Mandy Rilke
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„Loud Quitting“ (deutsch: lautes Kündigen) liegt in der internationalen Arbeitswelt im Trend. Mittlerweile kündigen fast 20 % aller Arbeitnehmer*innen weltweit laut, wie einer Umfrage des US-amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Gallup unter mehr als 122.000 Beschäftigten ergab. Im Gegensatz zum „Quiet Quitting“ bringen unzufriedene Arbeitnehmer*innen beim lauten Kündigen ihren Unmut gegenüber dem Arbeitgeber offen zum Ausdruck – oft lautstark und öffentlichkeitswirksam.
Ein toxisches Arbeitsumfeld, eine schlechte Work-Life-Balance oder fehlende Aufstiegsmöglichkeiten: Es gibt viele Gründe, warum Menschen mit dem eigenen Job unzufrieden sind. Vielleicht hattest du auch schon einmal das Gefühl, alles hinschmeißen und deinem Frust freien Lauf lassen zu wollen. Genau darum geht es beim Loud Quitting.
Beschäftigte, die laut kündigen, sind in der Regel nicht nur ein bisschen genervt von ihrem Arbeitgeber, sondern extrem unglücklich mit ihrem Arbeitsumfeld. Oft empfinden sie das Vertrauensverhältnis zum Unternehmen als unwiderruflich zerrüttet und wollen dem Arbeitgeber durch ihr Handeln direkt schaden. Zum Beispiel, indem sie die Unternehmensziele untergraben und sich gegen Führungskräfte stellen. Statt ihre Leistung still und heimlich zu reduzieren, wie es beim Quiet Quitting der Fall ist, sind laute Kündiger*innen bereit, ihre Gefühle offen zu zeigen und ihre Verärgerung allen im Unternehmen mitzuteilen. Durch die laute und auffällige Art der Kündigung wollen sie sicherstellen, dass ihr Abgang einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Im Kern geht es ihnen darum, die eigenen Beschwerden sichtbar zu machen, auf systemische Probleme hinzuweisen und über vermeintliche Ungerechtigkeiten im Unternehmen aufzuklären. Zu diesem Zweck lassen sich laute Kündiger*innen so Einiges einfallen. Wir stellen dir 6 Arten des Loud Quitting vor.
Ob per Videobotschaft, Text-Posting oder Livestream: Viele Arbeitnehmer*innen, die laut kündigen, tun das über soziale Medien. Oft ist das der einfachste Weg, um Kritik am Arbeitgeber öffentlich zu machen. Die eigenen Follower und Freund*innen werden vor dem Unternehmen gewarnt und vielleicht geht der Post sogar viral und erhält öffentliche Aufmerksamkeit.
Die Alternative zum Posting in den sozialen Medien ist ein offener Brief, in dem Beschäftigte die Missstände im Unternehmen detailliert schildern. Im Extremfall wird der Brief per E-Mail an alle Mitarbeiter*innen des Unternehmens sowie an die Kund*innen verschickt. Das Ziel der Aktion: Das Unternehmen soll sich unangenehmen Fragen stellen müssen.
Sei es wegen mangelnder Transparenz, inkonsequenter Entscheidungsfindung oder der Bevorzugung anderer Mitarbeiter*innen: Wenn laute Kündiger*innen den Führungsstil ihrer Vorgesetzten als Hauptgrund für ihre Unzufriedenheit ausgemacht haben, suchen sie häufig die direkte Konfrontation mit ihnen und äußern ihre Kritik offen – auch vor anderen Mitarbeiter*innen.
Eines der wichtigsten Motive für Loud Quitting ist es, Kolleg*innen und Vorgesetzte direkt mit den eigenen negativen Erfahrungen zu konfrontieren. Viele laute Kündiger*innen wollen das erreichen, indem sie ihre Unzufriedenheit im Arbeitsalltag zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel durch kritische Äußerungen in Meetings, hitzige Diskussionen in der Kaffeeküche oder das Versenden von unbequemen E-Mails.
