Jasmin Dahler
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Der Frühling ist die beste Zeit, um endlich mal wieder dein Fahrrad aus dem Keller zu holen. Das muskelbetriebene Fortbewegungsmittel eignet sich nämlich auch hervorragend für den Weg zur Arbeit – allerdings nicht für jeden und nicht ganz ohne Herausforderungen. Welche guten Gründe es gibt, sich täglich aufs Rad zu schwingen, was dagegen sprechen könnte und welche Dinge du für die Fahrt zum Arbeitsplatz beherzigen solltest, haben wir hier zusammengestellt.
Das beste Argument liegt so nahe: Wer jeden Tag oder zumindest hin und wieder mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, bewegt sich mehr. Gerade für Menschen mit Bürojobs, die den Arbeitstag überwiegend sitzend verbringen, ist die kostenlose und häufig sogar zeitsparende Betätigung absolut empfehlenswert. Und so sinkt sogar die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, für Fahrradpendler*innen signifikant: Laut einer Studie der Universität Glasgow verringert sich das Krebsrisiko regelmäßiger Radfahrer*innen um sage und schreibe 45 Prozent gegenüber Auto- oder Bahnfahrern. Auch Herzerkrankungen beugt das Pendeln mit dem Fahrrad effektiv vor. Fahrradfahrer*innen fehlen im Schnitt einen Tag weniger krankheitsbedingt als nicht radelnde Kolleg*innen und sind – wenig überraschend – seltener übergewichtig. Und das alles, ohne dass es extra Zeit kostet. Denn das Rad ist in vielen Fällen in Sachen Geschwindigkeit anderen Verkehrsmitteln ebenbürtig bis überlegen.
Alles super? Nun, eine gewisse Grundfitness sollten Menschen mitbringen, damit der Weg zur Arbeit nicht zu völliger Erschöpfung führt. Deshalb: Lieber erstmal klein anfangen.
Es kommt selbstverständlich erheblich darauf an, wie weit der Weg zur Arbeit eigentlich ist. Bis zu fünf Kilometer Entfernung überfordern wahrscheinlich die wenigsten Menschen, wobei drei Kilometer bergauf eine ganz andere Nummer sind als dieselbe Strecke ohne Steigungen. Gerade im Sommer kann man auf längeren Touren gehörig ins Schwitzen geraten – vor allem bei beruflichen Tätigkeiten mit bestimmten Kleidervorschriften alles andere als angenehm. Wenn allerdings an der Arbeitsstätte Dusch- und Umziehmöglichkeiten vorhanden sind, minimiert sich dieses Problem.
Tipp: Wenn du nicht sicher bist, ob es für dich infrage kommt, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, probiere es aus. Erkunde die Strecke an einem arbeitsfreien Tag, messe die Zeit und fühle in dich hinein, ob du dir das Unterfangen zutraust. Es muss ja auch nicht gleich an jedem Tag der Woche sein.
Außerdem ist oft eine Verbindung aus mehreren Verkehrsmitteln möglich: Je nach Tageszeit gestatten öffentliche Verkehrsbetriebe die Mitnahme des Fahrrads in Bus und Bahn. So sind Kombinationen wie „Mit der Bahn ins Büro, mit dem Rad nach Hause“ oder Teilstrecken realistische Optionen. Pendlerinnen und Pendler können den Weg zum Bahnhof mit dem Fahrrad zurücklegen – vorausgesetzt natürlich, es gibt dort vernünftige Stellplätze.
Darüber hinaus sind E-Bikes, auch Pedelec (Pedal Electric Cycle) genannt, auf dem Vormarsch. Bei einem Elektrofahrrad werden Radler durch einen Motor unterstützt und sind somit schneller und kraftsparender unterwegs. Gerade für weniger fitte Menschen und für Arbeitnehmer*innen mit langen Wegen ist das E-Bike also eine Überlegung wert, auch wenn der hohe Anschaffungspreis und der größere Wartungsaufwand zu bedenken sind.
Wer vollständig den Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurücklegt, genießt gegenüber dem motorisierten Verkehr erhebliche Vorteile. Den Stau lässt du im wahrsten Sinne des Wortes links liegen, das Rad benötigt weit weniger Stellfläche als ein Pkw und Unregelmäßigkeiten oder Streiks im öffentlichen Nahverkehr interessieren dich nicht!
Allerdings kann auch ein Fahrrad wie jedes Verkehrsmittel eine Panne haben, beispielsweise den Klassiker „Plattfuß“. Plane also vor allem vor wichtigen Terminen am besten mit einem zeitlichen Puffer, um im Ernstfall noch spontan das Verkehrsmittel wechseln zu können.
Wer sich auf den Sattel schwingt und in die Pedale tritt, braucht dennoch manchmal starke Nerven und sollte sich keine Illusionen machen, dass der Weg immer entspannt wäre. Denn abseits von wenigen Ausnahmen sind in den meisten Städten Radfahrer eher geduldete als gewünschte Verkehrsteilnehmer*innen. Die Infrastruktur ist meistens (noch) auf Autos ausgerichtet und so kommt es jeden Tag zu zahlreichen Konflikten zwischen den Benutzer*innen unterschiedlicher Verkehrsmittel. Wenn sich Autos und Fahrräder dieselbe Fahrbahn teilen müssen, ist Ärger vorprogrammiert. Zugeparkte Radwege, Nichtbeachtung von Verkehrszeichen, Überholabstände, Hupen und Klingeln … die Liste der möglichen Ärgernisse ist lang.
