Julia Hackober
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Weißt du, was deine Kolleg*innen verdienen? Und kannst du einschätzen, ob du fair bezahlt wirst? Dann bist du im Vorteil – und zwar nicht nur in Gehaltsverhandlungen. Deinen Marktwert zu kennen, kann ein echter Game Changer für deine Karriere sein. Aber mit wem darf man überhaupt offen übers Gehalt sprechen? Und was hat es mit dem Auskunftsanspruch auf sich? Ilka Schmalenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht, klärt auf.
Selbst mit den Lieblingskolleg*innen spricht man oft nicht unbefangen übers Gehalt. Das hat meist kulturelle Gründe . In Deutschland wird ohnehin nicht gern offen über Geld gesprochen, andere nach dem Gehalt zu fragen, gilt als Tabu. Kein Wunder also, dass es unter Teammitgliedern schnell heikel wird, wenn die Sprache aufs Gehalt kommt („was, SO VIEL verdient die in DEM Job?“). In vielen Firmen gehört es auch schlicht nicht „zum guten Ton“, über Geld zu reden. Manche Arbeitgeber fürchten, dass der Betriebsfrieden gestört werden könnte, wenn unter den Arbeitnehmenden zu viel Gerede über Gehälter entsteht. Häufig gibt es deshalb sogar Verschwiegenheitsklauseln in Arbeitsverträgen.
Dabei ist die Rechtslage eindeutig:
Die Berechtigung schließt auch Familienangehörige ein – das heißt, der oder die Ehepartner*in darf erfahren, was man verdient. Gegenüber Behörden ist man teilweise sogar zur Auskunft verpflichtet, zum Beispiel bei der Sozialversicherung.
Manchmal versuchen Unternehmen, ihre Mitarbeitenden innerhalb des Betriebs zum Stillschweigen über ihr Gehalt zu verdonnern und setzen entsprechende Klauseln in Arbeitsverträge. Diese Klauseln sind allerdings in den allermeisten Fällen unwirksam. Ilka Schmalenberg erklärt: „Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat schon 2009 entschieden, dass Informationen über Lohn und Gehalt keine Geschäftsgeheimnisse sind, wenn sie innerhalb des Betriebes offengelegt werden.“ Es kann dir also niemand verbieten, intern über Gehalt zu reden:
Schließlich können Arbeitnehmende nur so feststellen, ob sie den gleichen bzw. einen angemessenen Lohn für die gleiche Arbeit wie Kolleg*innen erhalten. Hier kommt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ins Spiel, das Ungleichbehandlungen und Diskriminierungen auch im Berufsleben vorbeugen und bekämpfen soll. „Eine Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag würde diesem Gesetz entgegenstehen und Arbeitnehmer*innen unangemessen benachteiligen“, so Anwältin Schmalenberg. Mit Kolleg*innen der gleichen Firma übers Gehalt zu sprechen, das darf dein Arbeitgeber nicht verbieten und es ist erst recht kein Kündigungsgrund – auch, wenn dieses Gerücht häufig kursiert.
Betriebsintern kannst du, je nach Vertrauensverhältnis, einfach nachfragen: Hey, was verdienst du eigentlich? „Allerdings ist man als Arbeitnehmer*in nicht zur Auskunft über Kolleg*innen verpflichtet“, sagt Ilka Schmalenberg. Es ist also erlaubt, dass ihr über eure Gehälter redet, es muss aber niemand Infos darüber teilen, wie viel er oder sie verdient.
Wer trotzdem herausfinden will, was Kolleg*innen in ähnlicher Position verdienen, kann unter Umständen den sogenannten Auskunftsanspruch geltend machen. Dieser ergibt sich aus dem Entgelttransparenzgesetz, das 2017 in Deutschland verabschiedet wurde. Ziel des Gesetzes ist es, dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmende nicht auf Grund ihres Geschlechts oder anderen Merkmalen beim Gehalt diskriminiert werden, Frauen zum Beispiel bei gleicher Arbeit weniger verdienen.
Für den Arbeitsalltag heißt das: Du kannst bei deinem Arbeitgeber eine Auskunft über das Gehalt anderer Mitarbeiter*innen in ähnlicher Position verlangen. Allerdings gilt dieser Anspruch erst ab einer Betriebsgröße von mehr als 200 Mitarbeitenden und die Angaben erfolgen als Medianwert. Du wirst also nicht erfahren, was Kolleg*in XY jeden Monat überwiesen bekommt – sondern erhältst eine Orientierungswert „in der Mitte“: Die eine Hälfte der vergleichbaren Beschäftigten verdient mehr, die andere weniger.