Wenn laute Kündiger*innen auf besonders kreative Weise kündigen wollen, bietet sich die Organisation einer Protestaktion an. Ob Plakate an der Fassade des Firmengebäudes oder eine Verkleidungsaktion im Büro – was zählt, ist, dass die Aktion möglichst viel Aufmerksamkeit erregt.
Die wohl filmreifste Variante des Loud Quitting und das genaue Gegenteil des Quiet Quitting: Mitten am Tag das Büro verlassen, alles zurücklassen und nie wiederkommen. Bevor sich die Kolleg*innen aber Sorgen machen, sollte man vielleicht doch darüber nachdenken, wenigstens eine kurze Notiz am Arbeitsplatz zu hinterlassen.
Auch wenn es sich kurzfristig vielleicht befreiend anfühlt, laut und öffentlich zu kündigen: Die meisten Arbeitsmarktexpert*innen raten davon ab. Denn Loud Quitting kann sich negativ auf deine nächste Jobsuche oder sogar auf deine gesamte Karriere auswirken. Wenn du dem Unternehmen aktiv schadest und seine Ziele untergräbst, ist dein Verhältnis zum ehemaligen Arbeitgeber unweigerlich ruiniert. Das kann zum Beispiel in einem schlechten Arbeitszeugnis resultieren, aber auch darüber hinaus kann dein Arbeitgeber in der Branche gut vernetzt sein. Das mag dir im Moment der Kündigung egal sein, ist aber keine gute Voraussetzung für deine berufliche Zukunft. Denn andere Unternehmen und potenzielle neue Arbeitgeber erfahren schneller von deinen Fehltritten, als du denkst – vor allem, wenn du besonders öffentlichkeitswirksam kündigst. Im schlimmsten Fall findest du in deiner Branche überhaupt keine Arbeit mehr.
Was also tun, wenn der Gedanke an deinen derzeitigen Job den Ärger in dir aufsteigen lässt? Zunächst einmal lohnt es sich, das Gespräch mit deinen Vorgesetzten zu suchen – aber in zivilisierter Form. Äußer deine Bedenken, Hoffnungen und Erwartungen. Wenn dein Arbeitgeber Verständnis zeigt, könnte das der erste Schritt zur Verbesserung deiner Situation sein.
Lässt dich dein Arbeitgeber abblitzen oder hast du dich bereits entschieden zu kündigen, ist es an der Zeit, die Suche nach einem neuen, erfüllenden Job in Angriff zu nehmen. Überleg dir, was dir an deinem derzeitigen Job gefällt und was nicht. Mach eine Liste mit den Aspekten, die dir für deinen nächsten Job wichtig sind und such nach entsprechenden Stellenangeboten. Gerade wenn du bei deinem vorherigen Arbeitgeber Stress oder eine schlechte Work-Life-Balance bemängelt hast, solltest du bei der Jobsuche auch an dein Leben außerhalb der Arbeit denken. Im Idealfall bietet ein Unternehmen flexible Arbeitszeiten an oder hat sein Büro in der Nähe deiner Wohnung.
Wenn du eine neue Stelle gefunden hast, ist der letzte Abschnitt deiner Beziehung zu deinem alten Arbeitgeber das Verfassen des Kündigungsschreibens. Du kannst darin deine Kritik am Unternehmen zum Ausdruck bringen, aber bleibe auf jeden Fall professionell. Ein Kündigungsschreiben sollte klar, höflich und prägnant sein. Wenn du es nicht lassen kannst, einen Brief zu schreiben, in dem du gnadenlos mit dem Unternehmen abrechnest, dann tue es als therapeutische Maßnahme. Deine wütenden Gedanken aufzuschreiben kann dir helfen, mit dem Kapitel in Frieden abzuschließen – solange du nicht versehentlich auf „Senden“ drückst.
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