Jasmin Dahler
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Schon lange erfüllt der Konsum von Lebensmitteln nicht mehr nur ein notwendiges physiologisches Bedürfnis – gutes Essen hat auch großen Einfluss auf die eigene Lebensqualität. Bis aber eine Tomate oder eine Packung Eier bei uns in der Küche landen, müssen zahlreiche Etappen absolviert werden. Ganz gleich, ob bei der Haltbarmachung von Milchprodukten oder der Kreation von Fertiggerichten – die Lebensmittelindustrie dient als Bindeglied zwischen Urproduktion und Endkonsum. Ziel der Verarbeitung landwirtschaftlich erzeugter Rohwaren sind gesunde, schmackhafte und hochwertige Lebensmittel. Sowohl die Lagerung und Konservierung als auch die Zubereitung und Herstellung von Nahrung und Getränken stellen zentrale Aufgaben dar.
Doch mit der Ernährungsindustrie werden auch negative Praktiken assoziiert: Ob Mogelei bei Verpackungsangaben oder Beimischung ungesunder Zusatzstoffe – vielerorts gilt die Lebensmittelproduktion längst als fragwürdiges Feld. Wie ist es also, in der Lebensmittelindustrie zu arbeiten? Welche Berufe gibt es hier überhaupt? Und welche Gehälter werden gezahlt?
Mit knapp 186 Milliarden Euro Jahresumsatz (Stand: 2021) ist die Ernährungsindustrie einer der größten Industriezweige Deutschlands und führend in ganz Europa. In mehr als 6.100 Betrieben verdienen insgesamt über 600.000 Arbeitnehmer*innen (manchmal wortwörtlich) ihr Brot.
Fast ein Viertel des Umsatzes wird mit Fleisch und Fleischprodukten erwirtschaftet, während nahezu 30 Prozent aller Beschäftigten mit der Herstellung von Backwaren zu tun haben. Weitere wichtige Säulen der Lebensmittelindustrie sind die Produktion von Süßwaren und Speiseeis, Milch und Milchprodukten, alkoholischen und nicht-alkoholischen Getränken, Obst und Gemüse sowie von Fertiggerichten und Tiernahrung.
Noch immer ist das Geschäft der Lebensmittelverarbeitung mittelständisch geprägt: Etwa 90 Prozent aller Unternehmen sind keineswegs multinationale Großkonzerne, sondern mittlere und kleinere Betriebe, häufig auch familiengeführt. Gleichzeitig ist die gesamte Branche jedoch längst global orientiert: Das Auslandsgeschäft nimmt hierbei eine immer größere Rolle ein, sodass mittlerweile ein Drittel des Umsatzes im Export entsteht, wobei mehr als drei Viertel aller Lebensmittel in andere EU-Länder wie Frankreich oder Italien geliefert werden. Doch gerade Asien ist ein konsum- und kaufstarker Markt mit stetig wachsender Nachfrage – nicht nur deswegen ist die Lebensmittelindustrie ein Wirtschaftszweig mit Zukunft, denn deutsche Nahrungsprodukte haben im Ausland aufgrund ihrer Qualität und Vielfalt einen guten Ruf.
Im Gegensatz hierzu wird die Lebensmittelindustrie von einheimischen Konsument*innen mit großer Skepsis beäugt. Zahlreiche Skandale und Enthüllungen haben das Image beschädigt, beispielsweise als Mitte der 2000er tonnenweise verdorbenes Fleisch bei Großhändler*innen entdeckt wurde oder als 2013 nicht deklariertes Pferdefleisch in Tiefkühlkost wie Lasagne nachgewiesen werden konnte.
TV-Dokumentationen wie die ZDF-Produktion „Die Tricks der Lebensmittelindustrie“ haben zusätzlich dazu beigetragen, Verbraucher*innen aufzurütteln. Längst ist bekannt, dass etwa manche Fruchtsäfte tatsächlich nur mit Wasser gestrecktes Konzentrat sind oder bisweilen Milchprodukte mit chemischer Hilfe besonders sahnig gemacht werden. Ob Geschmacksverstärker und künstliche Aromen oder gar verpönte Inhaltsstoffe wie Gelatine oder Glutamat – immer mehr Konsument*innen betrachten die Zusammensetzung ihrer Nahrungsmittel kritisch.