Wenn du mit deinen Kolleg*innen über Gehalt sprichst, wirst du vielleicht feststellen, dass diese deutlich mehr verdienen als du oder sich aktuell über eine Gehaltserhöhung freuen, während du leer ausgehst. In deinen Augen ungerechtfertigt, schließlich arbeitet ihr im selben Team und erledigt vergleichbare Aufgaben. Das sind Fälle, in denen du den Auskunftsanspruch aus dem Entgelttransparenzgesetz geltend machen kannst.
„Sollte ein Betriebsrat eingesetzt sein, so wäre dieser die erste Anlaufstelle für den Verdacht, anders vergütet zu werden“, sagt Ilka Schmalenberg. „Der Betriebsrat hat Kenntnis über den Durchschnittsverdienst vergleichbarer Mitarbeiter*innen“. Wer den Verdacht hat, diskriminiert zu werden, sollte sich zudem anwaltlich beraten lassen: „Bei der Geltendmachung von Ansprüchen gelten oft recht kurze Ausschlussfristen“, so Schmalenberg.
Wer außerhalb des Unternehmens in Plauderlaune gerät, sollte einige Regeln beachten: „Arbeitnehmer*innen müssen vorsichtig sein“, so Schmalenberg mit Blick auf gut gemeinte Gehaltsgespräche. „Auch wenn es keine Verschwiegenheitsverpflichtung durch Erklärung oder Vertrag gibt, so ergibt sich eine Verschwiegenheitspflicht aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).“
Konkret heißt das: Gegenüber Personen, die nicht deinem Betrieb angehören, kann dein Gehalt unter Umständen ein Geschäftsgeheimnis darstellen – insbesondere dann, wenn Konkurrenzunternehmen davon Wind bekommen und durch die Kenntnis des Gehalts einen Vorteil erlangen können. In einigen Fällen kann ein Unternehmen also ein berechtigtes Interesse daran haben, dass du dein Gehalt nicht verrätst. Das hängt auch von deiner Position im Unternehmen ab – für Führungskräfte können hier spezielle Regelungen gelten. Überlege daher stets genau, mit wem du welche Informationen teilst und ob du dazu befugt bist.
Ilka Schmalenberg ist Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht in Nürnberg. Sie vertritt mit ihrer Kanzlei aus Überzeugung nur Arbeitnehmer*innen und setzt sich dafür ein, dass diese ihre Rechte kennen, wenn es um Mobbing, Abmahnungen oder Kündigungen am Arbeitsplatz geht. Weitere Informationen gibt es auf Ilka Schmalenbergs Blog sos-arbeitsrecht.de.
Innerhalb deines Betriebs darfst du mit Kolleg*innen und Vorgesetzten über dein Gehalt sprechen. Auch deine Familienmitglieder dürfen wissen, was du verdienst.
Nein. Innerhalb des Betriebs ist das Gehalt kein Geschäftsgeheimnis. Gegenüber Personen, die nicht dem eigenen Betrieb angehören, kann das Gehalt aber ein Geschäftsgeheimnis darstellen. Aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ergibt sich dann eine Verschwiegenheitspflicht.
Nein. Wer mit Kolleg*innen über sein Gehalt redet, kann nicht abgemahnt oder gekündigt werden. Über das Gehalt dritter sollte man aus Datenschutzgründen allerdings nicht sprechen; für einige Berufsgruppen, zum Beispiel Personaler*innen, gelten hier besonders strenge Vertraulichkeitsregeln.
Jein. Deine Kolleg*innen sind nicht verpflichtet, dir gegenüber offenzulegen, was sie verdienen. Allerdings kannst du unter bestimmten Voraussetzungen einen Auskunftsanspruch beim Arbeitgeber geltend machen (ab 200 Mitarbeitenden): Der Arbeitgeber muss dir dann Auskunft über die Gehaltsstruktur im Unternehmen geben und den Medianwert offenlegen, der angibt, was Mitarbeitende vergleichbarer Tätigkeit im Unternehmen verdienen.
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