere Zugriffsprotokolle, verschlüsselte Datenübertragung und klare Löschfristen für die gespeicherten Daten.

Schulung der Mitarbeiter*innen: Um sicherzustellen, dass alle Arbeitszeiten korrekt erfasst werden, sollten Mitarbeiter*innen regelmäßig geschult werden. Es muss klar sein, wie Arbeitszeiten erfasst und Pausen sowie Überstunden dokumentiert werden.

Regelmäßige Überprüfungen: Arbeitgeber sollten regelmäßige interne Kontrollen durchführen, um sicherzustellen, dass die Zeiterfassung korrekt und vollständig erfolgt. Fehlerhafte oder unvollständige Erfassungen können so frühzeitig erkannt und behoben werden.

Dokumentation und Archivierung: Es ist wichtig, alle erfassten Arbeitszeiten und zugehörigen Unterlagen systematisch zu dokumentieren und für mögliche Überprüfungen durch Behörden aufzubewahren. Eine transparente und nachvollziehbare Archivierung der Daten hilft, im Falle von Kontrollen oder rechtlichen Auseinandersetzungen gewappnet zu sein.
Diese Schritte helfen Ihnen, ein Zeiterfassungssystem erfolgreich und rechtskonform in Ihrem Unternehmen zu etablieren.
Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Zeiterfassungspflicht
Der Arbeitgeber hat dem Gesetzgeber gegenüber die Pflicht zur Zeiterfassung. Ein Verstoß dagegen bedeutet aktuell noch keine sofortigen Sanktionen für den Arbeitgeber. Arbeitszeiten müssen laut Bundesarbeitsgericht grundsätzlich erfasst werden, allerdings stellt ein Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz nach der derzeitigen Rechtslage noch keine Ordnungswidrigkeit dar. Bußgelder können nur verhängt werden, wenn eine Aufsichtsbehörde den Arbeitgeber zur Erfassung der Arbeitszeiten auffordert und dieser nicht reagiert.
Es gibt Ausnahmen in denen Mitarbeiter*innen ihre Arbeitszeit nicht erfassen müssen. Laut Paragraph 18 des Arbeitschutzgesetztes gehören hierzu zum Beispiel leitende Angestellte. Arbeitsrechtsexpertinnen sagen aber, dass es nicht eindeutig ist, wer wirklich dazu gezählt werden kann, das bedeutet eine leitende Angestellte gilt eventuell im Unternehmen durch ihre Position als leitend aber nach dem Arbeitsschutzgesetz nicht.
Wenn Mitarbeitende sich weigern ihre Arbeitszeit zu erfassen, dann müssen Personal-Verantwortliche das Gespräch suchen und gemeinsam Strategien entwickeln, um das Problem anzugehen.

Datenschutz bei der Zeiterfassung
Die Erfassung von Arbeitszeiten bringt auch datenschutzrechtliche Verpflichtungen mit sich. Da dabei personenbezogene Daten wie Arbeitszeiten, Pausen und gegebenenfalls Überstunden erfasst werden, müssen diese Daten entsprechend den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geschützt werden.
Wie müssen Daten bei der Zeiterfassung gespeichert und geschützt werden?
- Sichere Speicherung: Alle erfassten Arbeitszeiten müssen sicher gespeichert werden, um unbefugten Zugriff oder Datenverlust zu verhindern. Dies kann durch verschlüsselte Datenbanken und regelmäßige Backups gewährleistet werden.
- Zugriffskontrolle: Nur autorisierte Personen, wie Personalverantwortliche oder die betroffenen Arbeitnehmer*innen selbst, dürfen Zugriff auf die erfassten Arbeitszeitdaten haben. Der Zugang zu diesen Daten sollte durch Passwortschutz oder andere Authentifizierungsverfahren gesichert sein.
- Minimierung von Daten: Es dürfen nur die unbedingt notwendigen Daten erfasst werden, um den Grundsatz der Datensparsamkeit einzuhalten. Arbeitgeber sollten keine überflüssigen Informationen sammeln, die über die Arbeitszeiterfassung hinausgehen.
- Datenlöschung: Nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungsfrist müssen die erfassten Daten gelöscht werden. Arbeitgeber sollten klare Richtlinien für die Datenlöschung implementieren, um die Anforderungen der DSGVO zu erfüllen.
Rechtliche Anforderungen an den Datenschutz im Rahmen der Zeiterfassung
- Transparenz: Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter*innen umfassend darüber zu informieren, welche Daten erfasst werden, zu welchem Zweck und wie diese geschützt werden. Diese Information sollte schriftlich erfolgen und für alle Mitarbeiter zugänglich sein. Eine Einwilligung ist nicht notwendig, da es sich um eine gesetzliche Vorgabe handelt.
- Auftragsverarbeitung: Nutzen Arbeitgeber externe Anbieter für die digitale Zeiterfassung, müssen entsprechende Verträge zur Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DSGVO abgeschlossen werden, um den Datenschutz sicherzustellen.
Häufig gestellte Fragen:
Die Arbeitszeit muss vollständig und verlässlich erfasst werden, entweder durch analoge (z.B. Stundenzettel) oder digitale Systeme. Die Methode bleibt den Arbeitgebern überlassen, solange die Arbeitszeiten lückenlos und rechtlich konform dokumentiert werden.
Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland gilt seit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass alle geleisteten Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer*innen aufgezeichnet werden.
Wird die Arbeitszeit nicht ordnungsgemäß erfasst, drohen dem Arbeitgeber Bußgelder und Sanktionen. Zudem könnten arbeitsrechtliche Konflikte entstehen, etwa über nicht dokumentierte Überstunden, die zu Nachzahlungen oder Rechtsstreitigkeiten führen.
Führungskräfte und leitende Angestellte, die ihre Arbeitszeit weitgehend selbst bestimmen, können von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung befreit sein. Allerdings hängt dies vom jeweiligen Arbeitsverhältnis und den genauen vertraglichen Regelungen ab.
Ja, laut gesetzlichen Vorgaben müssen Arbeitszeiten minutengenau erfasst werden, um eine präzise und lückenlose Dokumentation sicherzustellen. Dies umfasst auch Pausen und Überstunden.
Die Verantwortung zur Dokumentation der Arbeitszeit liegt beim Arbeitgeber. Dieser muss ein System bereitstellen, das die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter*innen erfasst. Mitarbeiter*innen müssen ihre Arbeitszeiten darin eintragen, wenn das System dies erfordert.