Beim Gedanken an eine*n Beschäftigte*n in einem Lebensmittelunternehmen kommt vielen sofort das Bild eines Mitarbeitenden am Fließband in den Sinn. Zwar existiert diese Arbeit tatsächlich, doch ist die berufliche Vielfalt in Wirklichkeit selbstverständlich deutlich größer. Tatsächlich arbeitet knapp ein Viertel aller Angestellten im kaufmännischen Bereich und kümmert sich um Belange wie Verwaltung, Marketing und Management. Ein Drittel aller Mitarbeiter*innen ist für technische Aspekte zuständig und nur ein weiteres Drittel kommt beruflich in Kontakt mit Nahrungsmitteln.
Die Gehälter in der Lebensmittelbranche sind meist fix: Das Einkommen von 48 Prozent aller Beschäftigten richtete sich 2017 nach dem Branchentarif, der Verdienst von weiteren acht Prozent nach einem Haus- oder Firmentarif. Auch wenn es für den Rest auf dem Papier keinen Tarifvertrag gab, so werden nahezu zwei Drittel zumindest indirekt hiervon erfasst, da deren Arbeitgeber sich dennoch an jeweiligen Branchentarifen orientierten.
Im Folgenden haben wir für dich einige verbreitete Berufe und den jeweils erwartbaren Bruttoarbeitslohn innerhalb der Lebensmittelindustrie zusammengestellt:
Allen Negativschlagzeilen zum Trotz – ohne eine industrialisierte Lebensmittelbranche funktioniert die Gesellschaft nicht. Viele grundlegende Bestandteile eines Ernährungsplans wie Brot, Nudeln oder Käse sowie zahlreiche Getränkearten sind von Endverbraucher*innen nur mit großem Aufwand oder gar nicht herstellbar, und selbst tierische Rohstoffe wie Milch und Fleisch werden erst durch eine kompetente Weiterverarbeitung genießbar. Beispielsweise wird frische Kuhmilch von ausgebildeten Milchtechnolog*innen homogenisiert – das bedeutet, dass die in der Milch enthaltenen Fettkügelchen zerkleinert und gleichmäßig verteilt werden, damit die Milch besser vom Menschen verdaut werden kann. Durch Pasteurisierung wird sie zudem länger haltbar gemacht – in deutschen Molkereien ist das Pflicht.
Während die Lebensmittelindustrie meist mit der Zugabe von dubiosen Zusatzstoffen assoziiert wird, besteht ein großer Teil ihrer Aufgaben aus der bloßen Lagerung, Kühlung und Reinigung von Nahrungsmitteln. Egal ob Fisch, Obst oder Gemüse – bevor das Essen im Supermarkt landet, wird es zuerst gründlich gesäubert und entkeimt. Ebenso spielt die Konservierung von Lebensmitteln eine essenzielle Rolle: Kaum eine Speise könnte ohne eine entsprechende Behandlung wie Trocknung, Destillation oder Pasteurisierung den natürlichen Fäulnis- und Gärungsprozessen entgehen, bevor sie bei uns auf dem Teller landet – eine Aufgabe, die nur durch entsprechende Fachkräfte für Lebensmitteltechnik erledigt werden kann.
Zuletzt sollen nicht unsere kulinarischen Bedürfnisse als Endverbraucher*innen vergessen werden: Von Wasser und Brot zu leben, ist in der westlichen Welt kaum noch vorstellbar, stattdessen verlangen Konsument*innen nach Geschmacksreichtum und Abwechslung. Gerade die Entwicklung von neuen Nahrungserzeugnissen ist somit von großer Bedeutung – 40.000 neue Produkte werden jährlich auf den Markt geworfen, doch nur ein kleiner Teil hiervon kann sich auch dauerhaft behaupten. Damit unser Ernährungsplan stetig erweitert und bereichert werden kann, sind kreative Produktentwickler*innen und Food-Designer*innen vonnöten. Diese achten dabei nicht nur auf Vorschriften, den Geschmack, sondern auch auf Aussehen, Geruch und sogar auf die beim Verzehr entstehenden Geräusche – nur so wird jede Mahlzeit zu einem zufriedenstellenden Erlebnis für alle Sinne.
Kaum eine Branche ist so sehr von technologischen Innovationen betroffen wie die Ernährungsindustrie – gerade die Automatisierung bei der Herstellung von Lebensmitteln wird in den nächsten Jahrzehnten zu einem kontinuierlichen Wegfall von Arbeitsplätzen oder gar ganzen Berufsfeldern führen. Gleichzeitig eröffnet dies aber auch Beschäftigungsmöglichkeiten für Produktionstechniker*innen und Prozessingenieur*innen für Maschinen und Roboter. Dass all dies eine notwendige Entwicklung darstellt, ist unbestritten. Gerade eine Erhöhung der Effizienz bei der Nahrungsmittelproduktion ist lebensnotwendig, um einem der größten Probleme dieses Jahrhunderts zu begegnen: Der Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung trotz eines durch Urbanisierung schwindenden ländlichen Raumes.