Am Ende ziehen Radlerinnen und Radler meist den Kürzeren – allein schon, weil die Knautschzone fehlt und die motorisierten Verkehrsmittel einfach mehr Kraft und Gewicht haben. Bei Unfällen erleiden Fahrradfahrer*innen entsprechend meistens schlimmere Schäden. Deshalb: Der oder die Klügere gibt nach. Oftmals ist es sinnvoller, den (berechtigten) Ärger herunterzuschlucken, anstatt drauflos zu pöbeln und unbedingt das eigene Recht durchsetzen zu wollen. Deine körperliche und seelische Gesundheit wird es dir danken. Und schließlich sollten wir uns zunächst alle an die eigene Nase fassen, was den Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme im Straßenverkehr angeht.
Wenn nämlich jeder bei sich selbst beginnt, bewegt sich was. Je mehr Menschen vom Auto aufs Fahrrad umsteigen, umso mehr profitieren alle davon. Die Straßen bleiben freier für diejenigen, die wirklich auf Kraftfahrzeuge angewiesen sind, ebenso entspannt sich die Parkplatzsituation. Außerdem geht die Luft- und Lärmbelastung zurück und mit der Zeit setzt vielleicht auch bei den Verantwortlichen in Stadt- und Verkehrsplanung ein Umdenken ein, sodass sich die Infrastruktur abseits der Autostraßen verbessert. Jeder Tritt in die Pedale ist also ein kleiner Schritt.
Billig ist zu teuer: Meistens ist die Anschaffung eines soliden Fahrrades mit der Investition von mehreren hundert Euro verbunden. Wer clever ist, kauft ein gebrauchtes Qualitätsrad günstiger. Aber spar nicht am falschen Ende, wenn du täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren möchtest. Schließlich sollst du dich jederzeit auf dein Gefährt verlassen können. Nicht zu vergessen: ein solides Fahrradschloss. Auch hier gilt, dass du primär auf Qualität und erst in zweiter Linie auf den Preis schauen solltest.
Dafür ist der Betrieb eines Fahrrads – im Gegensatz zum Auto und zum ÖPNV – kaum mit laufenden Kosten verbunden und du holst den Anschaffungspreis schnell wieder rein. Nicht oder nur noch in geringem Maße fällig werden:
Hin und wieder stehen allerdings Reparaturen an, die durchaus ins Geld gehen können. Gerade bei teureren Fahrrädern und E-Bikes sind die Unterhaltskosten ein zu bedenkender Faktor, wenn auch nicht in dem Umfang wie bei einem Auto. Kleinere Wartungsarbeiten am Bike erledigen Menschen mit handwerklichem Geschick einfach selbst, bei elementaren Dingen wie Bremsen oder der Beleuchtung sowie der Motorisierung von Elektrofahrrädern sind oft Zweiradmechaniker*innen, die Fachleute, gefragt.
In vielen Städten gibt es inzwischen öffentliche Fahrradverleihstationen an wichtigen Orten – Tendenz steigend. Mit geringem Aufwand, zum Beispiel per Smartphone-App, lassen sich dort Räder entleihen und wieder zurückgeben. Besonders praktisch ist diese Lösung für Arbeitnehmer*innen, die lediglich den Heimweg mit Pedalkraft zurücklegen möchten, sofern es entsprechende Stationen in der Nähe gibt. Auch zur Überbrückung von Reparaturzeiten eignen sich Leihfahrräder, die zwar nicht kostenfrei sind, in der Regel den Geldbeutel aber nicht stark belasten.
Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer können genauso wie alle anderen Verkehrsteilnehmenden den Weg zur Arbeit steuerlich absetzen. 30 Cent pro Kilometer, die sogenannte Pendlerpauschale, wirkt unabhängig vom Verkehrsmittel. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich vom Arbeitgeber ein Dienstfahrrad stellen zu lassen. Das Ganze funktioniert mittlerweile wie ein Dienstwagen (geldwerter Vorteil), ist allerdings erheblich günstiger in der Anschaffung. Und der bei einem Firmenauto anfallende Aufschlag pro Entfernungskilometer muss bei einem Dienstfahrrad nicht entrichtet werden. Also warum bei der nächsten Gehaltsverhandlung nicht mal diese Option zur Sprache bringen?
Bei klarem Himmel kann ja jeder. Aber auch unter schwierigeren Witterungsbedingungen musst du nicht aufs Fahrrad verzichten. Eine stabile Regenjacke und eine Regenhose ermöglichen auch Fahrten bei Wind und Wetter, ohne dass du wie ein begossener Pudel im Büro ankommst. Ein Kettenschutz und/oder Hosenklammern verhindern, dass Öl auf der Kleidung landet. Im Winter pack dich etwas dicker ein und schütze dich mit Mütze, Schal und Handschuhen. Lass bei Schnee und Eisglätte aber das Rad am besten stehen, um Stürze zu vermeiden.