Wer angesichts steigender Automatisierung glaubt, dass Arbeit in der Lebensmittelindustrie nicht zukunftsträchtig ist, irrt gewaltig: Gerade durch das stetig wachsene Interesse amVegetarismus und Veganismus stellt etwa die Kreation und Herstellung von Fleischersatzprodukten ein immer bedeutenderes Feld dar, in welchem gänzlich neue Jobs entstehen könnten. Neben der Weiterentwicklung bereits existierender Ersatznahrungsmittel auf pflanzlicher Basis könnte vor allem In-vitro-Fleisch (auch Clean Meat genannt) an Bedeutung gewinnen, also die Massenherstellung von Fleisch im Labor auf Basis von Zellkulturen. In den USA wurde 2023 Laborfleisch von zwei Unternehmen zum Verkauf zugelassen. Ebenso wird nach Optionen für verzehrbaren Fischersatz geforscht, um der Überfischung der Meere und der Zerstörung maritimer Biosphären entgegenzuwirken. Somit werden Fachkräfte bei der Lebensmittelherstellung auch in Zukunft gefragt sein, lediglich die Umstände der Herstellung dürften sich ändern.
Gleichermaßen könnte die Produktion von Nahrung auf Algenbasis die Tötung von Nutztieren für den Verzehr in Zukunft eindämmen – dies gilt ebenso für die Entwicklung von Lebensmitteln aus proteinreichen Insekten, welche wie Algen kaum Ressourcen und Platz verbrauchen sowie weniger Methan ausstoßen als etwa Rinder und Geflügel. Gerade hier sind dann Biolog*innen, Ingenieur*innen und Food-Designer*innen gefragt, um gangbare Möglichkeiten der Kultivierung auszuarbeiten sowie das Endprodukt geschmacklich und optisch ansprechend zu gestalten, damit es von Verbraucher*innen akzeptiert werden kann.
Auch sogenanntes Vertical Farming – also eine Form der städtischen Landwirtschaft, bei der die Produktion in urbanen Hochhäusern stattfindet – stellt eine zukünftige Lösung dar, um ressourcen- und platzschonend Lebensmittel herzustellen. Zu gleichem Zweck wird schon seit längerer Zeit an Techniken des häuslichen 3D-Lebensmitteldrucks gearbeitet: Was sich auf den ersten Zweck industriell und steril anhört, erlaubt Konsument*innen in Wirklichkeit größeren Entscheidungsfreiraum darüber, was tatsächlich in das tägliche Abendessen gelangt. Anfangs von der NASA als Projekt für Astronaut*innen initiiert, ist es auf diesem Wege mittlerweile bereits möglich, komplexe Produkte wie Pralinen und Pizzen oder gar vollständige Gerichte herzustellen. Die Verlagerung eines Teils der Lebensmittelproduktion in die eigenen vier Wände könnte zusätzlich Transport und Verpackung ökologischer gestalten.
Somit kann gerade die Lebensmittelindustrie, die momentan wahrlich nicht für Werte wie Tierschutz, Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung steht, einen zentralen Beitrag zur Bewältigung wichtiger Zukunftsherausforderungen leisten. Durch die Entstehung neuer Arbeitsgebiete sind gerade Tätigkeiten in dieser Branche nicht nur spannend, sondern auch nützlich und zukunftsweisend.
Hinweis: Die Gehaltsdaten in diesem Beitrag basieren auf dem Stepstone Gehaltsplaner und beziehen sich auf eine Analyse aus August 2024. Umfassende aktuelle Gehaltsdaten findest du auf der Seite "Der große Gehaltsvergleich".
In der Lebensmittelindustrie beschäftigst du dich mit der Herstellung, Verarbeitung, Verpackung und dem Vertrieb von Lebensmitteln. Dazu gehören Tätigkeiten wie Qualitätskontrolle, Produktionsplanung und Maschinenbedienung.
Die Lebensmittelbranche bietet vielfältige Arbeitsmöglichkeiten, sichert einen stabilen Jobmarkt und ermöglicht dir, einen direkten Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu leisten.
Um mit Lebensmitteln arbeiten zu dürfen, benötigst du in der Regel eine Belehrung nach dem Infektionsschutzgesetz (Gesundheitszeugnis) und musst bestimmte Hygieneschulungen absolvieren.
Bei Krankheiten wie Hepatitis A, Salmonelleninfektionen, Typhus oder ähnlichen Infektionskrankheiten darfst du nicht in einem Lebensmittelbetrieb arbeiten, um eine Ansteckung anderer zu vermeiden.
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