Herrschen wärmere Temperaturen, so ist auf dem Rad leichte und luftige Kleidung sinnvoll, um nicht allzu schnell ins Schwitzen zu geraten. Bei längerer Fahrstrecke und entsprechenden Wechselmöglichkeiten am Arbeitsplatz kann Funktionskleidung (Radtrikot und -hose) nicht schaden. Bist du nur kürzer unterwegs, so ist der Großteil der Alltags- und Bürokleidung kein Problem auf dem Fahrrad. Hohe Schuhe und enge Krawatten können allerdings hinderlich sein.
Nicht zu vergessen: Gerade in der Dunkelheit ist auffällige Kleidung von großer Wichtigkeit. Funktionskleidung wird meistens eh schon in Signalfarben produziert und verfügt über Reflektoren, ansonsten sind Signalwesten eine Option.
In Sachen Transportmöglichkeiten stoßen Zweiräder natürlich an ihre Grenzen. Wer viel oder sperriges Material zum oder vom Arbeitsplatz transportieren muss, wird kaum auf das Kraftfahrzeug verzichten können. Geht es allerdings nur um einige Unterlagen oder einen Laptop, so sind diese in einem guten Rucksack oder in funktionalen Fahrradtaschen vor Witterungseinflüssen geschützt.
Gegenstand so mancher emotionalen Diskussion ist der Fahrradhelm: Schützt er die Trägerin oder den Träger wirklich effektiv vor schweren Verletzungen? Ja, aber eher bei selbstverschuldeten Stürzen und niedrigen Geschwindigkeiten, nicht aber bei Kollisionen mit Kraftfahrzeugen, so die Kritik. Verschiedene medizinische Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, was die Wirksamkeit von Fahrradhelmen zum Schutz vor Kopfverletzungen anbelangt. Ebenso umstritten ist die Frage, ob Autofahrer enger und gefährlicher überholen, wenn Radfahrer*innen einen Helm tragen; oder ob Radler*innen aufgrund des vermeintlichen Schutzes selbst zu riskanterem Fahrverhalten neigen. So manches Gegenargument ist sicherlich vorgeschoben, da Gegnerinnen und Gegner von Fahrradhelmen ungern ihre Eitelkeit zugeben möchten. Einer aufwendigen Frisur tut dieser schließlich nicht besonders gut.
Da es derzeit in Deutschland keine Helmpflicht gibt, ist es also jedem selbst überlassen, wie er oder sie sich auf dem Fahrrad schützt. Eine Helmpflicht würde wahrscheinlich die Anzahl der Radfahrerinnen und Radfahrer insgesamt reduzieren, wie entsprechende Versuche in Australien zeigen. Dass es auch anders funktioniert, zeigt sich in einigen unserer Nachbarländer: Eine gute Radinfrastruktur wie in Dänemark oder den Niederlanden ist mit Sicherheit der wichtigere Faktor zum Schutz aller Verkehrsteilnehmer.
Wer in den deutschen Fahrradhauptstädten Freiburg oder Münster, in Karlsruhe, Bremen, Hannover oder München lebt, hat womöglich bereits die Erfahrung gemacht: Mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, hat etliche Vorteile und stellt für Menschen mit nicht allzu langen Anfahrtswegen auch keine große Herausforderung dar. Wer also genug von verstopften Straßen und langwieriger Parkplatzsuche oder von verspäteten Bussen und Bahnen hat, sollte es einfach mal versuchen. Gewisse Anfangsinvestitionen sind vermutlich notwendig und der innere Schweinehund kann zu Beginn ein hartnäckiger Gegner sein. Doch viele Radfahrende gelangen bald an den Punkt, wo sie sich ein anderes Verkehrsmittel kaum mehr vorstellen mögen.
Damit sich die Entwicklung fortsetzt, ist allerdings noch ein Weg zu gehen. Um mehr Arbeitnehmer*innen zum Umstieg aufs Rad zu bewegen, wird der Ausbau der Radwege und der Stellplätze wichtiger. Auch Arbeitgeber sind gefragt: Dusch- und Umziehmöglichkeiten und Dienstfahrräder setzen weitere Anreize für Angestellte, die dafür gesünder bleiben. Und der Bedarf steigt, die steigenden Zahlen von Radfahrern und Fahrradnutzung in Deutschland sprechen eine deutliche Sprache.
Disclaimer: Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft. Die in diesem Artikel veröffentlichten Rechtsgrundlagen wurden sorgfältig zusammengestellt, erheben aber keinen Anspruch auf Aktualität, sachliche Richtigkeit oder Vollständigkeit; eine entsprechende Gewähr wird nicht übernommen. Insbesondere übernimmt The Stepstone Group Deutschland GmbH keinerlei Haftung für eventuelle Schäden oder Konsequenzen, die durch die direkte oder indirekte Nutzung der bereitgestellten Inhalte entstehen.
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